swissstaffing-News

Globale Trends und ihr Einfluss auf die Personaldienstleister

Die Personaldienstleistung wird sich in den nächsten zehn Jahren stärker verändern als in den letzten 50. So das ­Fazit des Ciett-Kongresses 2014 in Brüssel. Unter dem Motto «Fast forward to the new world of work» zeigten Experten auf, welche Trends sich abzeichnen und welchen Einfluss sie auf die Branche haben.

Rund 250 Teilnehmende aus 30 Ländern tauschten sich am jährlichen Kongress von Ciett über die wichtigsten globalen Entwicklungen und deren Einfluss auf die Personaldienstleistungsbranche aus. Unser Erfolg wird davon abhängen, wie wir mit der Globalisierung, dem demografischen Wandel, dem Bedürfnis der Arbeitnehmenden nach Individualisierung und den neuen technologischen Entwicklungen umgehen.

Trend #1 – Globalisierung

Globalisierung verlangsamt Innovation und sie polarisiert. Unternehmen können ihre Produktivität steigern, indem sie günstigere Arbeitskräfte einstellen oder ihren Sitz in ein Land mit tiefen Lohnkosten verlagern. Im Industriebereich eine gängige Praxis, im Service-Bereich nicht ganz so einfach zu handhaben. Doch langsam stösst diese Entwicklung an Grenzen. Zudem nehmen die Regulierungen weltweit zu. ­Anstelle von reiner Kostenoptimierung ist Innovation gefragt. Als weitere Folge der Globalisierung gibt es immer mehr Menschen, die sehr hoch qualifiziert sind, und viele andere, die Hilfsarbeiten erledigen. Da explizites Wissen in den meisten Fällen nach zwei bis drei Jahren überholt ist, gewinnt lebenslanges Lernen für alle an Bedeutung.

Trend # 2 – demografischer Wandel

Die UNO prognostiziert für die Jahre 2010 bis 2060 einen Anstieg der Weltbevölkerung um 39,4 Prozent. Europa ist die einzige Region der Welt, für die ein Bevölkerungsrückgang angenommen wird. Je nach Altersgruppe ist der Anteil der Bevölkerung Europas an der Weltbevölkerung allerdings sehr unterschiedlich. Obwohl 2060 nur jeder vierzehnte Einwohner in Europa leben wird, wird jeder neunte 65-Jährige oder Ältere in Europa leben. Bei den Personen, die 2060 100-jährig oder älter sind, wird es sogar mehr als jeder Fünfte sein.1 Das stellt den Arbeitsmarkt vor neue Herausforderungen. Heute ist es für 55- bis 65-Jährige sehr schwierig, eine neue Arbeitsstelle zu erhalten, von Rentnern ganz zu schweigen. Das wird sich ändern müssen. Zu wenig Arbeitskräfte, eine schwindende Altersvorsorge und eine längere Lebenserwartung erfordern neue Lösungen.

Trend # 3 – Individualisierung

Vor 40 Jahren zählte die Welt 44 demokratische Staaten, heute sind es 88.2 Eine Entwicklung hin zu mehr Freiheit, die sich in verschiedenen Bereichen des Lebens widerspiegelt. Die Gleichung «mein Job = meine Identität» gehört der Vergangenheit an. Heute definieren sich die Menschen neben dem Beruf auch über familiäre oder soziale Engagements und Hobbys. Es gibt viele, die keine unbefristete Vollzeitstelle anstreben. Entsprechend gewinnen alternative Arbeitsformen wie Teilzeitarbeit, Selbständigkeit oder Temporärarbeit an Attraktivität. Auch wird der Job nicht mehr an einem Ort ausgeübt. Heute arbeiten viele Menschen von zu Hause aus oder unterwegs. Oder sie würden das gerne vermehrt so handhaben, um ihre Lebenssituation besser mit ihrem Job in Einklang zu bringen.

Trend # 4 – neue Informationstechnologien

Noch nie waren so viele Informationen frei verfügbar wie heute. Die Frage nach dem Zugang ist in den Hintergrund gerückt. Dafür stellt sich die Frage, wie man im Datendschungel innert kurzer Zeit an die richtigen Informationen gelangt. Hierzu braucht es Filter – in Form von Algorithmen oder Experten. Auch Online-Marktplätze und Soziale Medien haben die Rolle von Intermediären drastisch verändert. Im Web können Leistungsanbieter und Leistungserbringer direkt zusammenkommen. Das hat zur Folge, dass über lange Zeit erfolgreich gewesene Geschäftsmodelle überdacht werden müssen.

Chancen und Herausforderungen für die Personaldienstleistungsbranche

Intermediäre braucht es auch in Zukunft, aber sie werden anders arbeiten. Die Personalberater filtern und nehmen ihren Kunden damit sehr viel Arbeit ab. Nicht nur, indem sie die Fähigkeiten von potenziellen Mitarbeitenden mit den Jobprofilen der Unternehmen abgleichen. Sondern, auch indem sie zusätzlich darauf achten, welcher Arbeitnehmer zu welcher Unternehmenskultur passt. Gutes Personal zu gewinnen und zu halten, ist der Schlüssel zum Erfolg.

In Ländern, in denen die Zuwanderung gering ist, müssen sämtliche internen Ressourcen ausgeschöpft werden. Wer heute in Pension geht, hat durchschnittlich noch 15 aktive Jahre vor sich liegen. Viele dieser Menschen würden gerne weiterarbeiten, wenn die Rahmenbedingungen passen. Das gleiche gilt für Mütter und Väter. Familienfreundliche Modelle machen einen Job attraktiv. Nicht zu vergessen die Bedürfnisse der Generation X und Y nach mehr Raum für eigene, nebenberufliche Engagements. Die Arbeitswelt ist gefordert: Die Arbeitgeber müssen diesen Personen situationsgerechte Arbeitsmodelle anbieten. Die Personaldienstleister können die Unternehmen dabei mit innovativen und massgeschneiderten Try-and-Hire-Modellen oder HR-Lösungen unterstützen. Davon profitieren auch die Kandidaten: Die Personaldienstleister bieten ihnen Flexibilität und soziale Sicherheit.

Ob das Leben trotz oder wegen der dargestellten Trends immer komplizierter wird, sei dahingestellt. Fest steht: Experten, die ihren Kunden und Mitarbeitenden den Alltag vereinfachen, sind gefragt. Dazu können massgeschneiderte Beratungen, Kinderbetreuung, Wohnungsvermittlung oder Transportdienste gehören. In einer Welt, in der Menschen immer flexibler sein wollen oder müssen, könnte der Personaldienst­leister zur Konstante werden. Indem er seinen Klienten über einen längeren Zeitraum begleitet, ihm immer wieder zu einem passenden Job verhilft und zusätzliche Services wie Coachings oder Laufbahnberatungen anbietet.

Regulationen und Image

Tendenziell wird der Arbeitsmarkt immer stärker reguliert. Nebst dem Image zählt dieser Fakt weltweit zu den grössten Herausforderungen der Personaldienstleistungsbranche. Es gibt verschiedene Akteure, die sämtliche negativen Auswirkungen der Globalisierung auf die Temporärarbeit schieben, indem sie flexible Arbeit mit prekärer Arbeit gleichsetzen. Das ist falsch. Denn eine Beschäftigungsgarantie haben auch festangestellte Mitarbeitende nicht. Mit fadenscheinigen Begründungen werden Versuche gestartet, die Temporärarbeit übermässig zu regulieren. Fakt ist, dass die Gesetze und Einstellungen der Menschen den Realitäten der Arbeitswelt hinterherhinken, egal ob es sich um Temporärarbeit, Selbständigkeit, Teilzeitjobs oder andere Modelle handelt. Es braucht gewisse Normen. Die Frage ist, welche und wie viele. Weltweit setzt sich Ciett dafür ein, dass die Konvention 181 der Interna­tional Labor Organisation (ILO) unterzeichnet wird. Diese fordert einen Mindeststandard, der unter den Anforderungen unseres Landes liegt.

In der Schweiz regelt das Arbeitsvermittlungsgesetz die wichtigsten Punkte und mit dem Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih kennen wir eine weltweit einzigartige und fortschrittliche Lösung: Unser Vertrag ist branchenübergreifend, sorgt für soziale Sicherheit und bietet den temporären Mitarbeitenden Weiterbildungsmöglichkeiten. Für die Schweizer Personaldienstleistung sind die Grundsteine für die ­Zukunft gelegt. Nun heisst es, als verantwortungsbewusste Arbeitgeber und Personaldienstleistungsexperten zu überzeugen und mit innovativen Lösungen dem Wandel im Arbeitsmarkt zu begegnen.

Literatur-Tipps zum Thema

  • Deni Pennel, Managing Director Ciett & Eurociett «Travailler pour soi – Quel avenir pour le travail à l’heure de la ­révolution individualiste?» (2013)
  • Kjell Nordström, Management-Guru: «Funky Business Forever – Mehr Spass am Kapitalismus» (2013)
  • Economic Report (2014 Edition), www.ciett.org (Ciett ist der Dachverband aller Personalverleiher und -vermittler. Er setzt sich für deren Interesse auf internationaler Ebene ein, forscht und publiziert Kennzahlen.)
Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos

Monika Rüeger ist Leiterin Kommunikation bei swissstaffing.

Weitere Artikel von Monika Rüeger
Julia Bryner

Julia Bryner ist Leiterin Operations & Mitgliederservices bei swissstaffing.

Weitere Artikel von Julia Bryner