Mentoring für HRler

«Im Personalwesen gibt selten ein Richtig oder Falsch»

Wie kann ein Mentoring für junge HR-Leute aussehen? Welches sind ihre brennendsten Fragen? Was können Mentoren daraus lernen? Wir beleuchten die Zusammenarbeit dreier Mentoring-Tandems. Michèle Spörri, Leiterin Personal, Enea GmbH, hat sich als Mentee für das Mentoring-Programm der ZGP angemeldet, nachdem sie eine leitende Position übernommen hatte. Über ihre Learnings, und die Zusammenarbeit mit ihrer Mentorin.

Frau Spörri, warum haben Sie sich für das Mentoring-Programm angemeldet?

Michèle Spörri: Ich habe kürzlich eine leitende Position übernommen. Es war mir wichtig, dass ich mich fachlich und persönlich weiterentwickeln und mich mit einer externen Fachperson über aktuelle Themen austauschen kann.

Inwiefern haben Sie vom Mentoring profitiert?

Meine Mentorin konnte sich sehr gut in meine Situationen versetzen, mir die richtigen Fragen stellen und Inputs gegeben, die ich auf meine Problemstellungen anwenden konnte. Sich einfach mit einer Person zu unterhalten, die dieselbe Sprache spricht, ist sehr wertvoll. Man muss nicht immer das Rad neu erfinden: Ich bin der Meinung, dass die Erfahrungen und Meinungen anderer sehr bereichernd sein können.

Welches waren die wichtigsten Themen, die Sie mit Ihrer Mentorin besprochen haben?

Da ich das erste Mal in einer Funktion mit einer grösseren Entscheidungsbefugnis bin, war es für mich wichtig, an Selbstvertrauen zu gewinnen. Sabine hat mich darin bestärkt, meine Entscheide schneller umzusetzen und an ihnen festzuhalten, wenn ich sie einmal als richtig befunden habe.

Wir haben uns zudem immer wieder über fachliche Themen ausgetauscht: Reorganisation, Arbeitszeiten, Kündigungen, Sperrfristen, Weiterbildungsmöglichkeiten, Führungsthemen.

Das Rollenverständnis von mir als HR-Leiterin gegenüber den Abteilungsleitern war ebenfalls ein wichtiges Thema. Ich habe meine Mentorin zudem auch zu konkreten Situationen nach Rat gefragt.

Was für Situationen waren das?

Beispielsweise mussten wir einem Mitarbeiter nach zweimaligen Fehlverhalten die Kündigung aussprechen. Ich war zuerst unsicher, ob dies die richtige Entscheidung war. Dadurch, dass ich die Situation meiner Mentorin erläutern konnte, war ich danach bestärkt. Sie konnte mir auch die Angst nehmen vor dem Kündigungsgespräch.

Ein weiteres Beispiel: Ich wollte für unsere Führungskräfte eine Schulung organisieren zum Thema Mitarbeiterbeurteilung. Meine Mentorin hat mir erklärt, wie sie ihre Schulungen jeweils macht und worauf man achten soll. Nach diesem Austausch habe ich mich auf die Schulung vorbereitet und meine Vorbereitungen danach mit ihr besprochen.

Was sind Ihre wichtigsten Learnings, die Sie aus dem Mentoring mitnehmen?

Ein wichtiges Learning war für mich, dass ein Mentor mir nicht die Lösung vorgibt. Im Personalwesen gibt es ja auch oft kein Richtig oder Falsch. Mit der Erfahrung reagiert man je nach Situation anders. Es war für mich ein grosser Gewinn, die Meinung und Einschätzung einer erfahrenen HRlerin zu bekommen.

Wir haben Sie und Ihre Mentorin Ihre Zusammenarbeit konkret gestaltet?

Wir haben uns alle fünf bis sechs Wochen getroffen und ich brachte jeweils die Themen mit, die mich gerade beschäftigten. Meine Mentorin wohnte in meiner Nähe und wir haben uns in unkomplizierter Atmosphäre bei ihr zuhause getroffen. Die Gespräche waren entsprechend locker. Ausserhalb dieser Treffen haben wir per E-Mail und Whatsapp kommuniziert.

Was waren für Sie Freud und Leid beim Mentoring?

Es war sehr befreiend, zu merken, dass einfache Lösungen vielfach die effektivsten sind. Manchmal hätte ich mir gewünscht, dass meine Mentorin mir die Lösung für ein Problem mitteilt. Es brauchte etwas Zeit, bis ich merkte, dass ich durch unser Gespräch selber auf eine Lösung kam, die für mich und mein Unternehmen stimmt.

Das sagt die Mentorin

Sabine Schneider, HR Business Partnerin beim Universitätsspital Zürich, spricht darüber, warum sich künftige Mentoren nicht vom Zeitaufwand abschrecken lassen sollen und wie sie von den Mentorings profitiert. Zum Interview

Was braucht es für ein erfolgreiches Mentoring?

Der oder die Mentee muss aktiv sein, Themen einbringen, mitteilen, was sie oder ihn beschäftigt. Er oder sie muss auch offen sein und sich auf den Mentor einlassen. Vertrauen spielt da eine grosse Rolle. Auch ist die Auswahl entscheidend, wobei die Sympathie auch etwas Glücksache ist – ich habe von Anfang an ein gutes Gefühl und einen guten Draht zu meiner Mentorin gehabt.

Was ist Ihre Botschaft an künftige Mentoren?

Probiert es aus!

Was ist Ihre Botschaft an künftige Mentees?

Geben Sie sich und den Mentees die Chance, voneinander zu profitieren.

Über das Mentoring-Programm

Junge HR-Leute sollen firmenübergreifend von erfahrenen Berufsleuten lernen – und umgekehrt. Das ist das Ziel des Mentoring-Programms «young@zgp».
Interessierte HR-Nachwuchskräfte von 22 bis 35 Jahren melden sich für das Programm an und der Verband sucht für die Mentees einen passenden Mentor. Beide vereinbaren mindestens 6 Treffen von 2 bis 3 Stunden während eines Jahres. In dieser Zeit besprechen sie Entwicklungsthemen und tauschen sich über Erfahrungen aus.

 

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos
Weitere Artikel von Antonia Fischer