HR Today Nr. 9/2016: Fokus Forschung

Immigration: Gefahr oder Chance für die lokalen Arbeitnehmer?

Wird die Zuwanderung von lokalen Arbeitnehmern als Konkurrenz wahrgenommen? Eine dänische Studie hat diese Frage untersucht.

Migration beschäftigt Politik und Wirtschaft gleichermassen. Migrantinnen und Migranten sind nicht zuletzt «Human Resources», die einem Arbeitsmarkt zugeführt werden. Doch inwiefern nehmen die lokalen Arbeitnehmer die Zuwanderer als Konkurrenz wahr? Um dies herauszufinden, haben Mette Foged (Universität Kopenhagen) und Giovanni Peri (Universität Kalifornien) dänische Daten von 1991–2008 analysiert.

Bis 1998 hatte Dänemark ein zentralisiertes Programm, das Flüchtlinge basierend auf Nationalität und Familiengrösse, also unabhängig von der aktuellen Arbeitsmarktsituation, auf die Gemeinden verteilte. Die Mehrheit der Immigranten hatte keine höhere Ausbildung (College-Abschluss), sprach nicht fliessend Dänisch und ging hauptsächlich handwerklichen Tätigkeiten nach. Die Studie basiert auf Daten von anerkannten und als Arbeitnehmer registrierten Flüchtlingen sowie einer Vergleichsgruppe aus der lokalen Bevölkerung mit ähnlichem Profil.

Das Arbeitsangebot für weniger komplexe Aufgaben wurde durch die Immigration langfristig erhöht. Lokale Arbeitnehmer, die im selben Markt tätig waren, reagierten auf das zusätzliche Arbeitskräfteangebot, indem sie vermehrt komplexere Aufgaben (tieferer Grad an handwerklicher Tätigkeit, erhöhte Anforderung an kommunikative und kognitive Fähigkeit) übernahmen. Die Transition der lokalen Arbeitnehmer von mehrheitlich handwerklichen Berufen in Tätigkeiten mit höherem Komplexitätsgrad hatte ein höheres Lohnniveau zur Folge. Eine erhöhte Gefahr für Arbeitslosigkeit oder geringere Arbeitsmarktchancen bestand nicht. Eine Untersuchung nach Altersgruppen zeigte aber, dass jüngere Arbeitnehmer ohne College-Abschluss stärker auf die Immigration reagierten und häufiger zu Tätigkeiten mit höherer Aufgabenkomplexität wechselten sowie häufiger in Gemeinden mit weniger Immigration umgezogen als ältere Arbeitnehmer. Die Forscher erklären sich dieses Resultat durch eine höhere Flexibilität und Mobilität der jüngeren Arbeitnehmer. Langfristig war deshalb in Gemeinden mit hoher Immigration auch ein Trend zur Frühpensionierung erkennbar.

Die Resultate zeigen, dass Immigration eine Ergänzung zur lokalen Arbeitsbevölkerung ist und die lokalen Arbeitnehmer eher zu einer positiven Entwicklung animiert, als diese negativ zu beeinflussen oder gar aus dem Markt zu drängen. Die Studie findet keinen Effekt auf hoch qualifizierte lokale Arbeitnehmer (mit College-Abschluss). Leider haben die Forscher die Effekte von hoch qualifizierten Immigranten auf die lokale Arbeitsbevölkerung nicht untersucht.

Quelle

  • Foged, M., & Peri, G. (2016). Immigrants’ Effect on Native Workers: New Analysis on Longitudinal Data. American Economic Journal: Applied Economics, 8(2),1-34.
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Dr. Lea Rutishauser ist Ober­assistentin am Center für Human Resources Management an der Universität Luzern, und Mitgründerin des Start-ups «HR ConScience».

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