Interne Untersuchungen: Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und Angestellten
Bei einer internen Untersuchung sind zahlreiche Normen aus verschiedenen Gesetzen zu berücksichtigen. Das schränkt die Handlungsfreiheit von Arbeitgebern bei internen Untersuchungen ein.
Arbeitgeber dürfen Daten nicht durch illegale Mittel erheben. (Bild: 123RF)
Bei internen Untersuchungen kommen verschiedene Normen zur Anwendung. Unter anderem des Arbeitsrechts, des Arbeitsgesetzes, des Datenschutzrechts, des Strafrechts, des Zivilprozessrechts und des Persönlichkeitsrechts.
Diskretion und Sachlichkeit sind Pflicht
Die Rechte und Pflichten der Parteien eines Arbeitsvertrages bestimmen sich zunächst nach dem Arbeitsrecht. Im Zentrum steht die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (Art. 328 OR). Diese verpflichtet den Arbeitgeber, auf die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen und seine Persönlichkeit zu schützen, was in erster Linie eine Unterlassungspflicht bedeutet. So hat der Arbeitgeber insbesondere dafür zu sorgen, dass keine Vorverurteilung oder Rufschädigung erfolgt. Diskretion und Sachlichkeit sind im Rahmen einer internen Untersuchung gross zu schreiben.
Treuepflicht trifft Angestellte
Die Angestellten trifft im Gegenzug die ebenso wichtige Treuepflicht (Art. 321a Abs. 1 OR) und zudem die Geheimhaltungspflicht (Art. 321a Abs. 4 OR). Die Treuepflicht verpflichtet Angestellte unter anderem, die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen zu wahren. Aufgrund der Treuepflicht sind Arbeitnehmer verpflichtet, Fehlverhalten von anderen Mitarbeitern den Vorgesetzten zu melden. Aufgrund der mit der Treuepflicht verwandten Rechenschafts- und Herausgabepflicht wird davon ausgegangen, dass die Angestellten alle potentiell relevanten Daten dem Arbeitgeber zwecks Sichtung herauszugeben und Zugang zu geschäftsbezogener Korrespondenz zu gewähren haben. Die Treuepflicht ist aber keine absolute. Sie besteht nur insoweit, als ihr nicht berechtigte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen.
Das Gesetz gewährt dem Arbeitgeber sodann ein Weisungsrecht gegenüber Angestellten (Art. 321d OR). Im Rahmen des Weisungsrechts (und der gleichzeitigen Befolgungspflicht des Arbeitnehmers) werden etwa Aufgaben im Rahmen von Untersuchungen delegiert. Sodann sind Angestellte aufgrund des Weisungsrechts verpflichtet, einem Aufgebot zur Befragung in einer Untersuchung Folge zu leisten.
Daten beschaffen
Neben dem Arbeitsvertragsrecht ist bei internen Untersuchungen insbesondere das Datenschutzrecht wesentlich. Im Rahmen von internen Untersuchungen wird mit Personendaten gearbeitet. Dies stellt eine Datenbearbeitung im Sinne des Datenschutzgesetzes dar. Aus diesem Grund sind die allgemeinen Voraussetzungen zur Datenbearbeitung zu beachten: Daten dürfen nicht durch illegale Mittel erhoben werden. Ihre Beschaffung muss zudem nach Treu und Glauben erfolgen. Das heisst, die Beschaffung von Personendaten und der Zweck ihrer Bearbeitung müssen für die betroffene Person erkennbar sein. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit muss ebenfalls eingehalten werden. Demnach dürfen so viele Daten wie nötig, aber nur so wenige wie möglich bearbeitet werden.
Daten bearbeiten
Weiter dürfen nur richtige Daten (unrichtige Daten sind zu löschen) und diese nur zu dem Zweck bearbeitet werden, der bei der Beschaffung angegeben wurde (Zweckbindung). Die Weitergabe von Personendaten ins Ausland ist sodann nur unter einschränkenden Bedingungen erlaubt. So darf durch die Bekanntgabe ins Ausland die Persönlichkeit des Arbeitnehmers nicht schwerwiegend gefährdet werden.
Zusätzlich wird im Rahmen des Arbeitsverhältnisses das Recht zur Bearbeitung von Personendaten weiter eingeschränkt. So darf ein Arbeitgeber nur Personendaten bearbeiten, sofern dies zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist oder die Eignung des Angestellten für das Arbeitsverhältnis betreffen. Abweichungen sind nicht möglich, auch wenn der Arbeitnehmer schriftlich eingewilligt hat. Als Grundregel gilt, dass private (nicht auf das Arbeitsverhältnis bezogene) Daten nicht bearbeitet werden dürfen.
Probleme können sich in diesem Zusammenhang insbesondere ergeben, wenn nicht unmittelbar erkennbar ist, ob es sich um private oder geschäftliche Daten handelt, so insbesondere, wenn etwa die E-Mails geschäftlich und privat verwendet werden. Aus diesem Grund ist zu empfehlen, dass für die Internet- und E-Mail Benutzung ein Nutzungs- und Überwachungsreglement erlassen wird.
Überwachung von Angestellten
Im Weiteren ist zu beachten, dass das Arbeitsgesetz Vorschriften zur Überwachung von Angestellten enthält. Unrechtmässige Überwachungen können zudem auch strafrechtlich relevant sein und es wird riskiert, dass unrechtmässig erlangte Beweis in einem Zivilprozess unverwertbar sind.
Zulässigkeit einer internen Untersuchung?
Werden die hier genannten Grundsätze zur Bearbeitung von Daten eingehalten, dürfen grundsätzlich bei entsprechendem Verdacht interne Untersuchungen durchgeführt und damit auch Daten erhoben werden.
Mitwirkunspflicht der Angestellten
Aufgrund der Treuepflicht und des Weisungsrechts ist der einzelne Mitarbeiter dann verpflichtet, an der Untersuchung teilzunehmen, ansonsten liegt eine Verletzung des Arbeitsvertrages vor. Eine wiederholte Verletzung könnte eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
Den Arbeitnehmer trifft im Rahmen einer Untersuchung also eine Mitwirkungspflicht. Fragen, die ihm gestellt werden, hat er wahrheitsgetreu zu beantworten, wobei diese aber einen Bezug (mindestens einen indirekten) zur Arbeit haben müssen. Sodann müssen aufgrund der Treuepflicht auch Sachverhalte offengelegt werden, welche den Arbeitgeber bei der Untersuchung unterstützen. Ob ein Arbeitnehmer die Aussage verweigern darf, wenn er sich selbst belasten würde, wird in der Literatur nicht einheitlich beantwortet, ist unseres Erachtens aber zu bejahen.
Gerade wenn es um strafrechtlich relevantes Verhalten geht, kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass ein Untersuchungsbericht im Anschluss an die Strafverfolgungsbehörden gelangt und sich so ein Arbeitnehmer durch seine eigenen Aussagen selbst belastet, obgleich ihm im Strafverfahren ein Aussageverweigerungsrecht zukommt.
Angestellte haben Recht auf Auskunft über die Untersuchung
Jeder Arbeitnehmer hat gestützt auf Art. 8 des Datenschutzgesetzes ein umfassendes Auskunftsrecht in Bezug auf alle durch den Arbeitgeber von ihm gesammelten Daten – unabhängig davon, ob diese Daten als Personaldossier oder Personalakte bezeichnet werden und unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis beendet ist oder noch andauert.
Zusätzlich haben Angestellte auch das Recht, Auskunft darüber zu verlangen, ob von ihnen überhaupt Daten bearbeitet werden. Aus den im Datenschutzgesetz aufgeführten Gründen kann allerdings die Auskunft verweigert, eingeschränkt oder aufgeschoben werden. Das ist etwa der Fall, wenn ein Gesetz dies ausdrücklich bestimmt oder es wegen «überwiegenden Interessen» von Dritten oder des Arbeitgebers erforderlich ist. In solchen Fällen ist der Arbeitnehmer auf die Einschränkung und deren Grund hinzuweisen.
Aus dem oben Genannten folgt, dass jeder Arbeitnehmer Einsicht in die ihn betreffenden Untersuchungsakten bzw. den ihn betreffenden Untersuchungsbericht haben muss. Während laufender Untersuchung ist es unter Umständen noch möglich, unter Hinweise auf die überwiegenden Interessen die Einsicht zu verweigern – um die Untersuchung nicht zu gefährden. Nach abgeschlossener Untersuchung ist eine Verweigerung in der Regel nicht zulässig. Arbeitgeber versuchen zwar oft, die Einsicht unter Hinweis auf Drittinteressen und die schützenswerten Daten Dritter zu verweigern. In der Regel können sie diesen Bedenken einfach durch Schwärzen der entsprechenden Passagen begegnen.