HR Today Nr. 7&8/2019: swissstaffing-News

Job-Megatrends: Outsourcing und Digitalisierung

Das eine können wir nicht mehr hören, das andere ist ebenso wenig beliebt. Und doch: Diese zwei Megatrends beeinflussen unser heutiges Leben so stark, dass sich ein erneuter Blick hinter die Kulissen lohnt. Denn gerade dank dieser Megatrends war Arbeiten noch nie so flexibel und so gut abgesichert wie heute.

Seit der Jahrtausendwende hat sich die Zahl der Temporärarbeitenden in der Schweiz mehr als verdoppelt. Hinter dieser Entwicklung steht ein wachsendes Flexibilitätsbedürfnis von Betrieben wie Arbeitnehmenden. Ebenso sind die Zahlen Ausdruck der Megatrends Outsourcing und Digitalisierung, welche die Branche prägen und weiteres Wachstumspotenzial versprechen.

Sichere Flexibilität dank Payrolling

Im Payrolling übernehmen Personaldienstleister beispielsweise die Lohnbuchhaltung und das HRManagement für Teile der Belegschaft. Rechtlich betrachtet arbeiten die Angestellten zwar temporär, sind de facto aber beim Einsatzbetrieb festangestellt. Erst 13 Prozent aller Unternehmen nutzen Temporärarbeit mit diesem Ziel. Gemessen in Arbeitsstunden und Beschäftigten ist das Volumen aber hoch, weil besonders grosse Unternehmen auf diese Dienstleistung setzen. Dass 82 Prozent der swissstaffing-Mitglieder Payrolling anbieten, zeigt die Attraktivität und das Potenzial dieser Dienstleistung (vgl. swissstaffing, 2018). Ein solcher Anbieter in der Schweiz ist die auf Payrolling spezialisierte Marke sallis der axxeva Gruppe.

Arbeitnehmende möchten heute selbst entscheiden, für wen und zu welchen Konditionen sie arbeiten. Die Rede ist hier insbesondere von Freelancern oder Contractors. «Das Payrolling Modell gibt ihnen die Sicherheit, dass ihr Wunsch auch aus rechtlicher Sicht umsetzbar ist», erklärt Gregor Iten, Geschäftsführer von sallis. Für die Kunden sei neben der administrativen Entlastung im HR auch die problemlose Anstellung ein Vorteil. Etwa, um die Gefahr der Scheinselbständigkeit von Freelancern zu vermeiden oder Projektmitarbeitende mit hoher Flexibilität und kurzen Kündigungsfristen kostengünstig anzustellen. Künftig soll sich sallis noch konsequenter zu einer Plattformlösung entwickeln. So soll der ganze Payrolling-Prozess über die Website digital abgewickelt werden. Dadurch würde die Flexibilisierung neuer Arbeitsformen noch stärker unterstützt.

Bereits heute bietet das Unternehmen mit der sallis Cloud eine Dienstleistung, die es Kunden ermöglicht, Mitarbeitende online anzumelden, Verträge zu managen sowie Arbeitszeitrapporte zu generieren und sogar Arbeitszeugnisse kostenlos zu bestellen. «Das Bedürfnis nach sozialer Absicherung ist bei Arbeitnehmenden unverändert hoch», so Iten. «Neu ist aber, den flexiblen Arbeitsformen mittels digitaler Abwicklung gerecht zu werden. Hier knüpfen die Dienstleistungen von sallis an.»

On-Demand Arbeitswelt

Seit einigen Jahren hebt die Digitalisierung die Integrationsfunktion der Branche auf eine neue Ebene, denn neue Technologien senken die Kos-ten rapide, um auch Kleinstaufträge für Temporärarbeit sozialversicherungspflichtig abzuwickeln. Ein Beispiel dafür sind Jobplattformen wie Coople, Adia oder smartstaff. Darüber können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer online oder mittels App finden und die Einsatzmodalitäten erledigen. Abgedeckt sind dabei alle Sozialversicherungen: Das Unfall- und Krankentaggeld, der GAV-Beitrag mit Weiterbildungsfinanzierung und natürlich der Lohn. Dieser wird bereits kurz nach dem Einsatz auf das Konto des Arbeitnehmers überwiesen.

Das Schweizer Pionierunternehmen Coople (ehemals Staff Finder) betreibt seine Plattform seit 2011. Viktor Calabro, Gründer und Executive Chairman von Coople, erwartet durch die Mobilität und die Digitalisierung eine wesentlich flexiblere Arbeitsweise in den kommenden Jahren. «Mitarbeitende wünschen sich eine örtlich und zeitlich flexiblere Arbeit», so Calabro. Coople biete dafür eine solide Lösung. Besonders in spezialisierten Jobs (wie IT, Softwareentwicklung, Engineering) neben traditionellen Jobs (Gastronomie, Gastgewerbe) sei mit einer Zunahme der befristeten und flexiblen Arbeitsvereinbarungen zu rechnen. Viktor Calabro wird noch konkreter: «Wir müssen ein realistischeres Bild der wachsenden flexiblen berufstätigen Bevölkerung malen. Temporäre Arbeitskräfte werden weiterhin wichtige Akteure der Gig Economy sein, von der erwartet wird, dass sie sich bis 2025 zu einem 2,7 Billionen US-Dollar schweren Wirtschaftszweig entwickelt.»

Das Gesetz hinkt hinterher

Wenn das Bedürfnis nach flexiblen Arbeitsmodellen steigt, müssen auch die gesetzlichen Grundlagen angepasst werden. Die Rede ist von einer digitalen Unterschrift. Für temporäre Arbeitsverhältnisse schreibt das Gesetz die Schriftform vor. Diese Regelung wurde gesetzlich verankert, um die Arbeitnehmenden in flexiblen Beschäftigungsverhältnissen besonders gut zu schützen. Ein grosser administrativer Aufwand, der gerade bei Flexworkern, die kurzfristig und unkompliziert Jobs oder einer Arbeit nachgehen möchten, unbeliebt ist. Aus dem Alltag kennen viele die digitale Unterschrift bereits – etwa bei der Entgegennahme eines Postpakets.

Wenn sich Arbeitnehmende und Firmen auf einer digitalen Plattform oder gar via App gefunden haben, ist der Vorgang mit einer digitalen Unterschrift für beide Parteien sinnvoll. Klar ist: Im digitalen Zeitalter muss eine andere Lösung für beide Vertragsparteien Sicherheit schaffen. Dank Tracking-Optionen bietet eine digitale Signatur wahrscheinlich sogar eine grössere Sicherheit als ein Papiervertrag. Eine Neuinterpretation der Schriftform, die allen Beteiligten Sicherheit bietet und gleichzeitig die Dynamik digitaler Geschäftsabläufe nicht ausbremst, ist dringend nötig.

Lösung für soziale Fragen

Arbeitnehmerorganisationen sehen in der Beliebtheit flexibler Arbeitsmodelle das Aufkeimen einer neuen Unterschicht. Das Gegenteil ist der Fall. Die Kombination von Plattform- und Temporärarbeit birgt nämlich das Potenzial, informelle Arbeitsbeziehungen aus der Schattenwirtschaft zu holen und sozial abzusichern. Eine Chance, die auch ein sozialpartnerschaftliches Impulspapier der Stiftung CH2048 (2018) bestätigt.

Zum anderen bietet Plattformarbeit für Menschen, die ausserhalb des Arbeitsmarktes stehen, neue niederschwellige Möglichkeiten der Inklusion in Wirtschaft und Gesellschaft. Der Blick in die Zukunft zeigt: Trotz einer Historie von mehr als 50 Jahren ist das Potenzial der Temporärbranche immer noch nicht ausgeschöpft. Temporärarbeit ist deshalb nicht eine Herausforderung, sondern eine Lösung für soziale Fragen, die sich heute und morgen stellen.

White Paper

Mehr zum Thema im White Paper erfahren: Temporärarbeit zwischen Arbeitsmarktintegration und Fachkräftemangel. swissstaffing hat dieses Jahr zwei White Papers veröffentlicht. In zwei umfangreichen Befragungen von Temporärarbeitenden hat swissstaffing gemeinsam mit gfs-zürich Temporärarbeitende und Unternehmen befragt und die Scharnierfunktion der Temporärbranche sowie die soziale Absicherung bei flexiblen Arbeitsmodellen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt unter die Lupe genommen. Bald erscheint auch das zweite White Paper zur sozialen Absicherung von Flexwork. Die beiden White Papers stehen unter folgendem Link zum Download bereit: swissstaffing.ch/whitepaper

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Julia Bryner ist Leiterin Operations & Mitgliederservices bei swissstaffing.

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Marius Osterfeld ist Ökonom bei ­swissstaffing.

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