Mitarbeiter-Events

Jubel, Trubel, Heiterkeit?

Man soll Feste feiern, wie sie fallen, sagt ein Bonmot. Die Organisation von Mitarbeiter-Events hält jedoch einige Fettnäpfchen bereit. Zwei Eventprofis erklären, wie sich diese umschiffen lassen, und eine Umfrage unter vier ­Unter­nehmen gibt Einblick in die allgemeine Feierpraxis.

«Mitarbeiterfeste bieten die Gelegenheit, den Angestellten Wertschätzung zu zeigen, sich abseits vom Geschäftsalltag von einer neuen und persönlichen Seite kennenzulernen und über die geschäftlichen Belange hinaus Teamgeist zu entwickeln.» So summiert Ewa Ming, Inhaberin der Ming Agentur AG mit jahrelanger Eventmanagement-Erfahrung einige der zentralen Argumente, die für Mitarbeiter-Events sprechen. «In einer immer virtueller und abstrakter werdenden Welt, wo sich viele Mitarbeitende im Alltag nie direkt treffen, bieten Mitarbeiterfeste oft die einzige Möglichkeit, sich persönlich auszutauschen», ergänzt Andrej Isler, Inhaber der Kommunikationsagentur Brandsoul, die sich auf «erlebbare Unternehmenskommunikation» spezialisiert hat.

Glaubwürdigkeitslücken und andere Fauxpas

Mit jedem Mitarbeiterfest vermittle ein Unternehmen direkt oder indirekt auch eine Botschaft, mahnt Isler: «Egal, ob diese Botschaft in einem einfachen Dankeschön besteht, Wertschätzung und Anerkennung vermittelt oder mit einem Lerninhalt verknüpft wird – sie muss zur Firmenkultur, zur Zielgruppe und zur Situation des Unternehmens passen und authentisch wirken.» Denn damit eine Botschaft glaubwürdig wirkt, sollte das, was man sagt und macht, im Einklang sein.

Nicht nur im Unternehmensalltag, sondern eben auch bei Mitarbeiterfesten, denn Glaubwürdigkeitslücken würden rasch entlarvt: «Wenn auf der Website des Unternehmens das ökologische Gewissen hochgehalten wird und dann für den Mitarbeiteranlass alles von weit her importiert wird, weil es möglichst güns­tig sein muss, werden auch die Unternehmenswerte nur noch als Marketing wahrgenommen», erläutert Isler. Ewa Ming pflichtet bei: «Wenig glaubwürdig wirkt beispielsweise auch, wenn im Unternehmen Kostenoptimierung gepredigt wird, sich das Management aber trotzdem einen Ausflug ans Formel-1-Rennen in Monaco gönnt, während für die Mitarbeitenden nur ein Grillfäscht in der Waldhütte drinliegt.» So richtig peinlich wird es aus ihrer Sicht aber dann, «wenn ein Unternehmen ein künstliches Motto kreiert, mit dem sich niemand identifizieren kann». Zum Beispiel, wenn die Firmenband Tina Turners «We are the Best» abspult und die Mitarbeitenden dies als Farce empfinden. Einfach, weil es nicht den Realitäten und dem gelebten Alltag entspricht. Da seien eine einfache Begrüssung durch die Geschäftsleitung und ein Handschlag manchmal ehrlicher.

Diverse Bedürfnisse unter einen Hut bringen

Wer seine Zielgruppe nicht kennt, wird in höchstem Mass an ihr vorbeiorganisieren. Um ein Mitarbeiterfest «passend» zu gestalten, sollten deshalb im Vorfeld die Interessen aller Mitarbeitenden abgeklärt werden, damit sich niemand unwohl oder ausgeschlossen fühlt. So sei bei unsportlichen Mitarbeitenden der Besuch eines Hochseilgartens mit Kletterparcours wohl eher die falsche Wahl, gibt Ewa Ming zu bedenken. Falls sich nicht alle Bedürfnisse unter einen Hut bringen lassen, sei ein Alternativprogramm wohl die bessere Lösung. Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden sollten nicht nur den Inhalt des Programms bestimmen, sondern auch die Wahl der Location und der Verpflegung. So sollte der Veranstaltungsort für alle Mitarbeitenden – auch für jene mit Behinderungen – gut erreichbar und eine individuelle Abreise möglich sein. Bei der Wahl des Essens empfiehlt es sich, für jeden Geschmack etwas zu bieten: Je nach ethnischer Angehörigkeit müsse man bei der Menuwahl eine grosse Sensibilität an den Tag legen, um nicht ganze Mitarbeitergruppen auszugrenzen, warnt Ewa Ming.

Alkoholfallen und Wohlfühlfaktoren

Weitere Fallen lauern im Umgang mit Alkohol: «Manche Unternehmen provozieren geradezu, dass sich die Mitarbeitenden schon am frühen Abend abfüllen», sagt Andrej Isler. «Wenn Al­kohol ausgeschenkt wird, ist das Unternehmen jedenfalls auch dafür verantwortlich, dass die Mitarbeitenden wieder gesund nach Hause ­kommen, und muss dafür die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung stellen.»

Es allen recht machen zu wollen, ist nicht einfach. Aber muss es um jeden Preis ein Wohlfühlprogramm sein? «Wohlfühlen muss man sich am Ende immer», meint Andrej Isler. Manchmal könne es jedoch auch lohnend sein, Mitarbeitende anzuhalten, über ihren eigenen Schatten zu springen. So geschehen am Kaderevent eines Finanzinstituts, der von Brandsoul organisiert wurde: Um das neue Leadership-Programm erlebbar zu machen, erstellten die Kadermitglieder, die vom HR in verschiedene Teams eingeteilt wurden, innert drei Stunden eine komplette Stadt aus Kartonbacksteinen. «Keine einfache Aufgabe, wenn man bedenkt, dass sich viele der Teammitglieder vorher nicht kannten, Kultur- und Sprachbarrieren überwinden und bereichsübergreifend zusammenarbeiten mussten, um die Aufgabe erfolgreich zu lösen.»

Partykiller Rotstift

Während Mitarbeiter-Events in wirtschaftlich guten Zeiten kaum infrage gestellt werden, macht der Rotstift bei schlechtem Geschäftsgang oft auch vor ihnen nicht halt. Doch ist das eine gute Strategie? «Wenn man etwas macht, sollte man es auch richtig tun und den zeitlichen sowie finanziellen Rahmen eben anpassen», empfiehlt Andrej Isler. Alles andere vermittle eine negative Botschaft und hinterlasse bei den Betroffenen einen schalen Nachgeschmack. Schliesslich sei der Mitarbeiter-Event ein Ritual: «Man streicht im privaten Rahmen bei Ebbe im Portemonnaie ja auch nicht einfach Weihnachten, sondern macht halt kleinere Geschenke.»

Wie sich auch aus einem knappen Budget viel herausholen lässt, weiss Andrej Isler aus Erfahrung: So könne man zum Beispiel mit sehr wenig finanziellen Mitteln einen Team-Kochevent gestalten: «Jeder Mitarbeitende bringt eine Kochzutat mit, die ihn charakterisiert, und aus den gesammelten Zutaten bereitet das Team dann ein improvisiertes Abendmenu zu.» Damit signalisiere man dem Einzelnen, dass er wichtig ist. Gleichzeitig ­leistet jeder einen Beitrag zum kollektiven Ziel. – Auch die finanzielle Mitbeteiligung der Mitarbeitenden müsse kein Tabu sein, meint Ewa Ming: «Es kommt oft besser an, wenn man einen Kompromiss macht und die Mitarbeitenden die Getränke selbst bezahlen, statt den Event ganz abzusagen.»

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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