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KI im Recruiting: Die Zukunft der Personalsuche?

Ob One-Click-Bewerbung oder Active Sourcing, soviel ist sicher: Digital gestütztes Recruiting transformiert die HR-Branche nicht erst seit gestern. Mit Blick auf die wachsende Digitalisierung der Arbeitswelt überrascht das niemanden. Verwunderlich ist hingegen, dass die vielseitigen Möglichkeiten des Recruiting 4.0 bei weitem nicht ausgeschöpft werden. Ein Paradebeispiel: Künstliche Intelligenz.

KI ist allgegenwärtig. Im privaten Umfeld sind wir längst daran gewöhnt, mit Maschinen zu sprechen: sei es die tägliche Frage nach dem Wetter an Siri und Alexa oder die Unterhaltung mit einem Chatbot, während wir online nach passenden Schuhen suchen. Ist es da so abwegig, Bewerbungsgespräche künftig mit einem Roboter zu führen?

Ganz und gar nicht! Big Player wie Pepsi und Ikea sind schon in der Zukunft angekommen. Intelligente Software-Lösungen wie «Vera» und «Matilda» sind in der Lage, relevante Kan­didatinnen und Kandidaten auszuwählen und eigenständig Interviews zu führen. Die KI «Watson» des IT-Riesen IBM geht noch einen Schritt weiter und erkennt bei seinen Mitarbeitenden mit 95-prozentiger Trefferquote, ob sie beabsichtigen, demnächst zu kündigen. Daraufhin schlägt die KI ent­sprechend Weiterbildungen oder Beförderungsmöglichkeiten vor.

Anwendungsbeispiele von KI in Recruiting und HR

Um KI ins eigene Recruiting und die gesamte HR Value Chain zu integrieren, muss man kein Konzern sein. Möglichkeiten sind beispielsweise:

1. Erstkont​akt

Rekrutierende verbringen viel Zeit mit Aufgaben, die potenziell automatisierbar sind. Dabei ist es schon jetzt möglich, Stellenanzeigentexte automatisch zu generieren, smarte Chatbots zur Beantwortung von Fragen einzusetzen und sogar Persönlichkeitsmerkmale von Kandidatinnen und Kandidaten anhand von Videobewerbungen zu identifizieren. Womöglich wird der Erstkontakt in Zukunft komplett von intelligenten Tools und Bots übernommen.

2. Auswa​hlprozess

KI trifft auch Entscheidungen, die auf den ersten Blick nicht danach aussehen, als ob eine Maschine es tun könnte – beispielsweise beim Cultural Fit. Ging es um die Auswahl ­passender Kandidatinnen und Kandidaten, setzten Personalverantwortliche bisher hauptsächlich auf ihr Bauchgefühl. Mit der Plattform des Unternehmens Recunited wird es künftig jedoch möglich, Bewerbende und Unternehmen aufgrund individueller Werte zu matchen; der Cultural Fit wird somit messbar. Hat das Unternehmen genügend Daten gesammelt, kann KI zudem Vorschläge machen, welche Kandidatinnen und Kandidaten beziehungsweise Wertvorstellungen in einem Team noch fehlen.

3. Mitarbeiterbindung

Nicht zu unterschätzen ist die Rolle von KI für die Mitarbeiterzufriedenheit. KI hilft beispielsweise bei der Frage: Was wünschen sich meine Mitarbeitenden? Statt einheitliche Angebote für Mitarbeitende zu schaffen, identifizieren Unternehmen mit Big Data passgenaue Benefits für jeden Einzelnen. Dafür ­bietet beispielsweise das Start-up Finbrand eine Lösung.

KI im Recruiting kann viel, aber nicht alles

Welche Firma kann und will es sich heute noch leisten, im «War for Talents» auf die Unterstützung moderner und ­zeitgemässer Rekrutierungsmassnahmen zu verzichten? Die Vorteile der KI liegen auf der Hand: Sie spart Zeit, arbeitet rund um die Uhr und wächst stetig über sich hinaus. Sie eignet sich ideal zur Vorauswahl neuer Talente sowie als zusätzliches Analyse-Tool im Rekrutierungsprozess. Ausserdem trifft sie vorurteilsfreie Entscheidungen. Das kann sich zusätzlich ­positiv auf die Diversität einer Unternehmenskultur auswirken, da Diskriminierung vermieden und Chancengleichheit gefördert wird.

KI kann den Menschen an sich, also den persönlichen Kontakt zwischen HR-Fachkräften und Bewerbenden im Recruiting, nicht ersetzen. Aber das soll sie auch nicht! Um herauszufinden, ob Kandidatinnen und Kandidaten sowie Unternehmen ­matchen, bleibt die menschliche Interaktion unabdingbar.

HR TECH CLUB – MEET THE FUTURE!

Der nächste Event findet am HR FESTIVAL europe am 31. Mai und 1. Juni 2022 statt. Infos unter: hrtechclub.ch

 

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Benjamin Visser ist seit über 20 Jahren in der Recruiting-Welt ­unterwegs und Gründer von allygatr, einem HR-Tech-Investor. ­Gemeinsam mit ­seinem Team baut er digitale Start-ups auf und ­etabliert sie am Markt.

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