Konfliktmanagement

Konflikte auf verschiedenen Stufen: 
Lösungsverfahren und Prävention

Sind in einem Konflikt die Fronten stark verhärtet, kann oft nur noch eine Mediation verhindern, dass sich die 
Konfliktparteien im Streit trennen oder vor Gericht landen. Doch es gibt weitere Verfahren, die zum Konfliktmanagement 
eingesetzt werden können – zum Teil so früh, dass sie Konflikte quasi im Keim zu ersticken vermögen.

Mediation, Coaching, Supervision und systemische Strukturaufstellung sind Verfahren, die für die Lösung von Konflikten eingesetzt werden können. Die Abgrenzung zwischen den einzelnen Methoden ist unscharf, darin sind sich die Experten einig. Klar hingegen ist, dass Mediation vornehmlich bei verhärteten Fällen angewendet wird. Die anderen drei Methoden haben ein breiteres Anwendungsgebiet und sind sowohl bei der Prävention als auch in der Nachbearbeitung nützlich.

Mediation: erfolgreich, wenn jede Seite dabei gewinnt

Mediation wird angewendet, wenn zwei zerstrittene Parteien eine Lösung finden wollen, wenn es um verletzte Gefühle geht und der Konflikt eine emotionale Komponente hat. Die Verhandlung wird von einem neutralen Dritten, dem Mediator, geleitet. Voraussetzung für dieses Verfahren ist die Bereitschaft beider Parteien, freiwillig teilzunehmen und offen und fair zu verhandeln. «Ganz zentral ist auch das gemeinsame Interesse beider Seiten, nachher wieder zusammenzuarbeiten», erklärt Martin Zwahlen, Geschäftsführer des Schweizerischen Dachverbandes Mediation, Fürsprecher und Mediator. Eine erfolgreiche Mediation endet daher in einer Win-win-Situation.

Gemäss Zwahlen trifft das auf rund 70 bis 80 Prozent der Mediationen zu. Die restlichen landen zum Teil vor Gericht, denn Mediation kann eine Vorstufe zum Gerichtsverfahren sein. «Vor Gericht darf aber nichts, was in der Meditation gesprochen wurde, verwendet werden. Der Mediator darf auch nicht als Zeuge auftreten, denn Mediation ist ein vertrauliches Verfahren», sagt Zwahlen. Der Mediator selbst sollte neutral und unabhängig sein und die Konfliktparteien nicht persönlich kennen. Zwahlen weiss aus Erfahrung, dass die Parteien offener reden, wenn die Vertraulichkeit durch einen externen Vermittler garantiert ist. Gerade wenn es um Konflikte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geht, «sollte kein interner Mediator beigezogen werden», ist der Geschäftsführer des Dachverbandes überzeugt.

Es gibt jedoch Situationen, in denen der Chef zum internen Mediator werden kann. «Die Führungsleute in den Firmen sollen und wollen ihre Mitarbeitenden zu unternehmerischem, eigenverantwortlichem Denken und Handeln anregen. Dazu bietet in Konfliktsituationen der mediative Führungsstil eine Chance», sagt Markus Hess. Er ist Leiter der Weiterbildung «CAS Mediatorin, Mediator» an der Hochschule Luzern – Wirtschaft und auch in der Führungsausbildung sowie als Mediator SDM in der Konfliktberatung tätig. «Beim mediativen Führungsstil gibt der Vorgesetzte seine Lösung nicht vor und setzt sich auch nicht durch», erklärt Hess. «Sondern er moderiert in partnerschaftlicher Weise gemeinsame Treffen mit den Betroffenen, bearbeitet die Themeninhalte wertungsfrei und regt die Mitarbeitenden an, eigene Lösungsvorschläge zu entwickeln. In einer solchen respekt- und vertrauensvollen Atmosphäre kreieren die Anwesenden leichter eigene Lösungsvorschläge, die sie – weil selbst entworfen – auch lieber annehmen und nachhaltig umsetzen.»

Das mediative Vorgehen funktioniere aber kaum, wenn der Chef stark befangen sei und Zeitdruck vorherrsche, schränkt Hess ein. «Mediatives Führen beinhaltet die Fähigkeit, mit den Emotionen seiner Mitarbeitenden wertfrei und gesichtswahrend umgehen zu können. Solange der Konflikt nicht zu stark eskaliert ist, nach Glasl etwa auf der Stufe 1 bis 3 (siehe Kasten) liegt, sollte eine Führungskraft den Konflikt grundsätzlich selber bearbeiten können», sagt Markus Hess.

Coaching: vielfältig einsetzbar als Hilfe zur Selbsthilfe

Coaching ist eine Methode, die dem Grundsatz «Hilfe zur Selbsthilfe» nachlebt. Coaching kann präventiv angewendet werden, während des Konflikts und auch zur Nachbearbeitung, wenn beispielsweise eine Mediation erfolgreich abgeschlossen wurde, aber eine Person oder ein Team noch Hilfe bei der Umsetzung der erarbeiten Lösung brauchen. «In letzter Zeit werden wir immer häufiger beauftragt, mittels Coaching einen Konflikt zu lösen», sagt Frank Schellenberg, Co-Präsident des Schweizer Chapters der International Coach Federation (ICF). Dabei versuche der Coach beispielsweise, einem verkrachten Team Wege zur Lösung aufzuzeigen, indem er auf das fokussiert, was bisher funktioniert habe. «Die Lösungen müssen jedoch im Team selbst entstehen, nur so werden sie auch von allen getragen», erklärt Schellenberg.

Wichtig sei zudem, dass die Betroffenen freiwillig teilnehmen und eine neugierige Offenheit an den Tag legen für das, was auf sie zukommt. Wie bei der Mediation muss auch der Coach ein neutraler, möglichst externer Vermittler sein. «Ein interner Coach ist zwar schneller in der Thematik, aber sein grosser Nachteil ist die fehlende Neutralität. Ein externer Coach ist unabhängig und kann auch unangenehme Dinge schonungslos offenlegen», sagt Schellenberg. Ob Coaching bei einem Konflikt angewendet werden kann, hänge von der Eskalationsstufe ab, erklärt der Co-Präsident ICF und bezieht sich dabei auch auf das Modell von Glasl. Einen Unterschied zur Mediation sieht Schellenberg darin, dass Coaching bei Konflikten geeignet sei, bei denen es um Themen der Führung oder Machtansprüche geht. 
Im Vordergrund stehen also nichtrechtliche 
Themen mit den entsprechenden Verflechtungen.
Supervision: als Massnahme zur 
Prävention geeignet.

Ein weiterer Ansatz im Umgang mit Konflikten ist Supervision. «Dieses Gefäss dient der Reflexion der eigenen Arbeit, der professionellen Beziehungen, der Zusammenarbeit mit Kollegen oder zwischen Abteilungen», 
definiert Franz Käser, Präsident des Berufsverbandes für Supervision, Organisationsberatung und Coaching (BSO). Je nach Bedarf finden daher Einzel-, Gruppen-, oder Teamsupervisionen statt. Ziel einer Supervision 
kann sein, die Arbeitsatmosphäre, die Arbeitsorganisation oder die aufgabenspezifischen Kompetenzen zu verbessern, indem ein – auch hier – neutraler Supervisor die Gespräche moderiert. «Supervision ist als Reflexionsgefäss sehr gut geeignet, Konflikten vorzubeugen. Das Verfahren sollte eingesetzt werden, bevor oder wenn es zu kriseln beginnt. Ist der Konflikt hingegen bereits eskaliert, ist Mediation die gezieltere Methode», erklärt Käser. Supervision komme ursprünglich aus dem sozialen und pädagogischen Bereich und werde im Unternehmensumfeld unter diesem Titel nur eingeschränkt angewendet, sagt der Präsident BSO, «obwohl sie auch dort durch ihr breites Spektrum an Zielsetzungen gewinnbringend einsetzbar wäre». Die Grenzen der Supervision sieht Käser dort, wo es um massive Führungsprobleme geht, hier sei sie der falsche Ansatz, und Coaching die bessere Unterstützung.

Strukturaufstellung macht vielfältiges Wirkungsgefüge sichtbar

Eine im Zusammenhang mit Konfliktmanagement noch wenig bekannte Methode ist die systemische Strukturaufstellung (auch Organisationsaufstellung). Bei dieser räumlichen Simulationsmethode wird die Struktur eines Systems im Raum abgebildet. Personen repräsentieren die Elemente des Systems und werden an einen intuitiv passenden Platz im Raum geführt. Überraschenderweise bekommen sie an diesen Plätzen Wahrnehmungen, die das Befinden des «Originals» widerspiegeln. Der Aufsteller fragt reihum jeden nach seinem Befinden. «Bei der Aufstellungsarbeit geht es im Gegensatz zum Rollenspiel nicht um Interpretationen oder Assoziationen der Darsteller, sondern um Wahrnehmungen von körperlichen oder emotionalen Zuständen», erklärt Elisabeth Vogel, die als Gründerin der WissensWert GmbH auch systemische Strukturaufstellungen durchführt. Diese Wahrnehmungen der Statisten liessen Rückschlüsse zu auf die Dynamik, die Verflechtungen und die Konflikte in einem System sowie auf mögliche Problemlösungen, erklärt die Expertin.

«Strukturaufstellungen sind eine lösungsorientierte Methode, die sowohl in Gruppen wie auch mit Einzelpersonen funktioniert.» Wenn etwa ein Teammitglied sich allein bewusst werden will, was in seiner Gruppe nicht funktioniert und was dagegen getan werden könnte, wird er oder sie die Fragestellung mit dem Aufsteller ausarbeiten. Repräsentanten (Personen, die sich freiwillig zur Verfügung stellen, weil sie aus den Rollen auch etwas für sich lernen wollen) übernehmen die Rollen der Teammitglieder. Dabei wissen die Repräsentanten normalerweise weder, worum es geht, noch wen sie repräsentieren – daher ist auch die persönliche Interpretation einer Rolle nahezu ausgeschlossen. Der Klient gewinnt durch diese «Aussenansicht» neue Einsichten ins System und erkennt, was zu einer Lösung beitragen kann. «Mit der Strukturaufstellung wird das vielfältige Wirkungsgefüge sicht- und fassbar gemacht. Und das funktioniert auch über die Hierarchiestufen hinaus.» Allerdings, so schränkt Elisabeth Vogel ein, müsse bei einer Aufstellung mit Betroffenen mehrerer Hierarchieebenen ein Grundvertrauen vorhanden und alle Parteien bereit sein, mit dieser Methode zu arbeiten.

«Weil Organisationsaufstellung so vielfältige Anwendungsbereiche hat, kann das Verfahren durchaus auch innerhalb anderer Verfahren, etwa einer Mediation, angewendet werden – um den Parteien zu verdeutlichen, wie sie zueinander stehen, um mit den tieferen Beweggründen der eigenen und anderen Seite in Kontakt zu kommen, um (auch verdeckte) Hindernisse und Blockaden aufzulösen oder um eine gute Entscheidung über verschiedene Handlungsoptionen zu treffen», sagt Elisabeth Vogel.

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