Macht Arbeitgeber attraktiver: Corporate Purpose

Ein Unternehmen muss heute einerseits Profit erzielen, dies aber auf nachhaltige Art und Weise. Ein zukunftsfähiger Corporate Purpose ist deshalb ökonomisch, ökologisch und sozial relevant. Er steht für die Identität eines Unternehmens und kann die Arbeitgeber-Attraktivität massgeblich erhöhen.

Ein Purpose ist der Daseinssinn, das grosse Warum eines Unternehmens, seine Bestimmung, die Philosophie hinter dem Geschäftsmodell, der sinnstiftende Wesenskern, die Leitmaxime. Er drückt aus, weshalb ein Anbieter existiert und was er durch das Handeln der Mitarbeitenden in die Welt bringen will.

Er definiert die «höchste zukünftige Möglichkeit einer Organisation», würde der durch seine «Theorie U» bekanntgewordene Systemforscher und MIT-Professor Otto Scharmer wohl dazu sagen. Der Purpose ist ethisch wertvoll und impliziert einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil – sowohl bei den Mitarbeitenden als auch auf der Kundenseite.

Er sagt den Menschen, was das Unternehmen ökonomisch, ökologisch und sozial für sie tun will und kann, um ihr Leben besser zu machen. Passend zum jeweiligen Geschäftszweck und eingebettet in ein sich zunehmend technologisches Umfeld geht es idealerweise auch darum, gesellschaftliche Herausforderungen zu lösen.

Bekenntnis zu Mensch und Umwelt

Die Ära von Wachstum auf Teufel komm raus und Maximalrenditen um jeden Preis ist vorbei. Denn Tatsache ist: Das tradierte Wirtschaftssystem bedroht die Lebensgrundlage unseres Heimatplaneten. Zukunftsfähige Unternehmen entwickeln sich zu vernetzten Organismen, die nachweislich auch Verantwortung für das Gemeinwohl tragen.

Hohle Phrasen und leere Versprechen genügen nicht mehr. Der Zeitgeist ist grüner geworden und will endlich Taten sehen. Ein glaubwürdiges soziales Engagement und ein ernsthaftes Hinterfragen, wie das Unternehmen mit den Menschen und der Welt umgeht wird zum neuen Trend. Als «Corporate Purpose»-Bekenntnis erhält dieser Trend nun Gestalt.

«Alter Wein in neuen Schläuchen», tönen die Bewahrer und Boykottierer. Herrje! Das Neue am neuen nicht mal zu erkennen, ist besonders gefährlich. Zum einen hat ein Corporate Purpose mit herkömmlichen Leitbildern praktisch nichts mehr zu tun. Zum anderen führt ein aufrichtig gelebter Purpose vom Mindset des alten Wirtschaftens weg.

Hauptaufgabe der Unternehmen

Jedes Unternehmertum muss heute mit folgenden Fragen beginnen:

  • Welche Auswirkungen hat unser Wirtschaften auf Gesellschaft und Umwelt?
  • Welchen Beitrag leisten unsere Lösungen für eine lebenswerte Zukunft?
  • Wie schaffen wir einen Heimathafen für unsere Mitarbeitenden?
  • Wie schaffen wir einen Sehnsuchtsort für unsere Kunden?

Insofern sind gesamthaft drei Ebenen zu betrachten:

  • der Purpose für die Organisation als Ganzes (Corporate Purpose)
  • der Purpose der Marken/Produkte für die Kunden (Brand Purpose)
  • der Purpose für die Mitarbeitenden (Employee Purpose)

«Purposeful Organisations» können sowohl eine zahlungsbereite Klientel als auch Top-Talente leicht gewinnen und halten. Sie werden von der Gesellschaft geschätzt und erlangen den Zuspruch der Medien. Sie sind in der Lage, eine Gefolgschaft von Anhängern um sich zu scharen, die zu viel beachteten Botschaftern werden.

Die alten Leitbilder: selbstverliebt, egozentriert, oft verlogen

Der Corporate Purpose als Sinn und Zweck des Unternehmens ist also nicht vergleichbar mit den Leitbildern (oder auch «Visionen») von früher. Der Zweck eines Unternehmens ist nämlich nach aussen, klassische Leitbilder hingegen sind nach innen gerichtet.

In aller Regel zelebrieren klassische Leitbilder den Traum von eigener Grösse und Herrlichkeit: Wir sind global führend. Oder: Wir sind der Technologievorreiter unserer Branche. Solche Leitbilder und die damit verbundenen Aussagen sind nicht nur egozentriert, das ganz besondere eines Unternehmens kommt gar nicht durch. Vielmehr rieselt es Plattitüden (Wir sind kundenorientiert.), Selbstverständlichkeiten (Wir sind zuverlässig.) und Phrasen (Wir beziehen unsere Stärke aus unseren Mitarbeitenden.). Das berührt nicht. Es inspiriert nicht. Und verinnerlicht wird es schon gar nicht.

Was dazu auf der Websites oder in aufgehübschten Imagebroschüren steht, ist Kommunikationsprosa für die Öffentlichkeit, an die intern sowieso niemand glaubt. Denn gerade die Leitenden agieren sehr oft leider nicht nach Leitbild und Werten. Ist zudem das Kernziel eines Unternehmens an Vorherrschaft und Profitmaximierung gekoppelt, kann das in äusserst zweifelhafte Richtungen führen.

Von innen nach aussen gerichtet

Ein Corporate Purpose drückt aus, weshalb ein Unternehmen existiert und was es in die Welt bringen will. So versteht sich Google nicht als grösster Suchmaschinenbetreiber, sondern «organisiert die Informationen der Welt». Amazon will nicht das Kaufportal Nummer eins sein, sondern «die höchste Kundenzufriedenheit der Welt» erreichen. Tesla «treibt den Übergang zu nachhaltiger Energie voran»., der Onlinehändler Zappos propagiert: «Deliver happiness and not just shoes.»

An solchen Formulierungen erkennt man: Es geht nicht selbstfokussiert darum, wer ein Anbieter ist und was er kann, sondern was er bewirken will. All diese Statements sind zudem «gross» und «breit» gedacht. Sie schaffen Raum für Ausdehnung und (globales) Wachstum. Guter Profit ist dann das Ergebnis.

Besteht der Purpose zudem darin, ein drängendes Problem der Menschen zu lösen und damit die Welt an einer kleinen Stelle besser zu machen, dann kann etwas wirklich Grandioses gelingen. Wer nämlich an einer grossen Sache mitwirken kann, legt sich ganz anders ins Zeug als jemand, der sich als Erfüllungsgehilfe für die Ego-Ziele anderer sieht.

Wie man eine wirkungsvolle Purpose-Maxime entwickelt

Mit folgenden Fragen kann man sich einer passenden Purpose-Maxime nähern:

  • Was ist oder war am Anfang die Existenzberechtigung unserer Firma?
  • Was können wir besonders gut und tun wir leidenschaftlich gern?
  • Für welche Überzeugungen stehen wir ein?
  • Welche Probleme dieser Welt lösen wir?
  • Welche Werte schaffen wir für unsere Kunden?
  • Mit welchem Leitthema können wir Top-Talente für uns gewinnen?
  • Was gibt uns Entwicklungsspielraum in zukünftige Richtungen?

Steht der Purpose fest, kann er für alle unternehmerischen Entscheidungen als Filter dienen. Er zeigt dem Kader sowie den Mitarbeitenden, Kunden und Partnern,

  • welche Rahmenbedingungen adäquat sind – und welche nicht,
  • welche Art Vorgehen zu initiieren ist – und welches nicht,
  • welche «Typen» an Mitarbeitenden man haben will – und welche nicht,
  • welche Partner eine Bereicherung sind – und welche nicht,
  • für welche Kunden man tätig sein will – und für welche nicht.

Vor allem dort, wo die Selbstorganisation Einzug hält, ist ein glasklares Statement zu Sinn und Zweck überaus wichtig. Ist das Warum einer Organisation im Kern definiert, gibt dies wie ein Leitstern die nötige Orientierung

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Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Vom Business-Netzwerk LinkedIn wurde sie zur Top-Voice 2017 gekürt. www.anneschueller.de

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