Mentoring fördert den internen Wissens- und Potenzialtransfer
Mentoring ist ein Instrument, um bisher unentdeckte interne Talente zu erkennen und zu (be)fördern. Das soziale Kapital der Teilnehmer wird vergrössert, was letztlich auch die Mitarbeiterbindung erhöht.
Mentoren sind keine neue Erfindung: Schon immer gab es erfahrene Berater (Mentoren), die mit ihrem Wissen einer meist jüngeren Person (Mentee) zur Seite standen. In der griechischen Mythologie war ein Mann namens Mentor der Erzieher von Odysseus’ Sohn. Als Personalentwicklungsinstrument kann Mentoring den Wissenstransfer zwischen Erfahrenen und weniger Erfahrenen fördern sowie auf Talente aufmerksam machen.
Vor drei Jahren hat die Raiffeisen Schweiz ihr Mentoringprogramm gestartet. Was als Pilotprojekt begann, hat sich inzwischen zu einem wichtigen Bestandteil der Unternehmenskultur entwickelt. Ausschlaggebend für die Einführung des Mentoringprogramms war vor allem ein Ziel: Man wollte frühzeitig Massnahmen zur Sicherung der zukünftig benötigten Personalkapazitäten treffen. Verantwortlich für das 2007 eingeführte Pilotprojekt war die eigens für Diversityfragen gegründete Fachstelle, die sich für die Chancengleichheit von Mann und Frau, von Menschen mit Behinderungen, verschiedenen Altersstufen und Nationalitäten einsetzte.
Keine reine Frauenförderung mehr
Ein reines Frauenförderungsprojekt ist das Mentoringprogramm der Raiffeisen Schweiz längst nicht mehr. Seit 2008 werden auch männliche Potenzialträger aufgenommen. Der Nutzen eines Mentoringprogramms ist gemäss Christa Messner, Mitarbeiterin Corporate Social Responsibility bei Raiffeisen Schweiz, auf verschiedenen Ebenen spürbar: «Die Unternehmung profitiert von Arbeitsmarktvorteilen, einer Verbesserung des Betriebsklimas, der langfristigen Bindung von Mitarbeitenden und einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen den Hierarchieebenen und den Geschlechtern.» Mentoren und Mentees haben die Gelegenheit, aufgrund der neu geknüpften Beziehung ihre fachliche und soziale Kompetenz zu erweitern und ihr eigenes Netzwerk zu vergrössern.
Das Besondere am Mentoringprogramm der Raiffeisen Schweiz ist, dass alle Geschäftsleitungsmitglieder sich verpflichtet haben, als Mentoren zu fungieren. Die Mentees werden in einem Rekrutierungsprozess ausgewählt und den Mentoren nach Kriterien wie Alter, Erfahrung, Funktionsstufe oder Karriereziele zugeteilt. Bei den Mentees geht es zu Beginn vor allem um die Frage, ob sie Zeit investieren können und wollen, sich ein Jahr lang einzusetzen. Denn Mentoring ist zeitaufwendig: Alle zwei oder drei Wochen nimmt man sich Zeit für ein Treffen oder ein Gespräch. Der ein Jahr dauernde Mentoringprozess wird von fünf Workshops fachlich begleitet.
Internes Rekrutierungsinstrument
Die wichtigste Voraussetzung für eine gelingende Mentoringbeziehung ist die Bereitschaft, gegenseitig voneinander zu lernen. Bei Raiffeisen Schweiz gibt es Mentoren, die Mentees an ihre Sitzungen mitnehmen oder die mit ihnen gemeinsam Vorträge halten. Auch ein Mentor kann profitieren, wenn der Mentee ihm ein ehrliches Feedback auf seine Arbeit gibt. «Man erhält Feedbacks und Einblicke, die man sonst nicht bekommt», erklärt Robin Marke, Bereichsleiter Organisation & Einkauf bei Raiffeisen Schweiz und zum vierten Mal als Mentor tätig. Über das Besprochene besteht eine Vertraulichkeitsvereinbarung.
Nach drei Jahren Erfahrung beurteilt Raiffeisen Schweiz das Mentoringprogramm als Erfolg. Zwar gibt es auch Fälle, wo Mentees ihre Stelle gekündigt haben, weil sie durch das Programm Klarheit über ihre eigene Karriere erhalten haben. Doch weil auch die Zufriedenheit und die Motivation der Mentees gesteigert werden, trägt Mentoring ebenfalls dazu bei, dass Mentees der Firma eher die Treue halten. Insbesondere wenn das Programm im ersten Jahr nach der Einstellung stattfindet, wo die Fluktuationsrate am höchsten ist.
«Mentoring ist eines der günstigsten Kaderentwicklungsprogramme überhaupt, weil sich dadurch karriereinteressierte Leute zeigen», erklärt Christa Messner. Gleichzeitig steigen die Motivation und die Identifizierung mit der Unternehmung. 2010 wird das Mentoringprogramm von den Diversityverantwortlichen und der Kader- und Personalentwicklung gleichzeitig betreut. Ab 2011 wird das Projekt ganz an die Linie übergeben. Auch in Zukunft wird die Förderung der weiblichen Talente ein wichtiges Ziel bleiben. Bis 2015 will die Raiffeisen-Gruppe den Frauenanteil im Kader auf 30 Prozent steigern.