Ein Zeichen eines geglückten Veränderungsprozesses sei, «wenn es keine gefühlten Gewinner und Verlierer gibt». Gegen diese Grundregel werde aber immer wieder verstossen, so Wolbersen. Mindestens ebenso wichtig sei, dass der Change-Management-Prozess so lange aktiv umgesetzt werde, bis die Organisation wieder leistungsfähig sei. Deshalb dürfe der Veränderungsprozess im Unternehmen keine Nebentätigkeit darstellen. Ein paar Workshops mit farbenfrohen Präsentationen und die Abarbeitung einer Aktivitätenliste genügten nicht, um die Herausforderungen zu bewältigen. «Das sind Kardinalsfehler, die aber immer wieder begangen werden», bedauert Wolbersen. Stattdessen gelte es, sich auf gemeinsame Ziele und messbare Ergebnisse zu verständigen und sich auf ihr Erreichen in angemessenen Schritten zu konzentrieren. «Der Weg dahin ist individuell und vielfältig und muss rollend geplant werden.»
Dazu brauche es jedoch eine attraktive Vision der gemeinsamen Zukunft, klare Botschaften und die glaubwürdige Aufforderung, mitzugestalten und solche Fragen aktiv zu bearbeiten wie: «Was können wir als Team zum messbaren Erfolg dieses Changes beitragen? Was hat uns in der Vergangenheit behindert und was wünschen wir uns für die Zukunft?» Ein Change könne nur dann gelingen, wenn «jeder Mitarbeiter die Vorteile für sich selbst, sein Team und die Zukunft erkennen kann». Das bedeute, Kommunikation in einer Sprache, welche die Zuhörer verstehen. «Return on Investment oder Geschwätz über die Globalisierung» hätten da nichts zu suchen. Eine Einsicht, die Kropp nicht uneingeschränkt teilt: «Erfolgreiche Changes zeichnen sich dadurch aus, dass die Mitarbeitenden die Veränderung nachvollziehen können, nicht dadurch, dass sie diese gutheissen.» Anstatt die Mitarbeitenden von den Vorteilen zu überzeugen, welche die Reorganisation mit sich bringe, sollen die Unternehmensleitung und das HR den Grund für den Change transparent und klar kommunizieren.
Veränderung erfordert Adaption
«Eine Organisation, die sich nicht verändert und deren einziges Ziel es ist, ihre Stabilität zu erhalten, befindet sich im Niedergang», sagt Wolbersen. «Sie muss lernen, sich an neue Anforderungen anzupassen.» Um den Anschluss nicht zu verlieren und flexibler agieren zu können, müssten bei der Entwicklung von Organisationen das Experimentieren und Querdenken noch mehr gefördert werden. Fehler dürften nicht bestraft, sondern sollten als Lernerfahrung konsequent ausgewertet werden. Dabei helfe die Vernetzung mit anderen Unternehmen: Lernpartnerschaften und Kooperationsfähigkeit sorgten für die rechtzeitige Aufnahme von wichtigen Marktveränderungen. «Sie verschaffen Zeit, um eine Organisation sorgfältig und ohne Panik anpassen zu können.» Dabei sei jede sogenannte Krise eine Möglichkeit, die interne Organisationskultur umzugestalten und zu modernisieren.
Eine optimale Organisationsform gebe es hingegen nicht, sagen beide Experten. HR-Experte Kropp glaubt, dass «die Unternehmensstruktur sich danach ausrichten muss, ob die Arbeit erledigt werden kann, und nicht nach einem externen Organisationsmodell».
Egal, welche Organisationsform man wähle, sagt Wolbersen, ob Matrix, ein zentrales Modell oder eine andere Organisationsform: «Das Unternehmen muss den Mitarbeitenden eine klare Werteorientierung vermitteln, ihn ernst nehmen, stabile Arbeitsbeziehungen zulassen, durch eine klare Führung motivierende Ziele setzen und Fehlverhalten sanktionieren.»
HR als Change Manager
Um eine Organisation voranzubringen, brauche es ein «gut positioniertes» HR mit Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit, das an der Unternehmensvision und Positionierung mitwirke und mit eigenen Budgets Projekte umsetzen könne. Ein Wunsch, welcher der Realität nicht standhalte, obwohl alle Mitarbeitenden Perspektiven, motiverende Arbeitsbedingungen und Führungskräfte brauchten, die sie ernstnähmen. Hier könne das HR noch viel mehr tun.
Auch HR-Experte Brian Kropp betrachtet das HR im Change Management als wichtigen Erfolgsfaktor. Dieses müsse «Leistungsbarrieren» aus dem Weg räumen, Mitarbeitende auf Veränderungen vorbereiten, über die Changes informieren und deren Auswirkungen messen». Organisationen, die das nicht tun, haben es seiner Meinung nach schwer, ihre Reorganisationsziele zu erreichen. Zwar hätten rund 90 Prozent der Firmen nach einem Jahr ihre Kosten im Griff, hingegen hätten nur in 60 Prozent der Unternehmen die Mitarbeitenden ihre gesetzten Ziele erreicht.