Typische Fehler in Arbeitsverträgen
Fehlende Schriftlichkeit oder nackte Zahlen. In Arbeitsverträgen schleichen sich mehr Fehler ein, als Arbeitgebenden lieb ist. Wie das verhindert werden kann.
Illustration: Jonas Raeber.
Arbeitsverträge gehören zu den meistunterschätzten Verträgen überhaupt: Fast alle Volljährigen haben schon einen unterschrieben, im Personalwesen sind sie Dreh- und Angelpunkt. Trotzdem sind Arbeitsverträge oft ein zufälliges Produkt – zusammenkopiert aus alten Verträgen und Internetvorlagen. Dabei gehen wichtige Themen häufig vergessen, oder sind nicht auf dem aktuellen Stand der Rechtsprechung. Das ist für Arbeitgebende wie Arbeitnehmende frustrierend und im Falle eines Rechtsstreits auch eine kostspielige Angelegenheit. Eine Auswahl an ungünstigen und lückenhaften Formulierungen, die in der Praxis immer wieder auftauchen, inklusive Lösungswegen.
Schriftlichkeit – weder PDF-Unterschrift noch DocuSign
Das Obligationenrecht sieht vor, dass die Parteien des Arbeitsvertrags nur schriftlich von bestimmten gesetzlichen Regelungen abweichen dürfen. Das gilt zum Beispiel für die Wegbedingung eines Überstundenzuschlags, im Kontext von Krankentaggeldlösungen, für die Vereinbarung einer Spesenpauschale, beispielsweise bei Homeoffice-Lösungen, für Abweichungen von gesetzlichen Kündigungsfristen und für die Vereinbarung eines Konkurrenzverbots. Schriftlich bedeutet: originale Unterschriften oder zertifizierte elektronische Signaturen. Andere elektronische Unterschriften, insbesondere Adobe Sign oder DocuSign, genügen entgegen dem weit verbreiteten Glauben der Schriftlichkeitsanforderung nicht. Fehlt es an einer rechtsgültigen Unterschrift, sind solche vertragliche Vereinbarungen nichtig, das heisst gerichtlich nicht durchsetzbar. Arbeitsverträge sollten daher immer mittels originaler oder elektronisch zertifizierter Unterschrift abgeschlossen werden.
Überstunden – der Evergreen
Überstunden, das heisst Arbeitszeit, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit geleistet wird, sind entweder durch Freizeit von gleicher Dauer auszugleichen oder mit einem Zuschlag von 25 Prozent auszubezahlen. Durch schriftliche Vereinbarungen können Arbeitgebende und Arbeitnehmende grundsätzlich festhalten, dass Überstunden durch ein Basisgehalt abgegolten werden. Das macht insbesondere beim mittleren Kader und bei Führungspersonen Sinn. Fehlt eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag, sehen sich Arbeitgebende bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen oft mit substanziellen Forderungen für Überstundenarbeit konfrontiert. Entsprechend sollten sie vor Vertragsschluss sorgfältig überlegen, welche Überstundenlösung sie anbieten oder vereinbaren.
Keine nackten Zahlen
Der Lohn von Arbeitnehmenden wird kaum in einem Arbeitsvertrag vergessen – erstaunlich oft fehlt allerdings die Angabe, ob es sich beim festgeschriebenen Betrag um den Brutto- oder Nettobetrag handelt. Das kann im Nachhinein zu ärgerlichen Streitereien führen. Deshalb lohnt es sich, den Merksatz «keine nackten Zahlen im Arbeitsvertrag» zu beherzigen.
Schriftlichkeitsanforderung für Kündigung
Von Gesetzes wegen kann eine Kündigung formfrei ausgesprochen werden, das heisst, sie ist gültig, auch wenn sie beispielsweise bloss mündlich oder per Whatsapp kommuniziert wird. Aus Beweiszwecken macht es aber Sinn, eine Kündigung zu dokumentieren und sie beispielsweise per E-Mail zu versenden. Mit einer Kündigung per E-Mail können Arbeitgebende auch in Teufels Küche geraten, wenn der Arbeitsvertrag vorsieht, dass die Kündigung «schriftlich» zu erfolgen habe. Dann genügt der blosse Text in einer E-Mail der Schriftlichkeitserfordernis nicht – die entsprechende Kündigung wird nichtig. Bei einem Schriftformvorbehalt stellt sich nicht nur die Problematik der original oder elektronisch zertifizierten Unterzeichnung, hinzu kommt, dass die Unterschriften (in der Praxis sehen wir häufig Kollektivzeichnungsberechtigungen) durch Personen erfolgen müssen, die gemäss Handelsregister oder Vollmacht zur Aussprache einer Kündigung ermächtigt sind. Daher: kein Schriftformerfordernis für die Kündigung im Arbeitsvertrag festhalten.
Weisungen oder Versicherungspolicen sind keine integralen Vertragsbestandteile
Häufig liest man in Arbeitsverträgen, dass beispielsweise das Spesenreglement, das Pensionskassenreglement oder die Krankentaggeldversicherungspolice einen integralen Bestandteil des Arbeitsvertrags bilden. Da jede Änderung des Arbeitsvertrags eine Zustimmung der Arbeitnehmenden benötigt, macht das die Anpassung der jeweiligen Weisung schwerfällig oder gar unmöglich. Entsprechend sollte diese nicht zum integralen Vertragsbestandteil erklärt werden. Es kann aber ohne Weiteres im Arbeitsvertrag festgehalten werden, dass Arbeitnehmende sich an das jeweils gültige Reglement zu halten haben. Das ist stilistisch keine grosse Differenz, juristisch macht es aber einen grossen Unterschied.
Fazit
Klare Regeln schaffen Sicherheit und Vertrauen und fördern ein gesundes Arbeitsklima. Zusätzlich lassen sich dadurch Rechtsstreitigkeiten vermeiden. Es lohnt sich also, Zeit in gut durchdachte Arbeitsvertragsvorlagen zu investieren.
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