Unterschätzte Telefonate
Technische Kommunikationsmittel sind in Zeiten der Covid-19-Pandemie essenziell. Doch nicht alle haben den gleichen Effekt auf unser Wohlbefinden und Gemeinschaftsgefühl. Wann welches Kommunikationsmittel zum Erfolg führt.
In unserem Arbeitsalltag verfügen wir über eine Vielzahl technischer Kommunikationsmittel. Besonders in der aktuellen Covid-19-Situation, in der Social Distancing gefordert wird, können wir diese gut nutzen. Geschäftliche Interaktionen erfolgen meist via E-Mails, Chats oder Videokonferenzen, doch nicht jedes Kommunikationsmittel steigert unser Wohlbefinden und Gemeinschaftsgefühl gleichermassen. Das zeigt eine Studie der Universitäten Texas und Chicago.
Die beiden Forscher Kumar und Epley befragten die Studienteilnehmenden in einem Feldexperiment, wie sie sich mit einer alten Bekanntschaft bevorzugt in Verbindung setzen würden. 67 Prozent gaben an, dies am liebsten per E-Mail zu tun, da die Mehrheit aller Befragten ein Telefonat als unangenehmer empfand. Im Anschluss an die Befragung wurde ausgelost, wer sich bei der alten Bekanntschaft per E-Mail und wer sich per Telefon melden sollte.Interessanterweise spürten jene Teilnehmenden, die telefonisch Kontakt aufnahmen, eine deutlich stärkere Bindung als jene, die sich nur schriftlich austauschten. In einem zweiten Experiment im Labor sollten die Teilnehmenden mit einer fremden Person über Video, via Telefon oder textbasierte Medien kommunizieren. Die Resultate zeigten, dass die stimmbasierten Interaktionen (Telefon, Videokonferenz) zu stärkeren sozialen Banden führten und verglichen mit den textbasierten (E-Mail, Chat) kein erhöhtes Unwohlseins zur Folge hatten.
In einer letzten Studie fragten Kumar und Epley die Teilnehmenden, welche Erwartungen sie an eine Kontaktaufnahme mit einer alten Bekanntschaft per Telefon respektive E-Mail knüpfen. Anschliessend wollten die beiden Forscher noch wissen, inwieweit diese Erwartungen das Verhalten der Studienteilnehmenden beeinflusst hat. Die Resultate zeigten: Je eher die Studienteilnehmenden erwarteten, sich bei der Kontaktaufnahme per Telefon respektive E-Mail unwohl zu fühlen, desto wahrscheinlicher war es, dass sie dieses Kommunikationsmittel vermieden.
Zusammengefasst deuten die Studienergebnisse darauf hin, dass unsere Erwartungen ein wesentlicher Treiber bei der Wahl unserer Kommunikationsmittel sind. Viele Beschäftigte unterschätzen somit den positiven Effekt stimmbasierter Interaktionen. Die Sorge vor möglichen unangenehmen Situationen führt dazu, dass sie potenziell sinnvolle Telefon- oder Videogespräche vermeiden und auf E-Mails oder Chats ausweichen. Einander zu hören, kann das Wohlbefinden und Gemeinschaftsgefühl jedoch steigern und das Gefühl der sozialen Isolation lindern.