Trennungsmanagement und Outplacement

«Viele Chefs haben Angst, zum Bad Guy zu werden»

Laurenz Andrzejewski, Trennungsexperte und Buchautor, wird wegen seines Engagements rund ums Thema mitunter auch «Deutschlands Trennungspapst» genannt.

Herr Andrzejewski, wo stehen die Schweizer Firmen im Trennungsmanagement?

Laurenz Andrzejewski: In den 90er-Jahren war die Schweiz Deutschland deutlich voraus bezüglich Trennungsinstrumentarium und Outplacement. Inzwischen liegen die beiden Länder wieder etwa gleichauf: Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland geht es darum, beim Trennungsmanagement ganzheitlich zu denken. Da ist noch viel 
Entwicklungsbedarf.

Inwiefern?

Es herrscht vielerorts Unverständnis, auch Arroganz im Stil von «Eine Entlassung mache ich mit links». Die Unternehmen sollten endlich kapieren, dass das professionelle und faire Entlassen – genauso wie das Recruiting oder die Personalentwicklung – zur Ausbildung gehört. Sowohl für die Führungskräfte als auch fürs HR. Viele verstehen noch immer nicht, welche Rückwirkungen eine Trennung auf Bindung und Motivation innerhalb des Teams hat.

Ein Trennungsgespräch ist etwas vom Schwierigsten. Warum? 

Weil es um einen Menschen geht. Er sitzt mir gegenüber, schaut mir in die Augen. Ich muss einen Satz über meine Zunge bringen. Doch selbst erfahrene Führungskräfte merken in diesem Moment plötzlich: Ich habe 
einen Knoten in der Zunge. Viele von ihnen überschätzen sich und sollten diese Sätze vor dem Kündigungsgespräch üben.

Welches sind weitere Gründe, warum sich viele so schwertun mit dem Kündigungsgespräch?

Niemand überbringt gern schlechte Nachrichten. Man will dem Gegenüber nicht weh tun, seine Lebenspläne durchkreuzen. Viele Chefs haben auch Angst, ihr Image zu beschädigen, zum Bad Guy zu werden. Waren sie doch bisher jene, die die Mitarbeiter gefördert haben. Sie befürchten, dass ihr Gegenüber denkt oder sagt: «Das habe ich von Ihnen nicht erwartet, das ist also Ihr wahres Gesicht.»

Sind HR-Leute mit der Thematik grundsätzlich weniger überfordert?

HR-Leute müssen und dürfen sich von Amts wegen mit der Thematik befassen, im Gegensatz zu Führungskräften. Ich habe einen Tipp und eine Bitte: HR-Kollegen sind gut beraten, wenn sie sich mit den Mitarbeitern im Sinne von Kunden auseinandersetzen. Sie sollten sich mit Verkaufsprozessen beschäftigen. Denn bei der Kündigung geht es ja darum, dem Gegenüber etwas zu verkaufen, was dieses überhaupt nicht haben will: die Idee, sich zu verabschieden. HR-Kollegen dürfen sich dabei nicht aus der Verantwortung 
stehlen.

Und die Bitte?

Leider passiert es immer noch, dass sich HR-Leute bei Trennungsprozessen von Führungskräften drängen lassen: Entsorgen Sie mir die bitte, aber hau ruck, von Donnerstag auf Freitag! Meine Bitte ist, lasst das nicht mit euch machen. Ihr habt eine Verantwortung für die Menschen. Für die, die gehen müssen, für die, die noch da sind, für die Chefs, damit ihre Glaubwürdigkeit nicht beschädigt wird. Trennungsbotschaften adressieren Grundängste, etwa seine Familie nicht mehr ernähren zu können und unter der Brücke zu landen. Wenn HR-Leute hier helfen, wenn sie sich die Zeit nehmen, die Leute zu unterstützen, aus der Opferrolle herauszufinden, dann erhalten sie manchmal im Nachhinein die Rückmeldung: «Es war zwar beschissen, aber ihr habt es wenigstens anständig gemacht.»

Sie plädieren für den Begriff Newplacement statt Outplacement. Warum?

Ein Mitarbeiter, der mit dem Begriff Outplacement nicht vertraut ist, deutet das «Out» häufig als «weg vom Fenster». Es haben deshalb auch schon Leute zu heulen angefangen, als ihnen ein Outplacement offeriert wurde. Wir sagen immer: Das «Out» macht die entlassende Firma, die Beratungsgesellschaft kommt ins Spiel, um etwas Neues zu erarbeiten. 
Darum nennen wir es lieber Newplacement.

Wie entwickelt sich das Trennungsmanagement in den nächsten Jahren?

Trennung ist für die meisten Manager immer noch ein Unfall. Hier braucht es ein Umdenken. Die Firmenchefs müssen begreifen, dass es beim Trennungsmanagement um eine kontinuierliche Managementaufgabe geht – und das HR und die Führungskräfte professionell auf diese Aufgabe vorbereiten.

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Franziska Meier ist Redaktorin und Produzentin mit langjähriger Erfahrung im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich. Als Chefredaktorin des Magazins «fit im job» sowie als Fachredaktorin der Zeitschrift «HR Today» hat sie sich auf das Thema «Mensch, Arbeit & Gesundheit» spezialisiert. Zu ihren journalistischen Schwerpunkten gehören insbesondere Persönlichkeitsentwicklung, Coaching, Stressprävention und betriebliches Gesundheitsmanagement. Achtsamkeit praktiziert sie manchmal im Schneidersitz, öfter jedoch auf ihren Spaziergängen rund um den Türlersee.

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