Fokus Forschung

Vom Fairplay im Talentmanagement

Die positiven Effekte von Talentmanagement-Massnahmen werden kaum in Frage gestellt. Doch welche Effekte hat das Talentmanagement auf die Nicht-Nominierten? Diese Frage wurde bisher in der Forschung kaum untersucht. Jetzt haben sich belgische Forscher mit dem Thema befasst.

Talentmanagement wird in vielen Unternehmen als die Lösung für die heutigen Herausforderungen im Human Resources Management gesehen. Es soll dabei helfen, die Nachfolgeplanung sicherzustellen und talentierte Mitarbeitende zu fördern und zu halten. Dabei wird eine kleine Gruppe von Leistungsträgerinnen und Leistungsträgern als Talente nominiert und in ihrer Karriereentwicklung im Unternehmen unterstützt. Bei einer solchen Mitarbeiterdifferenzierung bleibt aber ein Teil der Belegschaft von diesem Unterstützungsprogramm ausgeschlossen. Welche Effekte das Talentmanagement auf die Nicht-Nominierten hat und welche Massnahmen den negativen Auswirkungen vorbeugen, wurde in der Forschung bisher kaum untersucht.

Jolyn Gelens und ihre Kollegen von den belgischen Universitäten Brüssel und KU Leuven haben nun erforscht, ob die wahrgenommene Gerechtigkeit bei der Auswahl der Talente die Effekte des Talentmanagements beeinflusst. Dazu haben sie in einer internationalen Firma 128 Talente und 75 Mitarbeitende, die nicht als Talente nominiert wurden, befragt.

Die Resultate zeigen, dass die nicht nominierten Mitarbeitenden, im Vergleich zu den Talenten, die Ergebnisse des Talentmanagements generell als weniger fair empfinden als die ­nominierten Talente. Zusätzlich wurde aber auch gezeigt, dass die Beurteilung des Talent-Auswahlverfahrens eine wichtige Rolle spielt: etwa wenn Entscheidungskriterien konsistent eingesetzt und Mitarbeitende in den Prozess involviert werden. Wird der Ablauf des Talent-Auswahlverfahrens als fair wahrgenommen, strengen sich auch diejenigen bei der Arbeit mehr an, die eine eher negative Wahrnehmung vom Nominierungsergebnis haben.

Die Ergebnisse deuten also darauf hin, dass nicht nur Talente sondern auch nicht nominierte Mitarbeitende vom Talentmanagement beeinflusst werden. Im Vergleich zu Talenten werden sie möglicherweise das Ergebnis der Nominierung als weniger fair empfinden. Da ein als fair beurteiltes Talent-Auswahlverfahren jedoch die negativen Effekte abzuschwächen scheint, können Unternehmen den negativen Effekten entgegenwirken. Eine faire Ausgestaltung des Talent-Auswahlverfahrens kann zum Beispiel durch die Offenlegung des Entscheidungsprozesses, den Einbezug von Mitarbeitenden und die offene Kommunikation über die Kriterien für die Nominierung erreicht werden. 

  • Quelle: Gelens, J., Hofmans, J., Dries, N. und Pepermans, R. (2014), Talent management and organisational justice: employee reactions to high potential identification. Human Resource Management Journal, 24(2), S. 159–175.
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Anna Sender

Dr. Anna Sender ist Dozentin und Forscherin an der Hochschule Luzern und Universität Luzern. Sie leitet das Projekt «Talent Recipe», das sich mit der Talent-Identifikation und -Kommunikation befasst. Sie ist zudem Vorstandsmitglied der Zürcher Gesellschaft für Personalmanagement (ZGP).

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