In Ihrem Buch geht es darum, sich selbst und seine Bedürfnisse kennenzulernen. Wie erhalte ich Klarheit über die eigenen Wünsche und Ziele?
Natürlich muss nicht jeder eine solche Reise machen, um sich selbst kennenzulernen. Wer sich selbst näherkommen möchte, braucht eine äussere Ruhe. Dies kann durch tägliche Meditation, Spaziergänge in der Natur ohne Ablenkung wie Musik, ein Schweige-Retreat oder auch eine längere Wanderung erreicht werden. Alle Wünsche und Bedürfnisse sind in uns verankert. Es braucht lediglich Ruhe, um diese zu spüren, aufkommen zu lassen. Wenn im «Aussen» Ruhe herrscht, erhält das Innere einen wundervollen Klang.
«Überleben» ohne Freunde, Kaffee, Zucker, soziale Medien und sanitäre Anlagen. Was haben Sie am meisten vermisst?
Spannenderweise habe ich mich sehr schnell an die Gegebenheiten vor Ort angepasst und gewöhnt. Ich hatte es mir schwerer vorgestellt, auf den gewohnten Luxus zu verzichten. Was mir wirklich sehr gefehlt hat war, das Erlebte mit meinem engsten Umfeld zu teilen. Ich führte Selbstgespräche und erzählte gedanklich meinen Freunden von meinen Erkenntnissen. Um später ja nichts zu vergessen, führte ich Tagebuch.
Und worüber ich heute sehr dankbar bin, ist die Erfindung der Toilette. Wer im Busch Magendarm-Probleme hat weiss, wie wertvoll es ist, sich auf der flauschigen Badezimmermatte niederlassen zu dürfen, um auf die nächste Welle zu warten.
Und was hat Ihnen gar nicht gefehlt?
Der tägliche Luxus wie Wasser aus der Leitung, Strom, ein Bett, drei Mahlzeiten. Das hat mich sehr überrascht. Wahrscheinlich sagt man deshalb: Der Mensch ist das anpassungsfähigste Wesen auf diesem Planeten. Diese Erfahrung hat mich sehr sensibel im Umgang mit den natürlichen Ressourcen gemacht.
Was hat bei Ihnen den grössten Eindruck hinterlassen?
Die Fürsorge, Wärme und Verantwortung, die ein wildfremdes Volk mir entgegenbrachte, hat mich sehr berührt. Ich gehöre als Familienmitglied zum Stamm dazu. 1-2 Mal pro Jahr reise ich dorthin, um wieder «back to earth» zu kommen.
Sie haben auf Ihrer Reise das «Rad des Lebens» entworfen. Können Sie uns dieses kurz erläutern?
Ich stellte mir im Busch die Frage: Was ist wirklich wichtig im Leben? Dann habe ich eine Top-8 Liste erstellt und diese «das Rad des Lebens» genannt. Alles greift ineinander, jedes Rad ist von den anderen Rädern abhängig. Dreht sich ein Rad nicht oder zu wenig, hat dies Auswirkungen auf alle anderen Lebensbereiche.
Die 8 Lebensbereiche lauten: Gesundheit, Beziehungen aller Art, Beruf, Finanzen, soziales Engagement, Freizeitaktivitäten, Spiritualität, und Berufung. Dieses Rad des Lebens erarbeite ich auch in meinen Einzelcoachings.
Was können Sie den Lesern mit auf ihren persönlichen Weg geben?
Es ist nicht immer das, wonach wir streben, was uns glücklich macht. Unsere materiellen Wünsche überlagern häufig, was wirklich wichtig wäre. Am Ende geht es (wenn die Basisbedürfnisse gedeckt sind) darum, welche Freunde wir haben, wie stark wir uns aufeinander verlassen können, wie wir angenommen, wahrgenommen werden und dass wir uns, in uns selbst, sicher und geborgen fühlen. Dazu eine erfüllende, sinnstiftende Aufgabe, sich selbst ein Stück weit verwirklichen zu dürfen und schöne Spuren in der Welt hinterlassen zu können.
Buchtipp
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Tatjana Strobel: Was bleibt, wenn alles anders ist? Was ich am anderen Ende der Welt über mich selbst gelernt habe, mvg, 2018, 224 Seiten.