Serie Business-Knigge 4: Arabien und Golfstaaten

«Wer nicht feilscht, hat bereits verloren»

In den durch den Islam geprägten Golfstaaten wird Frauen nicht die Hand gereicht und Feilschen gehört einfach dazu. Welche Regeln für erfolgreiche Geschäfte ebenfalls wichtig sind, zeigt der vierte Teil der Business-Knigge-Serie.

Die Gesellschaften Arabiens sind durch den Islam geprägt. Dieser ist nicht nur Religion, sondern auch Gesellschaftsform. Wer sich an die damit einhergehenden Regeln hält, dem stehen alle Türen offen – das gilt auch für Frauen. 
So wie wir von unseren muslimischen Mitbürgern fordern, dass sie unsere Gesetze befolgen, so sollten auch wir uns an die Gegebenheiten in muslimisch geprägten Ländern halten.

Die Rechtsprechung in den Golfstaaten orientiert sich an der islamischen Scharia. Danach sind Homosexualität und ausserehelicher Sex illegal und strafbar; ebenso wie Gotteslästerung. Es ist auf keinen Fall empfehlenswert, in diesen Ländern den Missionar spielen zu wollen. Gelingen wird dies sowieso nicht. Deshalb verzichten Sie in einem Restaurant lieber auf Wein, wenn Sie nicht wissen, ob ein strenger Muslim mit Ihnen am selben Tisch sitzt. Sie sollten auch nicht versuchen, sich als militanter Nichtraucher zu outen. Eine private Einladung zur abendlichen Wasserpfeife gilt als grosse Ehre, die man deshalb nicht ausschlagen sollte. 


Die Rolle der Frau in arabisch-islamischen Ländern entspricht nicht den Vorstellungen der westlichen Welt. Die bestehenden Verhältnisse auf den Kopf stellen: Daran sind bisher alle Frauenrechtlerinnen gescheitert. Dazu gilt es festzuhalten, dass es bezüglich Frauenrechten grosse Unterscheide zwischen den einzelnen Staaten gibt. Während Frauen in Saudi-Arabien nie als Geschäftspartner auftreten, sind sie zum Beispiel in Dubai voll akzeptiert – solange sie züchtig gekleidet sind.

Unterschiedliche Wertesysteme, Verhaltensweisen, zum Beispiel bei der Entscheidungsfindung, aber auch bezüglich Kommunikationsformen können zu gegenseitigen Irritationen und Missverständnissen führen. 
Als ein Schweizer Geschäftsmann sich für ein Treffen mit einem einflussreichen Kunden nach Saudi Arabien begibt, wird ihm dort beschieden, dass dieser keine Zeit für ihn habe, da er gerade einen anderen wichtigen Termin wahrnehme. Der Schweizer ist vor den Kopf gestossen, irritiert und fliegt unverrichteter Dinge in die Heimat zurück.

Wie kam es zu dieser Situation? In der Kommunikation im Vorfeld des Besuches entstanden beim Saudi Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vorhabens des Schweizers. In seinen Mails hatte der Schweizer seinen Willen, sich auf den arabischen Partner einzulassen, zu wenig unterstrichen. Der interkulturelle Vermittler tritt auf den Plan und erreicht in Verhandlungen mit den beiden Parteien, dass das Treffen einen Monat später dann doch noch stattfinden kann.

Hier einige Tipps und Hintergründe über die Arbeit und Verhandlungen in der arabischen Wirtschaft:


Verhandlungen

  • Verhandlungen im arabischen Kulturraum werden zelebriert. Generell gilt: Behutsamkeit führt eher zum Ziel als forsches Draufgängertum.
  • Wer nicht feilscht, hat bereits verloren, denn er wird nicht ernst genommen. Legen Sie eine preisliche Bandbreite fest und zeigen Sie sich flexibel.
  • Als ausländische Frau gelten Sie im Nahen Osten, je nach Land, in dem Sie sich befinden, als ebenbürtige Verhandlungspartnerin.
  • Gegenüber einer Frau gilt es als Zeichen des Respekts, wenn ein Mann ihr nicht die Hand zum Gruss reicht. Menschen gleichen Geschlechts sieht man auf den Strassen immer wieder Hand in Hand gehen. Das ist nichts Aussergewöhnliches und hat nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun.
  • Respektieren sie die Hierarchien. Anciennität ist ein Gebot.


Kommunikation und Zusammenarbeit

  • Loyales Verhalten im Umgang mit arabischen Geschäftsleuten kann nicht hoch genug bewertet werden. Wer sich abfällig und undifferenziert über seine Partner am Golf äussert, kann seine Geschäfte dort vergessen.
  • Die Bahn der Sonne und Gebetszeiten bestimmen seit Jahrtausenden den Tagesablauf in der Wüste. Eine Uhr braucht es dazu nicht. Pünktlichkeit auf die Minute ist in Arabien deshalb keine Tugend. Vielmehr ist es der Inhalt der Begegnung, der zählt.
  • Der Kommunikationsstil in der arabischen Welt kann auf Ausländer vage und verwirrend wirken.
  • Mit dem Finger auf eine Person zu deuten, kann als Angriff missverstanden werden.
  • In Gesprächen ist Schweigen Teil der Unterhaltung, respektieren Sie Pausen. Es muss nicht immer geredet werden. Ihre Gesprächspartner nehmen sich Zeit, Sie kennenzulernen.

So unterschiedlich die Länder sind: Wer sich auf Geschäfte mit Partnern in muslimisch geprägten Ländern einlässt, kann reich belohnt werden. Schweizer Qualität und Zuverlässigkeit geniessen nicht nur in den Golfstaaten einen hervorragenden Ruf. Das Handelsvolumen zwischen der Schweiz und den arabischen Ländern am Golf ist in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen und hat sich vervielfacht. Mit dem Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und den Mitgliedstaaten des arabischen Golfkooperationsrates (Cooperation Council for the Arab States of the Gulf – GCC), das im letzten Jahr in Kraft getreten ist, hat sich die wirtschaftliche Zusammenarbeit noch einmal intensiviert.

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Waseem Hussain ist CEO der Marwas AG (www.marwas.ch) in Zürich. Er ist seit 16 Jahren interkultureller Trainer. Seine Mitarbeiterschulungen beanspruchen KMU sowie globale Finanz-, Industrie- und Dienstleistungsunternehmen in der Schweiz und in Europa. Zudem ist er Gastdozent an diversen Hochschulen und Keynote-Speaker.

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