Gewinnung Talentmanagement

Wie die Swisscom 
Talente identifiziert

Swisscom will mit innovativen Instrumenten die Herzen von talentierten Mitarbeitenden gewinnen. Silja Roth und Petra Ewald sind beim Telekom-Riesen gemeinsam für 
die Talentförderung verantwortlich. Für sie ist klar: Die direkten Vorgesetzten sind die 
wichtigsten Player im Talentmanagement.

«Ein Talent zeigt unseres Erachtens überdurchschnittliche Leistung und Potenzial und hat Ambitionen, sich selbst und das Unternehmen weiterzubringen. Es bringt seine Kompetenzen eigeninitiativ, wirksam und zielgerichtet für das Unternehmen ein und differenziert sich damit von den Kollegen.

Wir fokussieren bei der Gewinnung der Talente klar auf den internen Arbeitsmarkt. Mit unserer ‹Internal Strategic Recruiting Initiative› haben wir die Rahmenbedingungen dafür geschaffen, dass wir die meisten Vakanzen mit internen Kandidaten besetzen können. Die enge Zusammenarbeit zwischen 
Recruiting und Development ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Natürlich wollen wir auch künftig ganz gezielt externe Talente gewinnen. Deshalb knüpft der Bereich Recruiting schon heute Kontakte mit denjenigen, die wir in zwei bis drei Jahren gewinnen wollen – und pflegt diese Beziehungen auch.

Bei der Auswahl unserer Talente betrachten wir neben Leistung und Potenzial auch die strategische unternehmerische Relevanz. Uns ist es wichtig zu wissen, ob das Talent die notwendigen Kompetenzen zur langfristigen Übernahme erfolgskritischer Funktionen mitbringt. Durch die Steigerung der internen Besetzungsrate auf Schlüsselfunktionen zahlen sich diese Investitionen aus.

Die Talentmanagerin: Petra Ewald (49)

ist ‹Head Talentmanagement› bei Swisscom, wo sie die Konzeption und Durchführung von Management Development- und Talentförderungsprogrammen verantwortet. Sie hat an der HSG Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Personalmanagement studiert und verfügt über  langjährige 
Erfahrung im Personalbereich.

Die Talentmanagerin: Silja Roth (28)

ist ‹Senior Expert Talentmanagement›. Nach ihrem Studienabschluss als Diplom-
Sozialpädagogin leitete sie die Öffentlichkeits- und Kulturarbeit einer städtischen sozialen Einrichtung. Nach einem Zweitstudium zur Handelslehrerin kam sie zu Swisscom, wo sie verschiedene Funktionen in der Personalentwicklung wahrnahm.

Identifizierung: Nicht ans HR delegierbar

Heute ist das Thema Talentmanagement explizit in unserer Unternehmensstrategie verankert. Das verschafft Legitimation auf Konzernleitungsebene und hohe Aufmerksamkeit im ganzen Unternehmen. Letztere ist unabdingbar, da unsere Angebote stark auf das Engagement der Führungskräfte bauen und einen starken Business-Bezug haben. Talente aus 
allen Funktions- und Managementstufen sollen 
horizontale, vertikale und transversale Entwicklungsperspektiven sehen und sich somit langfristig binden lassen.  Durch die explizite Verankerung in der Strategie findet sich das Talentmanagement auch als strategisches Handlungsfeld in der Balanced Scorecard wieder. Es ist ein strategisches Fokusthema auf unserer HR-Roadmap und grundsätzlich Aufgabe der HR-Abteilung. Die Identifizierung der Talente aber ist eine der wichtigsten Führungsaufgaben und kann nicht an das HR delegiert werden.

Die direkten Vorgesetzten sind die wichtigsten Player im Talentmanagement. Wir bauen auf deren Leistungs- und Potenzialeinschätzung, um unsere Talente zu erkennen. Diese Beurteilung wird durch weitere Führungskräfte kritisch hinterfragt und dadurch breit abgestützt. In einem weiteren Schritt gleichen wir die so identifizierten Potentialträger mit den Unternehmensinteressen ab. Um herauszufinden, ob sie sich beispielsweise für die Nachfolgeplanung oder für die Teilnahme an internen Förderungsprogrammen eignen.

Wir setzen bei der Evaluation unserer Talente ausdrücklich nicht auf Assessments, sondern auf die jährlich über die gesamte Unternehmung durchgeführten Kalibrierungsrunden der Management Teams. So erhalten wir eine am Businessalltag orientierte und über eine relevante Zeitspanne validierte Beurteilung von Leistung und Potenzial. Um aber abschliessend zu prüfen, ob das Programm, die Motivation und das Engagement der nominierten Kandidaten passen, führen wir in der Validierungsphase unter anderem noch Interviews durch.

Die Wirkung des Talentmanagements ist nicht immer bis auf den letzten Franken messbar. Durch die enge Verzahnung mit dem Recruiting lassen sich aber trotzdem Kennzahlen wie die interne Besetzungsrate von erfolgskritischen Funktionen aus dem Talentpool oder die Fluktuationsrate von Mitgliedern des Talentpools ausweisen. Mit diesen 
können wir den Wertbeitrag von Talent-management-Massnahmen dann doch transparent machen.

Bei Swisscom haben wir das Performance Management der Mitarbeitenden bewusst in den ‹Winterzyklus zur Leistungsbeurteilung und Zielvereinbarung› und den ‹Sommerzyklus zur Potenzialeinschätzung und Entwicklungsplanung› aufgeteilt. Ziel ist, dem Thema Entwicklung mehr Raum zu geben. Wer in den Kalibrierungsrunden nicht als Talent identifiziert wird, dem stehen trotz allem vielfältige interne Entwicklungsmassnahmen offen.  So erweisen sich in diesen Fällen meist Massnahmen ‹on the Job› als erfolgsversprechend und motivierend.

Anforderungen an Personalkörper

Der Fachkräftemangel im ICT-Bereich beeinflusst auch uns stark. Daher setzen wir unseren Fokus im Talentmanagement auf die Entwicklung und Bindung interner Talente. Auch um künftigen strategischen, unternehmensrelevanten Anforderungen gerecht werden zu können. So bauen wir spezifische Pools für Fachexperten auf, damit wir marktunabhängiger unseren internen Bedarf in diesen Bereichen decken können. Wir stimmen unsere Angebote darauf ab, im Sinne der strategischen Anforderungen an den Personalkörper der Zukunft (Diversity, Altersstruktur, Skillsreadiness etc.).

Bedeutung des sozialen Umfeldes

Bei der Nomination unserer Talente achten wir auf deren soziales Umfeld. Wir wollen unter anderem auch wissen, ob diese in 
einer anderen Weiterbildung oder beruflich zu stark eingebunden sind und auch, ob sie im familiären Umfeld allenfalls stark gefordert sind. Natürlich beziehen wir auch demografische und marktspezifische Aspekte in unsere Überlegungen ein.

Früher gab es auch schon Talentförderungsprogramme bei Swisscom. Doch diese blieben meist ohne nachweisbare Wirkung für die Teilnehmenden. Die Entwicklungsperspektiven sind jedoch breiter und realistischer geworden – durch die Verankerung auf oberster Ebene sowie durch die Beschränkung der Teilnehmerzahl. In Zusammenarbeit mit dem Internal Strategic Recruiting steigern wir die Visibilität unserer internen Talente und können so beispielsweise unsere Fachkaderstellen vorwiegend mit 
internen Kandidaten besetzen.

Von der Konzeption zur Umsetzung

Uns ist es wichtig, die unterschiedlichen 
Bedürfnisse der einzelnen Organisations-einheiten zu eruieren und in geeignete Dienstleistungen und Programme umzuwandeln. Darum beziehen wir – gemäss des ‹Human Centered Design›-Ansatzes (mit Fokus auf den Menschen gestalten), der bei uns tief verankert ist – unsere internen Kunden, die Führungskräfte und die Talente so früh wie möglich in die Konzeption und Umsetzung unserer Angebote ein. So gelingt es, unsere Programme und Dienstleistungen intern zu positionieren und zu vermarkten. Wir sind von der Konzeption bis zur Umsetzung federführend, können so immer wieder den ‹Proof of Concept› machen.

Es ist unsere Aufgabe, interne Besetzungen von Schlüsselfunktionen und anderen internen Vakanzen durch Talente zu fördern und zu beschleunigen. Konkret haben wir Angebote für drei Entwicklungsrichtungen. Die Einführung in die neue Funktion, die Steigerung der persönlichen Wirksamkeit in der aktuellen Funktion und die gezielte Entwicklung von (Nachfolge-)Kandidaten in Schlüsselfunktionen sowie anderen internen Vakanzen. Dabei achten wir auf einen guten Mix aus Angeboten für Führungskräfte, Fachexperten und Projektleiter.

Die Kultur als Fundament

Das Talentmanagement baut bei der Identifikation der Talente auf unsere Leistungskultur auf. Eine Kultur, in der jeder Einzelne mit Freude, Kreativität und hohem Engagement anspruchsvolle Ziele verfolgt und persönliche Verantwortung für die Ergebnisse übernimmt. Es ist uns wichtig, stetig zu lernen und uns zu verbessern, auf Erreichtes stolz zu sein, offenes Feedback zu geben und Leistungen differenziert zu betrachten.»

Swisscom:

Mit über 6,4 Mio. Mobilfunkkunden, über 1 Mio. Swisscom TV-Kunden und 1,86 Mio. Breitbandanschlüssen ist Swisscom das führende Telekom-Unternehmen in der Schweiz. Rund 20 000 Mitarbeitende 
erarbeiteten im Jahr 2013 einen Umsatz von 
CHF 11,434 Mia.

Kommentieren 0 Kommentare HR Cosmos
Weitere Artikel von Mario Walser

Das könnte Sie auch interessieren