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Wie Sie hochqualifizierte Spezialistinnen und Experten finden

Unternehmen suchen vermehrt nach seltenen Fachkräfte mit spezifischem Know-how. Ob Maschinenbau, Versicherung oder Pharma – die klassischen Wege der Personalsuche reichen oft nicht aus. Es braucht klare Anforderungsprofile und gezielte Ansprache, um die raren Spezialistinnen und Spezialisten zu gewinnen.

Ein Maschinenbauer sucht einen Controller, der topfit im internationalen Reporting ist. Eine Versicherung benötigt eine Informatikerin, die sich auch mit Industrieversicherungen auskennt. Ein Pharmaunternehmen sucht einen Chemiker, der mit der Produktion von Seren vertraut ist.

Immer wieder suchen Unternehmen hochqualifizierte Spezialisten und Spezialistinnen, die über ein bestimmtes Expertenwissen verfügen; Fachleute also, von denen die Verantwortlichen bereits im Voraus wissen: Personen mit einem solchen Profil sind rar. Dann versagen zumeist die klassischen Wege der Personalsuche, wie zum Beispiel das Schalten von Anzeigen in Printmedien und Jobportalen. Denn von den ohnehin raren Fachkräften sind aktuell nur ein Dutzend oder gar nur eine Handvoll aktiv auf Stellensuche. Die Wahrscheinlichkeit, dass potenzielle Kandidaten und Kandidatinnen die Stellenmärkte durchforsten und sich anschliessend bewerben ist gering – speziell dann, wenn das inserierende Unternehmen nicht zu den Marktgiganten zählt.

Ein glasklares Anforderungsprofil formulieren

Wie sollte ein Unternehmen also bei der Suche von raren Spezialisten und Spezialistinnen vorgehen? Der erste Schritt ist, wie stets, wenn eine vakante Stelle zu besetzen ist: ein Anforderungsprofil erstellen. Das tun die Unternehmen in der Regel auch. Doch leider fehlt den Anforderungsprofilen oft die nötige Konkretion und Präzision – vor allem, weil die Personalabteilung, die die Expertin sucht, und die Fachabteilung, die sie braucht, zu wenig miteinander kommunizieren. Das wäre aber nötig. Denn die Personalabteilung allein weiss oft nicht, welche Fähigkeiten die Neue in ihrem Job genau braucht. Und die Fachabteilung? Sie erachtet häufig das, was der bisherige Stelleninhaber tat, als selbstverständlich. Ihr ist nicht bewusst, welche speziellen Kenntnisse und Persönlichkeitsmerkmale für den Job erforderlich sind. Zum Beispiel ein fundiertes Know-how über den Umgang mit Gefahrenstoffen. Oder die Fähigkeit komplexe, technische Sachverhalte Laien verständlich zu erklären.

Ist das Anforderungsprofil nicht glasklar formuliert, werden oft die falschen Kandidatinnen und Kandidaten zum Auswahlverfahren eingeladen und eingestellt (in der aktuellen Arbeitsmarktsituation nicht selten auch mangels Alternativen). Häufig trennen sich bereits nach wenigen Monaten die Wege des Unternehmens und des neuen Mitarbeiters wieder – und die Personalsuche beginnt erneut. Deshalb sollten Unternehmen, gerade wenn sie hochqualifizierte Spezialistinnen und Spezialisten suchen, erwägen, einen externen Profi als Unterstützer beim Definieren des Anforderungsprofils zu engagieren.

Die Anforderungen gewichten

Seine Aufgabe beim Formulieren des Anforderungsprofils besteht im Wesentlichen darin Fragen zu stelln. Zum Beispiel: Was macht der Spezialist genau in Ihrem Unternehmen? Mit wem muss er kooperieren? Über welche persönlichen Eigenschaften sollte er verfügen? Alles scheinbar banale Fragen. Und genau hier liegt die Gefahr. Oft geben sich die Unternehmen vorschnell mit Worthülsen wie «umsetzungsstark» oder «teamfähig» zufrieden, statt zum Beispiel nachzufragen: Was bedeutet es konkret, dass der neue Controller «ein Stratege» sein soll? Soll er das Controlling mit Hilfe von KI-Tools neu strukturieren? Oder soll er bei der Arbeit auch die langfristigen Ziele des Unternehmens im Blick haben? Und so weiter.

Sind die Anforderungen definiert, gilt es, diese zu gewichten. Denn gerade bei der Suche von hochqualifizierten Spezialistinnen und Spezialisten gilt: Aufgrund der geringen Zahl von verfügbaren Kandidaten ist es meist eher unwahrscheinlich, dass das Unternehmen einen Spezialisten findet, der genau den Wunschvorstellungen entspricht. Also muss das Unternehmen Abstriche machen und sich zum Beispiel fragen: Ist es wirklich unabdingbar, dass sich unser neuer Speditionsleiter mit dem chinesischen Zollrecht auskennt, oder können wir dieses Wissen nicht auch von externen Spezialisten einkaufen? Oder: Ist es wirklich wichtig, dass unser neuer Controller bereits fit im Umgang mit dem Tool xy ist, oder können wir ihm dieses Können nicht in wenigen Wochen vermitteln?

Ein attraktives Angebot schnüren

Wenn das Anforderungsprofil steht, sollte das Unternehmen sich überlegen: Was können und wollen wir den Wunschkandidaten oder der Wunschkandidatin eigentlich bieten? Ob sie ein paar Tausend Euro mehr oder weniger pro Jahr verdienen, das ist vielen Top-Leuten egal. Zumindest nehmen sie hierfür allein meist keinen Stellenwechsel in Kauf, der eventuell sogar mit einem Ortswechsel verbunden ist. Bliebe die Aussicht auf die Übernahme einer gehobenen Führungsposition. Diese können und wollen Unternehmen den begehrten Fachspezialisten meist nicht bieten, denn diese sind ja gerade wegen ihres Spezialwissens und nicht wegen ihrer Führungsqualitäten für sie interessant.

Was bleibt also, um die Expertinnen und Experten zu ködern? Oft reizen Spezialisten die fachlichen Entwicklungsperspektiven, die ihnen ein Job bietet. Ein weiterer Trumpf können die personellen und technischen Ressourcen sein, die ihnen zur Verfügung gestellt werden. So wechselte zum Beispiel schon manch Biochemiker die Stelle, weil der neue Arbeitgeber besser ausgestattete Laboratorien hatte. Oder weil ihm für die Forschung ein grösseres Budget zur freien Verfügung stand.

Ein weiteres Ass im Ärmel kann der Zugang zu fachlicher Weiterbildung sein. Dies ist gerade für Expertinnen und Experten, deren Fachwissen schnell veraltet, oft ein Wechselmotiv. Als Beispiele seien hier Fachjuristen und Steuerexpertinnen genannt. Aber auch viele Naturwissenschaftler, Ingenieurinnen und IT-Fachleute plagt (zurecht) latent die Angst, dass ihr Marktwert sinkt, wenn sie sich nicht weiterbilden. Und keinesfalls sollte man die Bedeutung der weichen Standortfaktoren unterschätzen. Wenn für hochqualifizierte Spezialistinnen und Spezialisen das Familienleben eine wesentliche Rolle spielt, fragen sie (und ihre Lebenspartner) sich vor einem Stellenwechsel auch: Welches Schul-, Freizeitangebot usw. bietet mir/uns der neue Wohnort? Wie flexibel kann ich meine Arbeitszeiten bzw. Präsenzzeiten im Büro gestalten?

Ist neben dem Anforderungsprofil das Angebot an den potenziellen Mitarbeiter oder die potenzielle Mitarbeiterin formuliert, kann der Weg definiert werden, über den die Wunschkandidaten gesucht werden. Zuweilen ist das Schalten von Anzeigen in Fachzeitschriften und Branchenmagazinen erfolgversprechend. Je spezieller das Profil des neuen Mitarbeiters ist und je rarer die potenziellen Kandidaten sind, um so seltener führt jedoch dieser Weg zum Ziel. Also kommt nur die Direktansprache in Betracht.

Die heissen Kandidatinnen und Kandidaten ermitteln und kontaktieren

Bevor ein direktes Ansprechen der potenziellen Kandidaten möglich ist, muss das Unternehmen jedoch deren Namen kennen. Hilfreich kann hierbei in Einzelfällen das Durchforsten solcher Online-Portale wie LinkedIn und Xing sein. Doch auch dieser Weg führt immer seltener zum Ziel – unter anderem, weil die wirklich guten Leute, die sich dort präsentieren, mit Anfragen überschüttet werden. Also bleibt den Unternehmen oft nichts anderes übrig, als selbst eine Liste der Firmen zu erstellen, in denen mit hoher Wahrscheinlichkeit Kandidaten für die vakante Stelle arbeiten – um diese abzuwerben. Auch hierbei benötigen sie in der Regel externe Unterstützung, weil in den wenigsten Firmen die Kapazitäten und Kompetenzen für diese Form der Rekrutierung vorhanden sind. Hinzu kommt: Ihren Mitarbeitenden fallen als Antwort auf die Frage, in welchen Firmen Spezialisten mit dem gesuchten Profil arbeiten könnten, meist nur die unmittelbaren Mitbewerber und Branchen-Giganten ein. Nur selten sind auf ihrem Monitor die Nischenanbieter in ihrer Branche. Entsprechendes gilt für die Unternehmen ausserhalb ihrer Branche, in denen Spezialisten mit einem ähnlichen Profil arbeiten. Genau dort findet man aber oft die wirklich heissen Kandidaten. Doch Vorsicht: (Schlüssel-)Kunden und strategische Partner des suchenden Unternehmens sollten von der Liste gestrichen werden.

Sind die Zielfirmen definiert, gilt es, die Namen der Personen zu ermitteln, die in ihnen die betreffende Funktion innehaben. Dieser Prozess gleicht einer Detektivarbeit, die viel Zeit und Diskretion erfordert. Deshalb übertragen Unternehmen diesen Job meist externen Spezialisten – auch weil diese oft über Netzwerke verfügen, die das Ermitteln der Namen erleichtern. Sind die Namen bekannt, gilt es die Kandidaten und Kandidatinnen zu kontaktieren. Auch hierbei ist Spezialwissen nötig. Denn gerade Kandidaten, die eigentlich einen guten Job haben, muss die vakante Stelle in der Regel zunächst schmackhaft gemacht werden, damit sie einen Stellenwechsel überhaupt erwägen. Dies gelingt nur einer Person, bei der die kontaktierte Kandidatin das Gefühl hat: Mein Gesprächspartner kennt mein Tätigkeitsfeld und kann den Wert meines Know-hows einschätzen.

Die Fachabteilung zur Kandidatenkür hinzuziehen

Sind die Kandidatinnen und Kandidaten mit ernsthaftem Interesse ermittelt, beginnt ein normales Personalauswahlverfahren. In dieses sollte das suchende Unternehmen Experten aus der betreffenden Fachabteilung integrieren, denn die Kandidaten haben meist auch fachliche Fragen. Zuweilen empfiehlt es sich auch, sofern möglich, den bisherigen Stelleninhaber in das Auswahlverfahren einzubeziehen. Denn er kann oft am besten einschätzen, ob der Kandidat oder die Kandidatin über die erforderliche Kompetenz verfügt. Ausser wenn das Unternehmen möchte, dass künftig vieles anders als bisher geregelt und gemanagt wird. Dann sollte das Unternehmen dies dem Kandidaten offen sagen. Denn gerade das kann für Spezialisten das entscheidende Motiv zum Stellenwechsel sein. Denn wenn ein Unternehmen die Weichen neu stellen möchte, dann bedeutet dies für den Bewerber oder der Bewerberin: Ich kann hier etwas neu gestalten.

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Max Leichner arbeitet als Senior-Consultant für die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Er ist unter anderem auf die Themenfelder Strategieentwicklung und -umsetzung sowie Change-Management spezialisiert.

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