HR Today Nr. 6/2017: Arbeit und Recht

Arbeitsverhältnis ja oder nein?

Obergericht Zürich, Beschluss LA150027 vom 15.05.2016. K. war hauptberuflich als Arbeitnehmer bei einem Beleuchtungsunternehmen angestellt. Von Mai 2010 bis Mai 2012 war K. zudem sporadisch und stundenweise für eine in der gleichen Branche tätige GmbH im Einsatz. Diesbezüglich existierte für K. ein schriftlicher Vertrag. Für seine Tätigkeit forderte K. von der GmbH einen Bruttolohn von CHF 54 667 aus Arbeit auf Abruf gemäss Art. 319 ff. OR. Im September 2014 machte K. seine Forderung gegenüber der GmbH beim Arbeitsgericht ZH klageweise rechtshängig. Das Arbeitsgericht ZH verneinte das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses und beschloss am 16. März 2015, auf die Klage nicht einzutreten. Dagegen reichte K. im Mai 2015 Berufung beim Obergericht ZH ein. Streitig war einzig, ob es sich bei der rechtlichen Beziehung zwischen den Parteien um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat oder nicht.

Das Urteil

Das Obergericht ZH stellte fest, dass die Arbeitnehmerschutzvorschriften von Art. 319 ff. OR nur dann zur Anwendung gelangen, wenn ein bestimmter Vertrag rechtlich als Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist. Diese Qualifikation hat aufgrund einer Gesamtwürdigung und -gewichtung der konkreten Umstände zu erfolgen. Im Zweifel kann daher kein Arbeitsverhältnis begründet werden, denn das Gesetz schützt nicht generell jede Arbeitsleistung, sondern nur diejenige, die im Rahmen eines Rechtsverhältnisses erbracht wird, welches die Qualifikationsmerkmale eines Arbeitsverhältnisses i. S. v. Art. 319 ff. OR erfüllt. Der Anspruch auf Sozialschutz ist die Rechtsfolge der Vertragsqualifikation und nicht deren Grund. Obwohl einige Indizien auf ein Arbeitsverhältnis hindeuteten (zum Beispiel Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, Ausstellung eines Lohnausweises), kam das Obergericht ZH zum Ergebnis, dass klare und bei der Gesamtwürdigung überwiegende Indizien gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses sprachen.

Entscheidend war insbesondere, dass K. jeweils frei entscheiden konnte, ob er für die GmbH arbeiten wollte oder nicht. Deshalb fehlte es an dem für das Arbeitsverhältnis charakteristischen Subordinationsverhältnis, das heisst der notwendigen zeitlichen, persönlichen und organisatorischen Eingliederung von K. in die Arbeitsorganisation der GmbH. Die Berufung wurde abgewiesen.

Konsequenz für die Praxis

Bei der Qualifikation eines Rechtsverhältnisses handelt es sich um eine Rechtsfrage. Die Qualifikation erfolgt unabhängig vom Willen der Parteien und richtet sich ausschliesslich nach den konkreten Merkmalen des Rechtsverhältnisses und somit nach objektiven Kriterien. Aus der subjektiven Vorstellung der Parteien beziehungsweise dem Umstand, dass die Parteien vom Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses ausgegangen sind, kann ein solches nicht abgeleitet werden. Zu berücksichtigen ist ausschliesslich der ausdrücklich erklärte Wille der Parteien, ein Arbeitsverhältnis begründen zu wollen. In der Praxis sollte daher die Erbringung einer Arbeitsleistung schriftlich geregelt und juristisch sauber entweder als Arbeitsvertrag oder als Auftrag abgefasst werden.

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Gloria Eschenbach, lic. iur. Rechtsanwältin, ist Partnerin und Leiterin der Rechtsabteilung der OBT AG in Zürich. Sie berät nationale und internationale Unternehmen in Fragen des Arbeits-, Vertrags- und Gesellschaftsrechts. www.obt.ch

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