HR Today Nr. 11&12/2022: Sozialversicherung - Vorteil im Recruiting

Berufliche Vorsorge im Vorstellungsgespräch

Warum werden die Investitionen des Arbeitgebenden in die berufliche Vorsorge in Vorstellungsgesprächen kaum zum Thema gemacht? Eine gute Pensionskassen-Lösung ist eine kommunikative Goldgrube: Eine Chance, die Arbeitgebermarke gegen innen und aussen zu stärken.

Die Ausgaben eines Unternehmens für die Pensionskasse betragen je nach Vorsorgelösung über 10 Prozent der gesamten Personalkosten. Warum fällt die Kommunikation dieser Investition jedoch so schwer? Ist es die Komplexität der Materie? Oder ist es kollektives Desinteresse? Die aktuelle «Fairplay Studie» der Vita Sammelstiftungen und Zurich kommt zum Schluss, dass die Bedeutung der beruflichen Vorsorge von den Versicherten unterschätzt wird und die Zusammenhänge oft sogar falsch verstanden werden. Das, obwohl die berufliche Vorsorge, die 2. Säule, für viele Menschen der grösste Vermögensbestandteil ist und der wichtigste Baustein ihres Einkommens im Alter. Aufklärungsbedarf besteht somit auf allen Seiten.

Sozialleistungen gezielt kommunizieren

Arbeitgebende, die eine attraktive und flexible Vorsorgelösung anbieten, können sich von der Konkurrenz differenzieren. Mit Sozialleistungen, die das gesetzliche Minimum übersteigen erhält HR ein wirkungsvolles Instrument, um sich als verantwortungsvoller Arbeitgebender zu profilieren. Dieser Mehrwert sollte in Vorstellungsgesprächen aktiv vermarktet werden. Das gelingt mit einer verständlichen Kommunikation und dem richtigen thematischen Fokus.

Selbstverständlich sollte sich die Kommunikation an der Zielgruppe orientieren: Junge Kandidatinnen und Kandidaten haben andere Bedürfnisse und Interessen als ältere. Für ein besseres Verständnis eignen sich Hilfsmittel wie Berechnungsbeispiele oder das Visualisieren der Versicherungsleistungen. Doch auf welche Punkte sollte das Augenmerk gerichtet werden?

  1. Der versicherte Lohnanteil
    Gemäss dem Gesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) müssen Mitarbeitende erst ab einem Jahreslohn von 22’050 Franken (im Jahr 2023) in der beruflichen Vorsorge versichert werden. Dabei muss nicht der ganze Lohn, sondern nur ein gewisser Teil davon versichert werden, weil der BVG-Koordinationsabzug in Höhe von 25’725 Franken zur Anwendung kommt. Zu beachten gilt: Das BVG gibt die minimal zu versichernden Leistungen vor. Mehr versichern ist jederzeit erlaubt. So können Arbeitgebende freiwillig auf den Koordinationsabzug verzichten oder diesen proportional an den Beschäftigungsgrad der Mitarbeitenden anpassen. Diese profitieren dadurch von einem höheren versicherten Lohn und damit von besseren Leistungen bei Invalidität oder Tod sowie von einer höheren Altersrente. Wichtig ist dies vor allem für Teilzeiterwerbende oder Mitarbeitende in parallelen Arbeitsverhältnissen, um Lücken in der Vorsorge vorzubeugen. Bei gutverdienenden Kaderfachpersonen kann ein ähnlicher Effekt erzielt werden, indem mit der Vorsorgelösung auch Lohnanteile über dem sogenannten oberen BVG-Lohn von 88'200 Franken (im Jahr 2023) versichert werden.
     
  2. Die Risikoleistungen
    Die von Gesetzes wegen vorgesehenen Invaliditäts- und Todesfallleistungen sind bescheiden. Insbesondere für Familien oder Wohneigentümer sind die Leistungen im Invaliditäts- und Todesfall wichtig. Arbeitgebende, die eine Lösung über dem BVG-Minimum anbietet, können bei Kandidatinnen und Kandidaten punkten. Die Leistungsunterschiede können beträchtlich sein und bei einer Invaliden-, Ehegatten- oder Witwenrente durchaus mehrere 10'000 Franken pro Jahr ausmachen.
     
  3. Die Sparbeiträge
    Das Gesetz schreibt altersabhängige Minimal-Sparbeiträge von 7, 10, 15 und 18 Prozent vom versicherten Lohn vor. Höhere Altersgutschriften in der zweiten Säule führen zu noch höheren Altersguthaben bei Pensionierung. In Kombination mit einer stetigen Verzinsung durch die Pensionskasse wächst das Altersguthaben der Mitarbeitenden dadurch noch stärker an – je nach dem bis zu einem fünf- bis sechsstelligen Betrag zusätzlich. Wer mehr und früher spart ist im Vorteil: zu prüfen ist deshalb unter anderem das Sparen ab Alter 18.
     
  4. Finanzierung der Spar-, Risiko- und Kostenbeiträge
    Arbeitgebende müssen gesetzlich vorgeschrieben mindestens die Hälfte der PK-Beiträge bezahlen. Wer mehr einzahlt – zum Beispiel zwei Drittel – sorgt dafür, dass den Mitarbeitenden am Ende des Monats netto mehr Geld im Portemonnaie bleibt. Hat sich ein Unternehmen für eine solche grosszügige Lösung entschieden, zahlt es zwar höhere Beiträge, diese Kosten können jedoch als Geschäftsaufwand geltend gemacht werden. Zusätzlich könnten Arbeitgebende die Kosten für die Risikoprämien und den Verwaltungsaufwand übernehmen.
     
  5. Flexible Lösungen im Rentenalter
    Für Mitarbeitende ist ein frühzeitiges Kürzertreten aus Sicht der beruflichen Vorsorge wenig attraktiv. Bei einer vorzeitigen Pensionierung müssen sie eine Leistungskürzung von bis zu acht Prozent pro Jahr in Kauf nehmen. Umso spannender sind Arbeitgebende, welche grosszügige und flexible Lösungen für den Altersrücktritt ermöglichen. Arbeitgebende, die bei Vorstellungsgesprächen neben dem konkreten Lohn auch die frankenmässigen Investitionen in die berufliche Vorsorge seiner Mitarbeitenden aufzeigen und somit Transparenz schaffen, wirken überzeugend.
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Yasmine Suter ist ­Leiterin Marketing & Kommunikation bei der Sammelstiftung Vita. vita.ch

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Toni Di Menna ist Head Business ­Development bei der Sammelstiftung Vita. vita.ch

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