Roland A. Müller
Die Gleichstellung von Frau und Mann ist ein wichtiges Ziel. Dennoch dürfen wichtige Aspekte einer liberalen Wirtschaft, wie beispielsweise Lohnverhandlungen und die Entlöhnung für individuelle Fähigkeiten, nicht unter dem Deckmantel der Lohngleichheit umgangen werden. Denn der gezielte Einsatz solcher Praktiken ist zentral für die Optimierung der innerbetrieblichen Leistungen.
In der Diskriminierungsbekämpfung ist die Wirtschaft bereit, ihren Teil beizutragen. Die Forderung nach der gesetzlichen Lohntransparenz geht unter verschiedenen Gesichtspunkten jedoch zu weit.
Ein Aspekt ist die Vereinbarkeit der Offenlegungspflicht mit dem Datenschutz. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Schweiz gewährleistet, dass die Bevölkerung selber entscheiden kann, welche persönlichen Informationen öffentlich bekannt werden und welche nicht. Der umfassende Schutz von persönlichen Daten würde durch eine Offenlegungspflicht in diesem Bereich aufgehoben.
Die Einführung einer betriebsinternen oder generellen Offenlegungspflicht bringt zudem die Gefahr mit sich, dass die veröffentlichten Daten regelmässig zu einer nicht qualifizierten Diskussion führen. Schlimmstenfalls werden sie medial aufbereitet und skandalisiert, obschon die Lohnunterschiede gerechtfertigt gewesen wären. Um dies zu vermeiden, müsste die Diskriminierung ausschliesslich durch Fachleute mit einem geeigneten Prüfungsinstrument analysiert werden.
In der Frage nach einem Prüfungsinstrument wird ein weiteres Problem deutlich: Die bisher anerkannten Instrumente zur Diskriminierungsüberprüfung – wie die Regressionsanalysen – widerspiegeln nicht, beziehungsweise nur ansatzweise die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten. Zentrale Lohnfaktoren wie der Anstellungsgrad, die berufliche Stellung, Weiterbildungen, Führungserfahrungen und Sprachkenntnisse bleiben unberücksichtigt. Andere Kriterien wie die Berufskategorien werden nur pauschal betrachtet. Für eine erste Überprüfung mögen solche Instrumente geeignet sein. Es liegt aber auf der Hand, dass sie zur genauen Analyse ungeeignet sind und für die Feststellung einer Geschlechterdiskriminierung von der Wirtschaft als alleiniges Instrument nicht getragen werden können, denn sie berücksichtigen viele individuelle und mannigfaltige Aspekte des Wirtschaftslebens nicht genügend.
Das Bundesamt für Statistik spricht in seiner Diskriminierungsanalyse deshalb auch nicht von einer Diskriminierung, sondern vom «unerklärbaren Teil» der Lohnungleichheit. Die geschilderten Umstände zeigen, dass eine Offenlegungspflicht nicht zweckmässig ist. Zudem erzielen Zwangsmassnahmen oftmals die gegenteilige Wirkung. Das weitere Vorgehen aus Sicht der Wirtschaft ist klar: Primär müssen Instrumente zugänglich gemacht werden, die den wirtschaftlichen Bedürfnissen Rechnung tragen. Vorhandene Instrumente, welche die individuellen Fähigkeiten einer Person in einer konkreten Anstellungsfunktion berücksichtigen, gehen in die richtige Richtung. Im Weiteren müssen die Unternehmen für diese Thematik sensibilisiert werden, um den gewünschten Effekt zu erzielen.