Das Fan-Prinzip
In der Mode sind sie aus dem Online-Marketing nicht mehr wegzudenken: Die Rede ist von den Influencern, die mit ihrer Bekanntheit in den Sozialen Medien für Produkte und Dienstleistungen werben. Auch in der Personalgewinnung gewinnt dieses Prinzip an Bedeutung. Etwa beim deutschen Onlinehändler Otto.
Influencer sind für den Onlinehändler Otto wichtige Multiplikatoren im Recruiting. (Bild: 123RF)
«Wir haben unsere Mitarbeitenden schon seit längerem im Employer Branding und im Recruiting einbezogen», sagt Angelina Peipers, Personalmarketing-Fachfrau beim Onlinehändler Otto. Etwa an Veranstaltungen oder in den Social Media, denn niemand sonst berichte so glaubwürdig über die Arbeitsatmosphäre, die anstehenden Aufgaben und das neue Team.
«Die besten Botschafter sind unsere Mitarbeitenden.» Kollegen aus der Business Intelligence, der IT und dem E-Commerce hätten eine breite Fachcommunity, weshalb Otto besonders diese Gruppen motivieren wolle, transparenter über ihre Aufgaben und ihre aktuellen Projekte zu sprechen. Dabei richte sich das Jobbotschafter-Programm grundsätzlich an alle Bewerbergruppen. Tatsächlich sind die internen Storyteller für den Onlinehändler Otto wichtige Multiplikatoren im Recruiting, denn derzeit sind in der IT, im E-Commerce, im Online-Marketing und in der Business Intelligence etwa 300 offene Stellen zu besetzen.
«Das Jobbotschafter-Programm hat nicht nur das Mitarbeiter-Engagement gesteigert, auch die Bedürfnisse der Bewerber werden nun besser abgedeckt, denn diese wünschen sich einen authentischen Einblick ins Unternehmen», so Peipers. «Bewerber erfahren nun aus erster Hand, wie es ist, bei Otto zu arbeiten, und die Mitarbeitenden suchen sich ihre künftigen Kollegen selbst aus.» Weitere Vorteile des Programms bestehen in der grösseren Mitgestaltungsmöglichkeit oder darin, dass relevante technische Inhalte mit Beiträgen der Mitarbeitenden für Bewerber nun einfacher produziert werden können.
Gesucht und gefunden
Vor dem Start des Corporate-Influencer-Programms habe man nicht alle Mitarbeitenden erreicht, die «Lust darauf hatten, die Arbeitgeber-Marke Otto extern zu vertreten», erklärt Peipers. So seien bisher nur jene Mitarbeitende eingeladen worden, die ihr Interesse an HR-Themen explizit bekundet hätten. Der Wunsch, alle Mitarbeitenden bei der Rekrutierung einzubinden, habe deshalb den Anstoss gegeben, das Jobbotschafter-Programm auf den gesamten Konzern auszuweiten. Dabei habe HR den Lead übernommen und mit Marketingfachleuten, Personalentwicklern sowie Software- und Businessingenieuren Hand in Hand zusammengearbeitet.
Bis zum Launch im Oktober 2017 verstrichen zehn Monate. Dazwischen führte das vierköpfige Projektteam Vorstandsgespräche, organisierte Workshops, kümmerte sich im Mai um die technische Umsetzung der Jobbotschafter-Plattform und erarbeitete im August verschiedene Kommunikationsmassnahmen wie Intranet-Beiträge, Plakate oder Informationsstände, um die Mitarbeitenden über das Jobbotschafter-Programm zu informieren.
Vom Jobbotschafter-Programm ausgeschlossen werde niemand. «Dieses steht allen Otto-Mitarbeitenden offen», sagt Peipers. Bisher hätten sich rund 170 Mitarbeitende registriert und sich für eine oder mehrere der sechs unterschiedlichen Influencer-Rollen entschieden, mit denen Otto Bewerberinnen und Bewerber an allen sogenannten Recruiting-Touchpoints erreichen will.
Erfolgreiche Rekrutierungsmitstreiter
So teilen sogenannte «Multiplikatoren» Otto-Jobs-Beiträge in ihren Social-Media-Kanälen, schreiben eigene Beiträge oder betreuen Otto-Jobs-Instagram- und Snapchat-Accounts. «Socializer» vertreten Otto an externen Recruiting-Veranstaltungen, internen Events und Fachkonferenzen oder führen Gespräche mit potenziellen Nachwuchskräften, während «Fachexperten» Vorträge an Recruiting-Veranstaltungen oder Fachkonferenzen halten und intern über Trends in ihrem Fachgebiet berichten.
Daneben begleiten sogenannte «Kontakter» ihre künftigen Kolleginnen und Kollegen vom Kennenlernen des Teams und den Räumlichkeiten bis zum ersten Arbeitstag bei Otto. «Co-Recruiter» übernehmen eine Rekrutierungsfunktion und führen nach Absprache mit der Führungskraft und dem Recruitment eigenständig Interviews, um die fachliche Eignung von Kandidatinnen und Kandidaten zu beurteilen und Fachfragen zu beantworten. «Impulsgeber» werden hingegen für ihre Ideen zur Optimierung des Bewerbungsprozesses und des Arbeitgeberauftritts zu Brainstormings und zielgruppenspezifischen Workshops eingeladen.
Um die Jobbotschafter auf diese herausfordernden Rekrutierungsaufgaben vorzubereiten, werden sie geschult und durchlaufen bei Otto verschiedene interne Fortbildungen. Dazu zählen etwa Präsentations- und Social-Media-Trainings. Ausserdem werden verschiedene Rekrutierungstechniken vermittelt und die Teilnehmenden erfahren, wie HR-Kommunikation funktioniert.
Wie das Programm bei den Bewerbenden ankommt, misst Otto an mehreren Punkten der «Bewerber-Journey». Beispielsweise mit Bewerberbefragungen nach dem Erstgespräch oder im Verlauf des sechstägigen Onboarding-Programms «Love Your Customer», das alle Otto-Neulinge durchlaufen. «Bisher war das Feedback durchaus positiv», sagt Peipers sichtlich stolz und freut sich auf eine steigende Zahl an Rekrutierungsmitstreitern.
Otto
Der 1949 gegründete deutsche Onlinehändler Otto mit Hauptsitz in Hamburg beschäftigt aktuell rund 4500 Mitarbeitende. Mit einem Umsatz von 2,7 Milliarden Euro ist Otto in Deutschland der führende Onlinehändler im Fashion- und Lifestyle-Bereich. Das Unternehmen führt rund 2,2 Millionen Artikel und etwa 6000 Marken in sieben verschiedenen Online-Shops. Diese verzeichnen pro Tag rund 1,9 Millionen Besucher, wobei pro Sekunde 10 Bestellungen über den virtuellen Ladentisch gehen.