HR Today Nr. 2/2022: Porträt & Video-Porträt

Der Doppel-Funktionär

Peter Bründler ist eine treue Seele. Seit 18 Jahren arbeitet der Leiter Fachbereich HR und Assistent der Geschäftsleitung für die Bildungs­institution Hotel & Gastro formation Schweiz. Was ihn am HR fasziniert, weshalb er eine berufliche Doppelfunktion ausübt und der Song «You’ll Never Walk Alone» für ihn eine besondere Bedeutung hat.

«Es ist landschaftlich der schönste Arbeitsort, den man sich vorstellen kann», schwärmt Peter Bründler. Direkt am Vierwaldstättersee gelegen, in grüne Wiesen und einen Rebberg eingebettet, entspricht der Hauptsitz der Bildungsinstitution Hotel & Gastro formation Schweiz (HGf) in ­Weggis dem Klischee des ländlichen Idylls. Der hartnäckige Hochnebel macht uns an diesem Januar­morgen jedoch einen Strich durch die Rechnung: Er lässt die Schönheit des Orts nur erahnen, an dem Bründler seit 2004 tätig ist. Eine lange Zeit, dennoch sind seine Aufgaben abwechslungsreich geblieben: «Meine Funktionen und Verantwortlichkeiten haben sich immer wieder verändert. Deshalb hatte ich nie das Bedürfnis weiterzuziehen.» Seine Karriere beginnt er als Assistent der Geschäftsleitung und Leiter ICT, Technik und Logistik. Heute ist er in einer Doppelfunktion als Leiter Fachbereich HR und Direktionsassistent tätig. Eine aussergewöhnliche Kombination. «Es sind zwei Welten, zwischen denen ich hin- und herwechsle. Das führt manchmal dazu, dass ich in einem Bereich mehr leisten möchte, als ich es zeitlich vermag.»

Doch wie kam diese Kombination zustande? «Als ich in Weggis als Direktionsassistent startete, stellten Direktor Max Züst und ich fest, dass es kein institutionsübergreifendes HR gab. Jeder Bereich tätigte HR-Aufgaben nebenbei und hatte andere Reglemente, Anstellungsbedingungen und Abläufe.» Um diese Grundstrukturen zu vereinheitlichen und damit das bisherige «Gärtchendenken» der verschiedenen Unternehmensbereiche von der Grund- über Weiterbildung bis hin zur Berufsschule einzureissen, bekommt Bründler den Auftrag, das HR ganzheitlich aufzubauen. Für den 38-Jährigen ist das der Beginn seiner Doppelfunktion und als HR-Quereinsteiger ein Sprung ins kalte Wasser. Vom Betriebsalltag gefordert, kommt er erst 2013 dazu, sein «Learning by doing»-HR-Wissen mit einem eidgenössischen Fachausweis als «HR-Fachmann» zu krönen. «Mit 47 Jahren war ich damals der Älteste in der Klasse», erinnert sich Bründler. «Von den Dozierenden wie auch von meinen jüngeren Kollegen habe ich jedoch einiges gelernt: Etwa die Finessen des Rekrutierens und des Onboardings sowie der Mitarbeitenden-Retention.»

Grosszügig bei Aus- und Weiterbildungen

Der heute 56-Jährige ist in seiner ­Doppelfunktion angekommen. Gefordert ist er aber nach wie vor: «Beiden Rollen gleichermassen gerecht zu werden, ist nicht immer leicht», gibt Bründler unumwunden zu. «Ich würde mich gerne intensiver um die HR-Belange kümmern, aber das lässt die momentane Aufgabenaufteilung nicht zu. Als Assistent der Geschäftsleitung agiere ich als rechte Hand des Direktors und kümmere mich um den Vorstand, die Delegiertenversammlung, die Trägerverbände sowie die Stiftung, der das Gebäude gehört.» Zudem organisiere er alle Sitzungen der Bildungsinstitution, nehme daran teil und führe das ­Protokoll. Eine vielseitige Tätigkeit, bei der Peter Bründler auch Dinge erfährt, die direkte ­Auswirkungen auf «sein» HR haben. Als Stabsfunktionsmitarbeitender besitze er zwar kein direktes Mitspracherecht, gebe durch sein langjähriges Know-how aber HR-spezifische Inputs und setze sich für die Belange der HGf-Mitarbeitenden ein.

Lange war Peter Bründler allein für das HR der Bildungsinstitution zuständig. Erst seit gut drei Jahren unterstützt ihn eine Kollegin mit einem 40-Prozent-Pensum nachmittags in der HR-Administration. «Eine enorme Erleichterung», betont Bründler. «Das gibt mir Luft, mich anderen HR-Belangen anzunehmen.» Hätte er mehr Kapazitäten, würde er sich intensiver mit der Digitalisierung des HR beschäftigen. «Wir stehen erst am Anfang und wickeln noch viele HR-Arbeiten mit Excel ab.» Das liege nicht nur an den mangelnden Kapazitäten, sondern auch daran, dass bisher keines der HR-Tools vollends überzeugt habe. «Wenn die Implementierung eines HR-Tools administrativen Mehraufwand verursacht, ist der Mehrwert fraglich.» Digitalisierung ja, aber nicht um jeden Preis.

Mehr Zeit würde Bründler auch für die Mitarbeitenden und deren Entwicklung aufwenden. ­Derzeit sei vieles aber noch eine Holschuld: «Ein ­aktives Talent Management existiert noch nicht.» Klopft ein Mitarbeitender wegen einer Aus- oder Weiterbildung jedoch an Bründlers Tür, wird sie meist bewilligt. «Wir unterstützen fast jede Art der Aus- und Weiterbildung zeitlich und finanziell. Sogar, wenn sie dem Betrieb nicht viel bringt.» Geschuldet sei dieses grosszügige ­Verhalten der Tatsache, dass HGf eine Bildungsinstitution sei.

Ein Netzwerk, das funktioniert

Peter Bründler selbst startet seine Ausbildung mit einem Handelsdiplom und arbeitet im Anschluss von 1989 bis 1990 für ein Treuhandbüro in Luzern. «Der nächste logische Schritt wäre eine Ausbildung zum Buchhalter gewesen, aber das reizte mich nicht.» Bründler orientiert sich um und wagt einen Neustart beim Aero-Club der Schweiz, dem Dachverband der Allgemeinen Luftfahrt für die Leichtaviatik und den Luftsport. Fortan kümmert er sich als Sachbearbeiter um Finanzen, Mitgliederbetreuung sowie die IT. «Damals installierten wir die ersten Computer. Die IT hat mich von Anfang an fasziniert und tut es bis heute.» Keine leeren Worte: Benötigt einer der Mitarbeitenden bei HGf Hilfe bei kleineren ­IT-Problemen, ist er zur Stelle.

Kurz und bündig

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Pop oder Klassik?
Weder noch. Ich bin ein grosser Hardrock- (AC/DC oder Metal­lica) und Metal-Fan (Arch Enemy) und gehe oft an Konzerte und Festivals im In- und Ausland. Durch die Pandemie ist das aber leider immer noch stark eingeschränkt.

Strand oder Berge?
Ich bin kein Wassermensch. An den Strand zieht es mich ­deshalb eher weniger. In den Bergen hingegen fühle ich mich speziell im Winter sehr wohl. Als passionierter Skifahrer zieht es mich ins regionale Titlis- genauso wie ins Pizolgebiet.

Büro oder Homeoffice?
Einen Mix finde ich ideal. Ehrlicherweise bin ich aber lieber im Büro, weil ich den Kontakt und Austausch mit Mitarbeitenden sehr schätze.

Sportler oder Couch-Potato?
Kein Aktivsportler, aber seit der Kindheit ein brennender Fan des Liverpool FC. Vor der Pandemie traf man mich vier- bis sechsmal im Jahr in der Anfield Road, dem Heimstadion des Liverpool FC. Bis heute ist der Fussballclub mit seiner berühmten Hymne «You’ll Never Walk Alone» meine grosse Passion geblieben. Ich interessiere mich aber auch für andere Sportarten wie Baseball, American Football, Eis­hockey und Darts.

Mein Sehnsuchtsort
Die Alp Krina ob Bad Ragaz im Pizolgebiet, den Heimatort meiner Mutter. Für mich ein Ort mit vielen positiven Erinnerungen an die Kindheit und Jugendzeit und ein Ort der Ruhe und Zufriedenheit.

 

1999 macht ein Kollege aus Bankerkreisen Peter Bründler auf eine Stelle als Berater Electronic Banking bei der Zuger Kantonalbank aufmerksam. Er bewirbt sich und bekommt die Stelle als Quereinsteiger. Trotz seiner Faszination für die IT-Tätigkeit verlässt der damals 33-Jährige die Bank nach knapp einem Jahr und kehrt zum Aero-Club der Schweiz zurück. Dieses Mal als Direktionsassistent und Leiter Administration. Der Grund: «Der menschliche Umgang auf der Bank war mir zu rau.» Ein gutes Jahr bleibt Bründler beim Verband, bevor es 2001 zu einem Direktionswechsel kommt, der ihn zum Gehen veranlasst. Als Sachbearbeiter im Qualitätsmanagement findet er beim Technologieanbieter ALSO Schweiz in Emmen eine neue Anstellung. Dort fungiert er als Schnittstelle zwischen Logistik und Finanzen. Die Arbeit gefällt ihm. 2004 meldet sich aber der ehemalige Direkter des Aero-Clubs der Schweiz, mit dem er das Unternehmen gemeinsam verliess, und wirbt ihn für HGf ab. Der 38-Jährige zögert nicht lange. Während Bründler dem Betrieb bis heute treu geblieben ist, geht sein alter und neuer Chef nach kurzer Zeit. An seine Stelle tritt Max Züst, mit dem der HR-Leiter bis heute zusammenarbeitet.

Verstärkter Fachkräftemangel

Als Peter Bründler 2004 bei Hotel & Gastro ­formation Schweiz startet, arbeiten dort rund 40 Mitarbeitende. Inzwischen sind es rund 60 Festangestellte. Daneben beschäftigt die Bildungsinstitution im Hotellerie- und Gastronomiebereich rund 500 Teilzeitmitarbeitende, ­darunter viele Dozenten. Fachkräfte rekrutiert der HR-Leiter über Print-, Online- und Social-Media-Kanäle. Nicht alles Rekrutieren vermag er selbst zu erledigen: «Gerate ich beim Rekrutieren etwas unter Druck, gebe ich eine Stellensuche auch extern. Dazu arbeiten wir mit einem regionalen Personalvermittler zusammen.» Einige dieser temporären Fachkräfte wirbeln an diesem Tag durch das Haus. «Berufsprüfungen», erklärt Bründler, weshalb wir heute ausnahmsweise kein Fotoshooting in der Küche machen dürfen. Über diese Betriebsamkeit freut er sich: «Zum Glück können wir unsere Prüfungen trotz der Covid-19-Massnahmen einigermassen normal vor Ort durchführen.»

Mit grosser Besorgnis beobachtet Peter Bründler, wie seine Branche in den letzten zwei Jahren pandemiebedingt durchgeschüttelt wurde. Auch der Fachkräftemangel habe sich verstärkt. «Viele Berufstätigte wechselten aufgrund von Kurzarbeit oder Entlassungen in andere Branchen.» Nebst den etablierten Fachkräften fehle es der Gastronomie und Hotellerie aber auch an Nachwuchs. «Zwar findet eine Reform der gastronomischen Grundbildung statt, um den veränderten Bedürfnissen der Branche und dem Berufsbildungsgesetz gerecht zu werden, am Ende bleibt ein Koch aber ein Koch, der in der Küche arbeitet.» Nicht nur die Branche wandelt sich, auch HGf ist im Umbruch: «Ende 2022 steht ein Direktionswechsel an. Der langjährige ­Direktor Max Züst geht in Pension», sagt Bründler. Die Ausschreibung laufe bereits. Bründler sieht dies positiv: «Veränderungen bringen auch Chancen.»

Unternehmensbiografie

Hotel & Gastro formation Schweiz (HGf) ist eine sozialpartnerschaftlich getragene Bildungsinstitution der Hotellerie- und Gastronomiebranche in der Schweiz und engagiert sich seit über 95 Jahren im Auftrag der drei Trägerverbände, HotellerieSuisse, GastroSuisse und Hotel & Gastro Union in der Berufsbildungspolitik, den Grundbildungen sowie der Höheren Berufsbildung. HGf ist in Weggis domiziliert, wo sie nebst diversen ­anderen Standorten in der Schweiz Aus- und Weiterbildung betreibt. Insgesamt beschäftigt die Bildungsinstitution 60 Festangestellte und rund 500 Teilzeitbeschäftigte. hotelgastro.ch

 

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Christine Bachmann ist stellvertretende Chefredaktorin von HR Today. cb@hrtoday.ch

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