HR Today Nr. 1&2/2016: Väter

Die Emanzipation der neuen Papa-Generation

Wie zentral heute für Väter die Familienfreundlichkeit von Unternehmen ist, legt eine vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierte Studie dar. Die Autoren geben exklusiv für HR Today einen Vorabeinblick 
in ein neues Handbuch zum Thema, während drei Vollblut-Papas ihre Teilzeitmann-Modelle schildern.

Väter sind auf dem Radar einer familienfreundlichen Personalpolitik aufgetaucht. So setzt sich eine wachsende Zahl an Unternehmen heute für Massnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein, die neben Frauen auch männliche Beschäftigte als Zielgruppe einbeziehen. Sie reagieren damit auf die Veränderungen, die sich seit einigen Jahren in den Bedürfnissen und Haltungen insbesondere jüngerer Männer ausmachen lassen.

Die Männer der Generation Y sind höchst leistungsbewusst und bestens ausgebildet. Sie orientieren sich an einem Lebensentwurf, der gleichermassen eine beruflich erfolgreiche Laufbahn wie eine hohe Lebensqualität ausserhalb des Berufslebens vorsieht (vgl. Parment 2014). Geht es um Familie, so möchten sie ihren Partnerinnen eine Unterstützung und ihren Kindern ein sorgender Vater sein (vgl. Pro Familia 2011) – insofern treten sie mit hohen Vereinbarkeitsansprüchen an Arbeitgeber heran.

Wie zentral heute für Männer die Familienfreundlichkeit der Betriebe ist, legt eine aktuelle, vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierte Studie dar.(1) Die Befragung von 1777 Beschäftigten in sieben Unternehmen und Verwaltungen der Schweiz zeigt bemerkenswerte Entwicklungen in den Einstellungen von Vätern auf (vgl. Grafik): So stimmen zwischen 42 und 57 Prozent der befragten Väter der Aussage zu, dass eine familienbewusste Personalpolitik den Arbeitgeber attraktiv machen kann, wobei diese Ansicht besonders von den Jüngeren vertreten wird. Immer häufiger achten Väter offenbar aber auch bei der Arbeitgeberwahl auf Angebote im Bereich Work-Life-Balance. Und rund 40 Prozent derjenigen Väter, die bis zu 34 Jahre alt sind, würden heute ohne familienfreundliche Angebote am Arbeitsplatz sogar einen Stellenwechsel erwägen.

Was spricht gegen eine Reduktion des Arbeitspensums?

Flexible Arbeitszeitmodelle gelten heute als wichtiges Element einer familienfreundlichen Personalpolitik: Gerade bei Vätern ist, wie die genannte Studie illustriert, die individuelle Arbeitszeitgestaltung sehr beliebt. Von einer massgeblichen Reduktion des Arbeitspensums aber sehen die meisten Väter noch ab. In der Schweiz ist auch im Jahr 2014 der Anteil  von Männern in Teilzeitarbeit mit 15,9 Prozent gering und liegt weit unter dem Anteil an teilzeiterwerbstätigen Frauen (vgl. BFS 2015).

Die Ursachen dafür sind vielfältig: Für viele Väter sprechen finanzielle Einbussen gegen eine Reduktion des Stellenpensums. Diese Sorge ist, wie in vielen anderen europäischen Ländern, auf die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen von Erwerbsarbeit in der Schweiz zurückzuführen – im Besondern auch auf das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen (vgl. dazu NFP 60 2014). Überdies aber hindert Väter heute die Vorstellung, dass ein geringeres Stellenpensum die berufliche Karriere gefährden (46,3 %) oder negative Auswirkungen auf Arbeitskollegen und -kolleginnen haben könnte (36,6 %), daran, diese Option in Betracht zu ziehen.

Väterorientierte Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit

Was aber können Betriebe tun, um Väter vermehrt für ihre Palette an familienfreundlichen Massnahmen bis hin zur Teilzeitarbeit zu gewinnen? Ein Handbuch(2) zur Studie zeigt in diesem Zusammenhang neben den Herausforderungen auch einige mögliche Wege auf. Die wichtigsten seien hier genannt:

  • 
Eine umfassende Information über die familienfreundlichen Massnahmen im Betrieb ist höchst relevant, sollen (zukünftige) Väter dafür gewonnen werden. Dazu zählen auch Leitlinien der Familienfreundlichkeit, die ausdrücklich auch Männer einschliessen. Oft ist der Kenntnisstand von Männern über die Möglichkeiten zur Verbesserung der Work-Life-Balance noch zu gering.
  • 
Eine engagierte Vaterschaft darf kein Tabu im Arbeitsalltag und unter Kollegen bzw. Kolleginnen sein. Der offene Austausch über Fragen und Probleme der Vereinbarkeit von privatem und beruflichem Leben kann Vätern helfen, persönliche Freiräume zu gewinnen und auch den Wunsch nach einer Arbeitszeitreduktion anzusprechen.
  • 
Vorgesetzte sind massgeblich, wenn es um Teilzeitarbeit bei Männern geht, denn sie vertreten nicht nur die expliziten, sondern auch die unausgesprochenen Handlungserwartungen im Betrieb. Ein klares Votum für Väter von Seiten der Geschäftsleitung sowie konkrete Zielvorgaben können Vorgesetzte entlasten.
  • 
Eine väterorientierte Personalpolitik muss kulturell gut verankert sein, sodass sie trotz hoher Erfordernisse und Arbeitsbelastungen von der gesamten Belegschaft getragen werden kann und damit auch flexible Arbeitszeiten tatsächlich Spielräume eröffnen.
  • 
Ein bezahlter Vaterschaftsurlaub ist ein wichtiges Signal nach innen wie nach aussen, dass der Arbeitgeber eine Vaterschaft als biografisches Ereignis anerkennt und dass im Betrieb auch Väter als Personen mit Verantwortung sowohl in der beruflichen als auch in der familiären Sphäre wahrgenommen werden.

Zur Studie

Familienfreundliche Massnahmen schliessen heute zunehmend auch Väter ein. Wie aber lassen sich Väter 
als Adressaten einer familienfreundlichen Personalpolitik gewinnen? Mit welchen Bedürfnissen treten Männer und (zukünftige) Väter an 
die Betriebe heran? Und 
wie können väterorientierte Massnahmen erfolgreich umgesetzt werden? Ein aktuelles Handbuch zu diesem Thema setzt bei diesen 
Fragen an.

  • Liebig, Brigitte, Peitz, Martina & 
Kron, Christian (2016): Väterorientierte Massnahmen für Unternehmen 
und Verwaltungen. Ein Handbuch, 
Mering: Rainer Hampp Verlag
     

Quellen

  • 1 
Vgl. dazu das Projekt «Familienfreundliche Organi
sationen und Vaterschaft. Voraussetzungen, Barrieren und Effektivität familienfreundlicher Massnahmen», Schweiz. Nationalfonds, Abt. I (Project-ID: 100017_146106/1).
  • 2 
Vgl. dazu Box «Väterorientierte Massnahmen für 
Unternehmen und Verwaltungen. Ein Handbuch».
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Prof. Dr. Brigitte Liebig ist Professorin an der Hochschule für Angewandte Psychologie, Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW).

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