«Die Generation Z will sich zu 100 Prozent sicher sein, dass der Job zu ihr passt»
Das Start-up CareerFairy aus Zürich bietet eine Plattform für virtuelle Liveevents und Firmenpräsentationen, um Studierende mit möglichen Arbeitgebenden zu vernetzen. Co-Gründer Thomas Schulz verrät im Interview, was die Generation Z von Recruitingprozessen erwartet.
«Im Austausch mit Studierenden sehen wir immer wieder, wie verloren sich viele bei der Auswahl eines Berufswegs fühlen»: Laut Thomas Schulz verschaffen sich Unternehmen einen Vorteil, wenn sie Studierende bei der Karriereentwicklung unterstützen. (Bild: zVg)
Herr Schulz, CareerFairy hat analysiert, was die Generation Z (GenZ) tatsächlich von Recruiterinnen und Recruitern erwartet. Wie wurde dabei vorgegangen?
Thomas Schulz: Um Studierenden einen authentischen Einblick ins Unternehmen zu gewähren und ihnen somit eher zu einer erfüllenden Karriere zu verhelfen, bietet CareerFairy Livestreams mit potenziellen Arbeitgebenden an. Das Besondere daran: Die Livestreams sind interaktiv und die Studierenden können Fragen stellen, die sie wirklich interessieren – sogar anonym. So können sie sich ein wesentlich authentischeres Bild vom Unternehmen und der jeweiligen Rolle verschaffen als bei herkömmlichen Stellenanzeigen. In bisher über 1200 Livestreams haben wir die beliebtesten 1300 Fragen gesammelt und ausgewertet.
Tauchen wir ein in die Resultate: Was will die GenZ im Recruitingprozess typischerweise wissen?
Schulz: Am meisten interessiert sie ein klares Bild der je- weiligen Rolle, um die es geht: Sie möchte beispielsweise wissen, was genau von ihr erwartet wird, aber auch, wie das Gehalt aussieht. Am zweitpopulärsten sind Fragen zum Bewerbungsprozess und hierbei speziell Tipps für ein erfolgreiches Jobinterview. Darüber hinaus zählen die Kategorien «Firmenkultur» und «typischer Arbeitstag» zu den am häufigsten gestellten Fragen. Aus der Popularität dieser Fragen können Recruiterinnen und Recruiter schliessen, dass die GenZ sich zu 100 Prozent sicher sein will, ob der Job zu ihr passt und ihr Spass machen könnte.
Co-Founder eines mehrfach preisgekrönten Startups
Thomas Schulz ist CEO und Co-Founder von CareerFairy. Nach seinem Mathematikstudium an der ETH Zürich stand er vor der Frage, welcher Berufsweg am besten ihm passen würde. Nach einem Start im Banking stellte er schnell fest, dass die Realität des Berufsalltags deutlich von seinen Vorstellungen abwich. Dies inspirierte ihn, mit Co-Gründer Maximilian Voss die Plattform CareerFairy zu gründen, um Studierenden in ganz Europa erfüllende Karrierewege zu ermöglichen. CareerFairy erhielt kürzlich ein weiteres Millioneninvestment für die weitere Expansion im DACH-Raum und wurde zweimal mit dem «Top 100 Swiss Start-up Award» ausgezeichnet.
Was haben Sie sonst noch beobachtet?
Schulz: Die zahlreichen Fragen zum Bewerbungsprozess räumen mit dem Klischee der «faulen Generation» auf und machen deutlich, dass die Studierenden sehr motiviert sind, den Bewerbungsprozess zu verstehen, um sich den Traumjob zu ergattern. Zudem sehen wir, dass die GenZ ein starkes Bedürfnis nach Anerkennung und dem Gefühl des «Gebrauchtwerdens» hat, wobei es – anders als bei der Vorgängergeneration – nicht unbedingt um die persönliche Leistung geht, sondern um die Möglichkeit, das Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Welche Aspekte der Unternehmenskultur beeinflussen die GenZ am stärksten bei der Arbeitgeberwahl?
Schulz: Die vielen Fragen zur Unternehmenskultur machen deutlich, dass die GenZ – anders als vorherige Generationen – eine gute Arbeitsatmosphäre schlichtweg voraussetzt. Unternehmen sollten das in ihrer Aussenkommunikation berücksichtigen. Für die GenZ hat es beispielsweise einen Einfluss auf ihre Berufswahl, ob Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten werden oder nicht. Danach wird auch in unseren Livestreams häufig gefragt. Transparenz beim Gehalt ist ebenfalls relevant: Die GenZ will wissen, was sie im Job verdienen würde. Ausserdem erwartet sie, dass eine Work-Life-Balance ermöglicht wird und dass es Homeoffice-Möglichkeiten gibt.
Wie schätzt die GenZ die Bedeutung von flexiblen Arbeitsmodellen ein?
Schulz: Wir beobachten während der Livestreams regelmässig, dass Fragen zu Remote-Möglichkeiten oder gar Remote-Rollen auftauchen. Dies impliziert, dass das Thema eine hohe Relevanz für die GenZ hat und durchaus ausschlaggebend für die Wahl des zukünftigen Arbeitgebers sein dürfte. Dabei sollte trotzdem das Gefühl der Zugehörigkeit nicht verloren gehen. Es ist also eine Kombination aus Teamgefühl und der Möglichkeit für Homeoffice.
«Die Generation z setzt eine gute ArbeitsatmospHäre schlichtweg voraus.»
Welche Entwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen sind für Sie besonders relevant?
Schulz: Allgemein können wir beobachten, dass der GenZ das Vorhandensein von klaren Weiterbildungsmöglichkeiten sehr wichtig ist – sind diese nicht erkennbar, kann das schnell zu Frust und einem Ausscheiden des Arbeit- gebers führen. Auch wenn die GenZ anders als vorherige Generationen nicht mehr unbe- dingt 20 Jahre oder mehr in einem einzigen Unternehmen arbeiten wird, so will sie sich trotzdem dort entwickeln und ihren Beitrag leisten. Wenn ein Unternehmen es schafft, sich als Ort des Lernens zu präsentieren, dürfte es gut punkten können.
Welche Erwartungen hat die GenZ an Gehälter und Zusatzleistungen?
Schulz: Studien haben aufgezeigt, dass die GenZ ein höheres Bedürfnis nach finanzieller Sicherheit hat als die Vorgängergeneration. Das deckt sich auch mit unseren Beobachtungen: Gemessen an der Anzahl der Fragen, spielen Gehälter auch für diese Generation eine wichtige Rolle. Die Erwartungen an Gehälter sind sehr individuell und von Bereich zu Bereich unterschiedlich. Allgemein können wir Unternehmen ans Herz legen, die Gehaltsspannen transparent zu kommunizieren, wenn sie bei der GenZ punkten möchten. Ebenfalls relevant ist das klare Aufzeigen von Karrieremöglichkeiten: Die GenZ will sicher sein, dass der jeweilige Job keine Sackgasse ist und sie im Unternehmen eine Zukunft mit Entwicklungschancen hat.
Welche Technologien erwartet die GenZ in ihrem zukünftigen Arbeitsumfeld und wie wichtig ist digitale Kompetenz?
Schulz: Sie ist als erste Generation mit digitalen Technologien aufgewachsen. Daher hat sie die Erwartung, dass kollaborative Tools und das Arbeiten in der Cloud fester Bestandteil des Arbeitsalltags sind. Unternehmen müssen ein Umfeld schaffen, in dem technologische Möglichkeiten offenstehen und der Einsatz innovativer Technologien geschätzt wird. Die GenZ möchte also sehen, dass das Unternehmen am Puls der Zeit ist und sich aufkommenden Technologien nicht verschliesst.
Wie wichtig ist es der GenZ, dass das Unternehmen sich für Diversität engagiert?
Schulz: Sie setzt die Förderung von Diversität, sozialer Verantwortung, Menschenrechten und Umweltbewusstsein allgemein voraus, wie Studien zeigen. Wir merken, dass Firmen, die durch eine negative Corporate Social Responsibility aufgefallen sind, besondere Mühe bei der Rekrutierung der GenZ haben. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass das Thema besonders für Kandidatinnen und Kandidaten mit einem diversen Hintergrund wichtig ist. Firmen, die diese spezifische Vielfalt an Talenten ansprechen wollen, müssen diese Diversität in ihrer Kommunikation zeigen.
«Die Generation Z ist eine aufgeschlossene und lernwillige Generation.»
Wie stellt sich die GenZ effektive Führung und Mentorship vor?
Schulz: Im Austausch mit Studierenden sehen wir immer wieder, wie verloren sich viele bei der Auswahl eines Berufswegs fühlen. Daher suchen sie nach Anleitung, um eine erfüllende Karriere zu finden. Eine Firma kann früh effektive Führung und Mentorship unter Beweis stellen – noch bevor die Kandidatin oder der Kandidat eingestellt wurde. Besonders beliebt ist es in unseren Livestreams beispielsweise, wenn Unternehmen Karrieretipps – zum Beispiel Learnings aus ihrer Karrierelaufbahn – teilen. Dadurch können sie ein Gefühl des «Gut-aufgehobenseins» erzeugen.
Was schätzt die GenZ im Bewerbungsprozess und was findet sie hinderlich?
Schulz: Wenn sie auf eine Bewerbung lediglich eine Standardantwort oder gar keine Rückmeldung erhält, empfindet sie das als sehr negativ. Was sie besonders schätzt: Feedback. Besonders bei Absagen will sie wissen, was sie besser machen kann.
Zum Abschluss: Was empfehlen Sie generell, um mehr Erfolg bei der Rekrutierung von GenZ-Talenten zu erzielen?
Schulz: Wir befinden uns in einer Zeit, in der die beruflichen Möglichkeiten für Studierende nach dem Abschluss grösser sind als je zuvor – Tendenz steigend. Das und dass sie sich alleine durch den Berufsdschungel schlagen müssen, führt bei vielen dazu, dass sie sich bei der Jobwahl verloren fühlen. Das Thema Orientierung wird deshalb immer wichtiger. Unternehmen, die erfolgreich rekrutieren, zeichnen sich dadurch aus, dass sie Orientierung bieten, indem sie transparent aufzeigen, was sie in den verschiedenen Berufsbildern erwartet. Dadurch können die Studierenden besser einschätzen, welche Stelle für sie die richtige ist und welche nicht. Die GenZ ist eine aufgeschlossene und lernwillige Generation: Unternehmen, die ihr proaktiv Möglichkeiten zur Weiterentwicklung aufzeigen, wirken weitaus anziehender auf sie.