Profico: Wenn man die Rekrutierungsarbeit so interpretieren will, gehen wir beinahe in den Verkauf hinein. Insofern muss ich als Recruiter im Prinzip meine Firma «verkaufen» können und den Kandidaten für mich gewinnen. Die meisten HR-Leute – und das ist nicht wertend gemeint – können nicht verkaufen.
Paszti: Ich stelle bereits beim Texten von Stelleninseraten gewisse Defizite fest. Es tut mir manchmal fast schon körperlich weh, wie sich gewisse Kunden in ihren Stelleninseraten «verkaufen». So im Stil: «Du musst froh sein, dass du bei uns arbeiten kannst, und wir geben dir jetzt den Tarif durch, was wir von dir verlangen.»
Müller: Ich gehe davon aus, dass die Recruiter aufgrund der Digitalisierung mittel- bis langfristig durch die Technik kannibalisiert werden. Die Rolle des Recruiters wird sich jedenfalls zwangsläufig verändern. Was er heute am besten und am liebsten macht, wird digitalisiert: CVs anschauen, Stapel machen, geeignete Recruiting-Kanäle auswählen. Diese Aufgaben werden sich morgen per Knopfdruck erledigen lassen. Das System wird sagen, welcher Kanal der beste ist. Es gibt zahlreiche Beispiele, die zeigen, dass Maschinen in vielen Fällen besser entscheiden als der Mensch – gerade in Zeiten von Big Data.
Profico: Der Faktor Mensch wird wichtig bleiben. Mit Maschinen kann man die Hardfactors überprüfen und zu einem hohen Grad ein Matching herbeiführen. Aber wegen der Softfactors muss auch ein Mensch im Hintergrund sein. Es gibt zwar auch Tools, die erlauben, Softfactors herauszufiltern, aber total automatisiert wird das nicht laufen, daran glaube ich nicht.
Näf: Hoffentlich auch nicht! Am Schluss sitzt dir im Job jemand gegenüber, und du hast ein Bauchgefühl und findest, ok, das matcht oder eben nicht. Und das soll auch in der Zukunft das entscheidende Momentum sein.
Müller: Am Ende ist es irrelevant, wie viel Traffic und Bewerber ich habe. Als Recruiter will ich möglichst schnell den besten Kandidaten mit vernünftigem Aufwand. Heute ist es aber so, dass die meisten Unternehmen fälschlicherweise versuchen, mit möglichst tiefem Aufwand möglichst hohe Reichweite zu erzielen. Das ist Schrotflinten- statt Scharfschützenprinzip.
René Maeder, Geschäftsführer, Xing Schweiz
Seit August 2015 ist der gebürtige Berner Geschäftsführer von Xing Schweiz und treibt in dieser Funktion den Aufbau eines Schweizer Teams und die Strategie der stärkeren Regionalisierung voran. Xing ist mit zehn Millionen Mitgliedern (davon 765 000 in der Schweiz) und einem Gesamtumsatz von 123 Millionen Euro (2015) im DACH-Raum das führende soziale Netzwerk für berufliche Kontakte. Gut ein Drittel des Umsatzes erwirtschaftet Xing im Recruiting-Geschäft – namentlich mit «Talentmanager»-Lizenzen, Stellenanzeigen und Employer-Branding-Profilen. Zudem bietet Xing nach dem Kauf des Schweizer Start-ups Eqipia neuerdings einen «Empfehlungsmanager», womit die sozialen Netzwerke der Mitarbeiter in der Personalbeschaffung genutzt werden können. In seiner Freizeit wandert Maeder gerne in den Bergen oder spielt eine Runde Golf. Mit seiner Partnerin teilt er die Leidenschaft für Wein und Städtereisen.
Profico: Da muss ich widersprechen. Wir erhalten monatlich etwa 700 Feedbackformulare, worin wir unsere Kunden unter anderem fragen: «Wie viele Bewerbungen haben Sie erhalten?» Und: «Sind Sie zufrieden mit der Dienstleistung?» In 75 Prozent der Fälle kommt es effektiv zu einer Einstellung. Wenn wir nachfragen: «Wie viele Bewerbungen brauchen Sie denn überhaupt? Oder was empfinden Sie als richtige Anzahl von Bewerbungen?», dann wird meist eine Zahl zwischen 10 und 20 genannt. Viele sagen uns auch, dass ihnen mehr als 50 Bewerbungen absolut zu viel sind. Bei Personalvermittlern verhält es sich natürlich anders, da sie selbstverständlich möglichst viele CVs erhalten wollen. Arbeitgeber wollen jedoch nur eine Anzahl Bewerbungen, die es ihnen ermöglicht, eine vernünftige Auswahl zu treffen.
Näf: Das ist ein wichtiger Punkt. Gefragt ist Qualität vor Quantität. Für die Recruiter ist es sicher zentral, die Prozesse möglichst schlank zu halten, um sich nicht mit hunderttausend Dossiers herumzuschlagen.
Müller: Für den Personaldienstleister bedeuten 20 Bewerbungen 19 Kollateralnutzen. Denn er kann mit diesen Leuten noch ein zusätzliches Business machen. Für den Arbeitgeber bedeuten 20 Bewerbungen 19 Kollateralschäden. Weil 19 Leute nicht zum Handkuss kommen und man diese enttäuschen muss. Durch eine geschickte Betreuung liesse sich aber der sogenannte War for Talents entschärfen, indem man die nicht berücksichtigten Kandidaten als Pool für künftige Besetzungen verstehen könnte.
Maeder: In etlichen Berufsfeldern herrscht schon heute ein so deutlicher Fachkräftemangel, dass es zum Kampf um die besten Talente kommt. In den betroffenen Branchen ist es nicht mehr möglich, 20 gute Dossiers auf eine Stellenausschreibung zu erhalten. Einfach mal in den Markt hineinzurufen, reicht da nicht mehr. Hier müssen die HR-Abteilungen auf anderen Wegen an Kandidaten herankommen.
Müller: Ich bin überzeugt, dass es eine Frage von Monaten, allenfalls von wenigen Jahren ist, bis man im Internet die Profile der fünf Millionen Arbeitstätigen in der Schweiz mehr oder weniger auf einen Klick durchsuchen kann. Allein auf Xing finde ich heute bereits 760 000 Profile. Und auf praktisch jeder Unternehmensseite sind heute ebenfalls bereits diverse Profile auffindbar. Ich denke, wir kommen langsam vom Post and Pray weg. Der Markt wird sich in eine Richtung verändern, die Xing heute schon sehr stark macht: Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden zunehmend aktiv und verlassen sich nicht einfach darauf, mal zu schauen, was kommt.
Cornel Müller, Gründer und Miteigentümer, Jobchannel AG, x28 AG
Seit 1992 in der Personaldienstleistungsbranche tätig ist Cornel Müller, seit 1998 in der Online-HR-Welt unterwegs. Mit seinen Firmen – die er seit Ende 2015 unter die Dachmarke 100000jobs.ch gestellt hat, verzeichnet er in der Schweiz rund 650 000 Unique Visitors. Die Grundlage seiner Geschäftsmodelle besteht darin, das Internet mittels «Spider-Technologie» auf offene Stellen und Profile von potenziellen Kandidaten abzusuchen und diese über verschiedene Kanäle branchenspezifisch aggregiert zusammenzuführen. Müller ist verheiratet, Vater eines sechsjährigen Sohns und wohnt und arbeitet am Zürichsee, wo er mit seiner Familie dem Wasserskifahren frönt.
Profico: Ich finde es schon sehr interessant, dass wir immer noch diesen Ausspruch vom ewigen Post and Pray zu hören bekommen. Offenbar postet man noch immer und siehe, es funktioniert doch!
Müller: Wir haben ja eine ganze Menge Studien, die zeigen, dass man eine von drei Stellen fast nicht besetzen kann. Darin begründet sich auch die Marktberechtigung der Headhunter, da sie eine gewisse Garantie abgeben und deshalb eben auch aktiv werden müssen. Post and Pray hat hingegen etwas Passives: Ich poste und warte.
Näf: Was aber nicht per se schlecht ist. Wir hören von Recruitern, die auf C-Level Positionen besetzen, immer wieder, dass die besten Rückläufe offenbar über ein altmodisches Stelleninserat im NZZ Executive hereinkommen. Damit hätten sie die besten Resultate. Jedenfalls genau die Leute, die sie wollen und brauchen. Es kommt natürlich immer extrem darauf an, über welche Art von Jobs man diskutiert, aber auf C-Level sind das die Feedbacks, die wir erhalten. Das ist dann meinetwegen Post and Pray, aber es funktioniert tatsächlich.
Müller: Post and Pray funktioniert dort, wo der Leidensdruck nicht zu gross ist. Deshalb sage ich auch, dass es das auch in Zukunft noch geben wird. Aber dort, wo der Leidensdruck hoch ist, vergiss es!
Maeder: Ich habe den Selbstversuch gemacht, da ich selber gerade einen Product Manager suche. Eine Stelle, die nicht einfach zu besetzen ist. Ich habe die Stelle bei dir (zu Renato Profico) ausgeschrieben und ich habe sie auch bei dir (zu Thomas Paszti) ausgeschrieben. Ich hatte zwar Rücklauf, aber es war leider nichts Passendes dabei.
Profico: Und wenn ich die Benutzer eines sozialen Netzwerks anschreibe, dann habe ich eine Response-Quote von wie viel? 20 Prozent? 10 Prozent?
Maeder: Unserer Erfahrung nach müsste etwa ein Drittel antworten.
Thomas Paszti, Gründer, medienjobs.ch und ictjobs.ch
Nach einer Lehre im Druckgewerbe machte sich Thomas Paszti 1998 selbständig und entwickelte seinen Betrieb zu einem kleinen digitalen Fachverlag weiter, der heute als Branchenplattform für Medien- und Kommunikationsfachleute die Medienwoche herausgibt. 2003 intensivierte er die Onlineaktivitäten und stieg mit der Jobplattform medienjobs.ch erfolgreich ins Online-Stellenmarkt-Business ein. 2013 lancierte er mit ictjobs.ch eine zweite Jobplattform für IT-Fachkräfte. Durch die Verzahnung von Fachinformationen und Stellenangeboten konnte er mit seinen Verticals eine stetig wachsende Community aufbauen. Thomas Pastzi verbringt seine Freizeit gerne in der Natur mit Kumpels beim Fliegenfischen. Er ist verheiratet und hat einen Sohn.
Stichwort Effizienz und damit auch Kosteneffizienz im Recruiting: Welche Performance-Benchmark-Messgrössen werden sich durchsetzen? Cost per Click, Cost per Applicant oder Cost per Hire?
Profico: Ich glaube nicht, dass für Arbeitgeber solche Zahlen im Vordergrund stehen. Diese sind eher für die Personalvermittler relevant, weil die mit den CVs andere Absichten verfolgen. Personalvermittler wollen in erster Linie CVs vermarkten. Darum versuchen sie natürlich, die Kosten pro Dossier möglichst tief zu halten. Ich glaube, Cost per Applicant und Cost per Hire werden in Zukunft vermehrt eingesetzt. Wir haben intern ein Projekt am Laufen, um herauszufinden, welches die geeignetsten Benchmarks sind. Es gibt Mitbewerber, die Cost per Applicant oder Cost per Hire heute schon als Geschäftsmodell anbieten. (Zu René Maeder) Cost per Click habt ihr ja schon anzubieten versucht. Mein Eindruck ist, dass seitens HR immer eine gewisse Schwierigkeit besteht, wie man damit bei der Budgetierung umgehen soll. Das kann ich auch verstehen. Denn wenn man ungefähr weiss, wie viele offene Stellen pro Jahr zu besetzen sind, dann kann man auch ein entsprechendes Kontingent an Inseraten einkaufen. Bei Cost per Click ist es natürlich schwieriger, abzuschätzen, wie viele Clicks ich überhaupt brauche, um meine offene Stellen zu besetzen. Ich tendiere eher zum Cost-per-Hire-Modell und weniger zu Cost per Click.
Maeder: Cost per Click ist weit mehr als ein Versuch. Bereits heute werden rund die Hälfte aller online gebuchten Stellen in diesem Modell gewählt. Und Kunden, die es einmal entdeckt haben, bleiben Cost per Click treu.
Wieso sollen sich Recruiter eigentlich für Ihr Produkt entscheiden und mit welchen Kennzahlen untermauern Sie Ihre Argumentation?
Profico: Ich empfehle den Arbeitgebern, auf jobs.ch und/oder jobup.ch zu inserieren, weil sie dort monatlich ein Viertel der arbeitstätigen Bevölkerung erreichen. Das funktioniert gut, ist effizient und es kommt in 75 Prozent der Fälle zu einer Einstellung. Zudem muss man den Rekrutierungsprozess nicht anpassen. Ich denke dabei vor allem an all die hunderttausend kleinen Firmen, die keine HR- oder Recruiting-Abteilung haben und Active Sourcing nur im weitesten Sinne betreiben können. Wobei wir mit der CVcloud sehr wohl auch ein Tool für Active Sourcing anbieten. Wenn Recruiter ein Inserat schalten, können sie ihre Ausschreibung auch in unserer CV-Datenbank mit den vorhandenen Profilen matchen.
Müller: Mit 100000jobs wollen wir primär Kunden abholen, die einfache Jobprofile ausschreiben, für die es nicht allzu schwierig ist, Kandidaten zu finden. Dort, wo es schwierig wird, haben wir angefangen, vertikale Stellenmärkte aufzubauen – etwa pflegeberufe.ch oder javajobs.ch. Das verstehe ich unter Zielgruppen-Approach. Insgesamt kommen wir heute konsolidiert auf 650 000 Unique Visitors, was ziemlich viel ist. Nicht ganz so viel wie bei jobs.ch, aber unsere Vertikalen für sich betrachtet weisen doch bereits sehr viele Besucher aus. Allein pflegeberufe.ch verzeichnet bereits 60 000 Unique Visitors. Inzwischen gehen drei von vier Stellensuchende auf Google und geben beispielsweise den Begriff «Java Jobs» ein. So treffen sie auf javajobs.ch und sehen, dass sie da alle offenen Java-Stellen finden, weil wir alle Vakanzen auf diesem Gebiet zusammenspidern. So können wir den Kunden zwar nicht viele, dafür geeignete Profile liefern. 100 000jobs.ch stellt quasi das Dach dar, weil wir erkannt haben, dass wir nicht 60 Nischenplattformen pushen können. Mit 100000jobs.ch holen wir auch Leute ab, die nicht genau wissen, was sie überhaupt suchen. Diese Leute können zwar auch jobs.ch besuchen, allerdings findet sich dort nur ein Viertel unserer Stellen, aber das ist selbstverständlich immer noch eine ganze Menge.
Maeder: Xing ist ja nicht nur eine Plattform für Recruiter, sondern in erster Linie ein soziales Karriere-Netzwerk mit zehn Millionen Mitgliedern, über 765 000 allein in der Schweiz. Für Recruiter bedeutet das ein enorm grosser Pool an möglichen Kandidaten – besonders auch an Fachkräften, die eigentlich gar nicht aktiv auf der Suche nach einem neuen Job sind. Um die bestmöglichen Kandidaten zu finden, bieten wir unseren Kunden vier Produkte an: Mit dem Talentmanager vermitteln wir Zugang zu unserem Mitglieder-Pool. Auf dem Stellenmarkt publizieren wir Stellenanzeigen, die wir auch direkt an passende Kandidaten ausspielen. Mit dem Employer-Branding-Profil können sich Firmen als Arbeitgeber Präsenz verschaffen. Und mit dem Kauf des Zürcher Start-ups Eqipia bieten wir seit Kurzem auch ein automatisiertes und intelligentes Mitarbeiterempfehlungsprogramm an.
Näf: Als Exot in der Runde spreche ich hier wirklich nur für den Printbereich. Bei uns ist es zwar tatsächlich so, dass man sehr viel Geld in die Hand nehmen muss, um eine Anzeige zu schalten, andererseits lässt sich damit auch auf einen Schlag eine grosse Kontaktsumme generieren. Und zwar zu hoch qualifizierten Leuten. Wir haben aktuell 269 000 NZZ-Leser und 417 000 bei der NZZ am Sonntag. Bereinigt weisen wir für das NZZ Excecutive 550 000 Leserinnen und Leser aus. Ich empfehle nicht, für eine Supermarkt-Kassiererin im NZZ Executive eine Anzeige zu schalten. Aber für Top-Level-Positionen bieten wir extrem hochstehende Kontakte. Die Quantifizierung ist allerdings relativ schwierig. Die Recruiter sagen uns nicht, ob sie 37 oder nur fünf Dossiers erhalten haben. Passivsuchende sind mit Abstand die spannendste Zielgruppe. Also diejenigen, die noch gar nicht wissen, dass sie gern einen neuen Job hätten. Die stolpern in der Zeitung darüber, wenn sie die NZZ Executive durchblättern. Das kann sonst niemand bieten.
Paszti: Warum man bei medienjobs.ch oder ictjobs.ch dabei sein sollte? Tamedia und Ringier zählen als Besitzer von jobs.ch zu unseren regelmässigen Inserenten, auch alle anderen grösseren Verlage mit eigenen Jobbörsen. Offensichtlich gibt es also in gewissen Fällen ein Bedürfnis, in einem Fachumfeld zu rekrutieren. Sobald wir Stelleninserate im B-to-B-Umfeld unserer Content-Plattform platzieren, verzeichnen wir zwischen 20 und 50 zusätzliche Views. Es findet also eine Zielgruppenerweiterung statt, nämlich die Ansprache von Passivsuchenden. Der Nachteil einer Jobbörse ist ja, dass man willentlich und also vorsätzlich dort suchen muss. Während der Vorteil eines Printprodukts darin besteht, dass man während des Durchblätterns oder Lesens einer Onlinepublikation nebenbei auch auf Jobangebote stösst, die offensichtlich Reaktionen und auch Bewerbungen auslösen. Bei uns läuft die Ansprache von Passivsuchenden bereits zu einem grossen Teil über die CV-Datenbank sowie natürlich über unsere eigenen Online-Fachmedien oder über die Zusammenarbeit mit Fachmedien. Das Matching-Tool unserer CV-Datenbank ist derart präzise, dass Job-Benachrichtungsmails zwar nicht häufig verschickt werden. Aber wenn, dann haben sie eine extrem hohe Treffsicherheit und somit Relevanz für den Empfänger. Das führt dazu, dass diese Suchprofile auch nach Stellenantritt nicht gelöscht werden, weil diese Benachrichtigungen ein wertvolles Arbeitsmarktfeedback liefern. Unsere CV-Datenbank wächst kontinuierlich. Und wir haben praktisch keine Löschungen. Bei medienjobs.ch sind es heute etwa 5300 Profile, die aktiv und also zustellbar sind. Bei ictjobs.ch sind es rund 1300.
Wie viel Geld muss ein Recruiter mindestens in die Hand nehmen, wenn man über Ihren Kanal eine Vakanz besetzen will?
Profico: 650 Franken.
Müller: Bei 100000jobs sind es 260 Franken.
Maeder: Bei Pay per Click gibt es keinen Basispreis, bei einem Inserat sind es 445 Franken.
Paszti: 360 Franken auf medienjobs.ch und 380 Franken auf ictjobs.ch. Inklusive ist auch der Zugang zur CV-Datenbank sowie die Publikation auf den Social-Media-Kanälen und im Publikationsnetzwerk.
Näf: Wenn man sich relativ kurz und knackig hält, ist man bei der NZZ im Print bereits mit ein paar Hundert Franken dabei. Standardmässig sind es eher 4000 bis 5000 Franken. Das ist sehr viel Geld, das ist uns absolut bewusst, aber Qualität kostet halt auch etwas.
Müller: Was ich allerdings fatal finde, ist, wenn Firmen richtig viel Geld ins Print investieren, dann aber die Kür verfehlen. Denn neun von zehn Kandidaten besuchen heute die Website. Und wenn du dort deine Pflicht nicht gemacht hast, dann riskierst du einen Imageschaden.
Maeder: Oder jemand besucht die Seite mit dem Smartphone und das Stelleninserat ist nicht mal mobile-tauglich, obwohl die Mehrheit der Leute heute auf dem Handy auf Stellensuche ist. So kommt gleich ein zweiter Imageschaden dazu.
Apropos Qualität und Kosten: Hand aufs Herz, inwiefern war bei der Gründung von 100000jobs der Hintergedanke im Spiel, nach den Preiserhöhungen von jobs.ch den Branchenprimus anzugreifen und dabei gerade den Personalberatern eine neue preisgünstige Heimat zu bieten?
Müller: Unsere Strategie war es von Anfang an, Nischen-Jobplattformen anzubieten, mit denen Unternehmen diejenigen Fachkräfte finden, die schwierig zu gewinnen sind – und nicht primär, gegen den Monopolisten anzutreten.
Profico: Swissstaffing hat das aber so gesagt und verhält sich auch so.
Müller: Wir sind aber nicht Swissstaffing. Das ist eine Kooperation. Unsere Strategie stand bereits vor dem Deal mit Swissstaffing. Die Strategie war nicht, gegen Jobs oder irgendeinen anderen Player anzutreten. Swissstaffing ist später auf uns zugekommen. Nachdem sie verschiedene Player evaluiert hatten. Offenbar waren wir ein interessanter Partner, weil wir alle im Internet publizierten Stellen aggregieren können. Abgesehen davon tut es jedem Markt gut, wenn es eine starke Nummer zwei gibt.
Was sind für Sie die wichtigsten Trends?
Profico: Es gibt verschiedene Themen, wo sich Trends abzeichnen: einerseits bei den Strategien, wie man Passiv-Stellensuchende gewinnen kann. Etwa mit Weiterempfehlungs-Tools wie Firstbird, mit denen wir eine Partnerschaft eingegangen sind. Einen weiteren Trend sehe ich weiterhin im Mobile-Bereich mit neuen Apps, die auf die Branche zukommen. Heute bewerben sich schon 10 bis 15 Prozent der Leute mobil. Tendenz steigend. Dabei dürfte zum Beispiel die Swipe-Technologie, wie man sie etwa von der Flirting-Plattform Tinder her kennt, noch Potenzial bergen. Mit einer entsprechenden Job-App kann ich spielerisch entscheiden, an welchem Job ich Interesse habe. Die Stellen, die positiv bewertet werden, generieren bei der Firma einen Lead, womit sich der Arbeitgeber mit Passiv-Suchenden in Verbindung setzen kann. Mit der neuen Generation, die kaum mehr E-Mail nutzt, sondern Whatsapp und Snapchat, wird eine weitere Thematik auf uns zukommen. Wenn ich mir von HR-Abteilungen etwas wünschen dürfte, dann, dass sie uns vermehrt kommunizieren, was sie brauchen, und ehrlich Feedback geben, was funktioniert und was nicht.
Maeder: Den Umbruch in der Arbeitswelt muss man ernst nehmen: Digitalisierung, Wertewandel und Fachkräftemangel sind die Themen, die dazu führen, dass HR-Abteilungen tendenziell eher mehr Aufwand haben werden. Die Loyalität zum Unternehmen wird weiter abnehmen, während das persönliche Netzwerk immer wichtiger wird. Denn das Netz dient auch als doppelter Boden. Die Verweildauer in einem Unternehmen sinkt stark. Dafür wächst das Bedürfnis nach Selbstbestimmung, wo die Karriere nicht mehr der alleinseligmachende Lebensmittelpunkt ist. Diese Themen, die gerne der jungen Generation zugeschrieben werden, ziehen sich immer mehr durch alle Altersschichten hindurch.
Müller: Wie die Recruiting-Trends von morgen aussehen, da sind wir wohl alle auch ein bisschen am Orakeln. Ich glaube, dass die Digitalisierung noch ganz viel verändern wird. jobs.ch, vor allem aber Jobsuchmaschinen, wird es wohl auch in zehn Jahren noch geben und Intermediäre wie Prospective oder Publicitas haben das Potenzial, den Diktator-Kuchen aufzubrechen. Wenn sie als Berater und Matchmaker auftreten, könnte es wirklich spannend werden.
Näf: Die technologische Entwicklung kommt, das lässt sich nicht wegreden, und ich hoffe, dass es doch weiterhin Platz hat für Qualitätsprodukte wie wir sie mit der NZZ anbieten können. Dies ist oftmals auch eine Budgetfrage, das ist uns absolut klar. Die Ergebnisse, die daraus resultieren, sprechen allerdings eine klare Sprache.
Paszti: Marktplätze als Treffpunkt von Angebot und Nachfrage sind uns seit Jahrtausenden vertraut. Insofern werden Stellenmärkte auch in Zukunft sicher weiterhin eine dominante Rolle spielen. Ich glaube aber, dass sich der Trend vermehrt in Richtung Multichannel entwickelt. Auf Kundenseite stelle ich fest, dass die HR-Abteilungen massiv unter Druck sind. Wir haben Kundeninterviews geführt. Das am häufigsten geäusserte Statement war: Arbeit abnehmen! HR ist heute so unter Zeitdruck, dass alles, was mit Aufwand und zusätzlichem Kompetenzerwerb verbunden ist, eine Hürde darstellt. Dazu fällt mir eine Geschichte ein: Ein Fischer sitzt am See und ist am Fischen. Da klopft ihm jemand von hinten auf die Schulter und sagt: Ich zeige dir, wie man ein Netz knüpft, dann kannst du viel mehr Fische fangen. Da dreht sich der Fischer um und sagt: Ich habe keine Zeit, ich muss fischen. Das finde ich ziemlich sinnbildlich für die Situation, in der wir uns heute befinden.