Das Vergütungssystem in einem Unternehmen besteht immer aus verschiedenen Komponenten, welche vorsichtig aufeinander abgestimmt werden müssen, um die Anreizwirkung aufrechtzuerhalten. Die Herausforderung besteht darin, ein optimales Anreizsystem für alle Interessengruppen zu gestalten und dessen Risiken und Konsequenzen genau abzuschätzen. Dabei steht der Mensch im Zentrum des Interesses. Seine individuellen Bedürfnisse und Absichten sollen durch richtig gesetzte Anreize an diejenigen des Unternehmens angeglichen werden. Ausserdem soll das Ganze möglichst einfach und gut kommunizierbar sein.
Kulturelle Praktiken berücksichtigen
Neben den finanziellen Anreizen ist ein vollständiger Performance-Management-Prozess entscheidend, um die Mitarbeiterzufriedenheit und die Leistung langfristig aufrechtzuerhalten. Unternehmen sind hier geforderter denn je. Es bedingt beispielsweise langjährige Erfahrung, angemessene Ziele zu definieren, um das Leistungspotenzial auszuschöpfen, ohne dabei falsches Verhalten zu fördern.
Dabei müssen auch die kulturellen Unterschiede der Mitarbeiter und landesspezifischen Eigenschaften der Vergütungselemente angemessen berücksichtigt werden. Grosse Unterschiede gibt es neben dem differierenden Arbeitsrecht und den Sozialversicherungen zum Beispiel bei den Benefits und Repräsentationsspesen. Ebenso gilt es, bei der Vergütung lokale und branchenspezifische Bedürfnisse abzudecken. Beispielsweise sind variable Anteile in bestimmten Branchen nicht mehr wegzudenken, ebenso gibt es bezüglich der Höhe des Gehalts grosse lokale Unterschiede. Stimmige Anreizstrukturen sind unabdingbar, denn sie repräsentieren am Schluss zwei Dinge. Sie prägen die Werte und die Kultur des Unternehmens und beeinflussen nachhaltig die Leistung der Organisation und ihre Wettbewerbsfähigkeit. Diese Herausforderung lässt sich nur mit zusätzlichem, teilweise schwer zu findendem Fachwissen und langjähriger Erfahrung realisieren.
Werte sind gefragt
Für die relevanten Interessengruppen sind bestimmte Werte und Prinzipien festzulegen und durchgängig zu realisieren, damit das bestehende Vergütungssystem eine gute langfristige Akzeptanz findet. Zu diesen gehört, dass die Vergütungskonzepte möglichst transparent und fair sind sowie auf Eigenverantwortung basieren. Bestehende Gehaltsstrukturen, die patronal oder diskretionär und damit eher intransparent gestaltet sind und nur nach jahrelanger Erfahrung mit den Unternehmen verstanden werden, stehen mit diesen Anforderungen im Widerspruch.
Führung spielt eine zentrale Rolle
Die Führung spielt bei der Vergütung eine zentrale Rolle. Einerseits werden Zielvereinbarungen zwischen den Mitarbeitenden und ihren Vorgesetzten getroffen, Fortschrittskontrollen vorgenommen und am Ende des Jahres die Leistung beurteilt, welche sich in der Ver-gütung widerspiegelt. Andererseits haben Führungskräfte eine Vorbildfunktion für ihre Mitarbeiter. Sie geben ihnen Anerkennung und Wertschätzung – die Grundlage, um überhaupt die Ziele zu erreichen und langfristig erfolgreich zu sein. Vergütungsexperten verstehen diese zwischenmenschlichen Einflüsse und können effiziente Strategien entwickeln und umsetzen, die die Vergütung nachvollziehbar und gerecht machen.
Um der Komplexität dieser Anforderungen gerecht zu werden, wird der Bedarf an Compensation-&-Benefits-Experten steigen, welche langjährige Erfahrung und breit abgestützte Kenntnisse mitbringen. Sie sind strategisch und konzeptionell gefordert, müssen ausgeprägte technische und finanzielle Kenntnisse mitbringen und sind kommunikativ bei der Formulierung von Richtlinien sowie der Information der Beteiligten gefordert. Ausserdem müssen sie für die verschiedenen Stakeholdergruppen ein verlässlicher Experte und auch Ansprechpartner für rechtliche Fragen sein.
Das sagen Absolventen des CAS Compensation & Benefits Management
Lorenz Stauffer, Leiter HR-Strategie, Compensation und Prozesse bei der BKW FMB Energie AG
Ein unternehmensbezogenes Anreizsystem entwickeln – denn: One doesn’t fit all
Was ist an Löhnen heute so komplex, dass es dafür Spezialisten braucht?
Lorenz Stauffer: Einfache Gegenfrage: Was ist Lohn? Davon ausgehend, dass es sich dabei zum Beispiel um das Bruttojahresgrundsalär einer bestimmten Funktion handelt, ist dessen Festsetzung bereits anspruchsvoll genug, Stichworte: angemessener Funktionslohn, interne und externe Lohngerechtigkeit etc. Weiter ist dieses Salär nur ein Mosaikstein der gesamten Anreizthematik. Der Mitarbeiter nimmt die Anreize als Gesamtpaket wahr und verhält sich so, wie es für ihn am besten ist. Beim Setup, dem Betrieb und der Weiterentwicklung des Lohnsystems und insbesondere bei einzelnen Komponenten muss daher immer auch die gesamte Anreizstruktur berücksichtigt werden. Diese Zusammenhänge erfordern einen Mix aus betriebswirtschaftlichem und psychologischem Know-how.
In welchen C-&-B-Bereichen hatten Sie Nachholbedarf?
Beim spezifischen theoretischen Fachwissen, beim Verstehen und bei der Ausgestaltung der variablen Lohnkomponenten, insbesondere der Long-Term Incentives, sowie im Bereich Expats, von den verschiedenen Entsendungsarten bis hin zu den rechtlichen und steuerlichen Einflussgrössen – hier hatte ich bisher in der praktischen Arbeit wenig Berührungspunkte.
Was sind die wichtigsten Punkte, die Sie gelernt haben?
Ich kenne das Zusammenspiel der einzelnen Vergütungskomponenten sowie der gesetzlichen, steuerlichen und reglementarischen Einflussgrössen. Auch bin ich auf dem Laufenden über die aktuellen Entwicklungen. Und ich weiss, wie man ein unternehmensbezogenes Anreizsystem entwickelt. Denn: One doesn’t fit all.
Wie können Sie Ihr neues Wissen anwenden?
Bei der Beratung und Argumentation gegenüber Linienverantwortlichen und Entscheidungsträgern, bei der Entwicklung und Verteidigung von Konzepten sowie bei der Beurteilung von Einzel- und Gesamtlösungen im Bereich Compensation & Benefits.
Was hat Sie während der Ausbildung erstaunt?
Das Auseinanderdriften psychologischer Motivationstheorien, welche tendenziell auf fixe Lohnkomponenten hinweisen, und der gelebten Praxis, in der variable Komponenten nach wie vor und weiterhin häufig zur Anwendung kommen.
Massgeschneiderte C-&-B-Lösungen schaffen einen klaren Wettbewerbsvorteil
Was ist an Löhnen heute so komplex, dass es dafür Spezialisten braucht?
Catherine Ammann: Der Lohn ist zwar eine wichtige, aber leider auch nicht die einzige Compensation-&-Benefits-Komponente. Zukünftig wird es darum gehen, massgeschneiderte Vergütungspakete und -systeme zu entwickeln. Den Wunsch vieler Unternehmen, die Mitarbeiter in fairer Weise am Geschäftserfolg zu beteiligen, gilt es durch zeitgemässe Vergütungssysteme zu erfüllen. Zentrales Thema wird dabei aus Firmensicht die Mitarbeiterbindung werden. Die hohe Komplexität resultiert daraus, die verschiedenen Komponenten unter einen Hut zu bringen: Unternehmens- sowie Vergütungsstrategie, Arbeitgeberattraktivität, individuelle Mitarbeiterleistung, Funktionen und Verantwortlichkeit sowie Arbeitsmarktumfeld.
In welchen C-&-B-Bereichen hatten Sie Nachholbedarf?
Beim Setzen der «richtigen» Key Performance Indicators. Die richtigen finanziellen Zielgrössen festzulegen, welche dann auch praktikabel im Performance-Management-System eines globalen Unternehmens umgesetzt werden können und langfristig allen Stakeholders nützen, ist gar nicht so einfach.
Was sind die wichtigsten Punkte, die Sie gelernt haben?
Neben einer guten Arbeitsatmosphäre können massgeschneiderte C-&-B-Lösungen die Leistungsorientierung, die Motivation sowie die Bindung der Mitarbeitenden an die Firma erhöhen und dem Unternehmen damit einen klaren Wettbewerbsvorteil schaffen.
Wie können Sie Ihr neues Wissen anwenden?
Heute ist es in fast jeder HR-Generalistenfunktion von Vorteil, vertiefte Kenntnisse im Bereich C&B mitzubringen, um die entscheidenden Prozesse im Unternehmen besser zu verstehen. Persönlich kann ich mein Wissen weiter als Global HR Business Partner nutzen; ich könnte mir aber auch vorstellen, zukünftig eine Rolle als Fachspezialist C&B mit einer ganzheitlichen Perspektive zu übernehmen.
Was hat Sie während der Ausbildung erstaunt?
Die hohe Komplexität der einzelnen Themen und deren Interdependenzen. Ändere ich einen Parameter, so muss ich die Auswirkungen an anderer Stelle bedenken.
- Interviews: Franziska Meier