Employer-Branding-Studie

Employer Brand: Luft nach oben

Mittels einer Arbeitgebermarke versuchen viele Unternehmen sich im hart umkämpften Arbeitsmarkt um Fachkräfte zu positionieren. Doch über welche Massnahmen wird die Arbeitgebermarke konkret umgesetzt? Und werden diese systematisch gemessen? Gibt es Unterschiede zwischen Unternehmen in Deutschland und der Schweiz? Avenir Consulting hat in Kooperation mit dem deutschen Beratungsunternehmen meta five im Jahr 2014/2015 bei verschiedenen Organisationen nachgefragt.

Über 130 Unternehmen in Deutschland und über 80 Unternehmen in der Schweiz unterschiedlichster Grössen und Branchen haben an der Studie teilgenommen und ihre Sicht auf das Thema «Employer Branding» geteilt. Über die Hälfte der Befragten besitzt eine Arbeitgebermarke. Aber: Das volle Potenzial der Marke wird von ihnen häufig nicht vollständig genutzt – besonders hinsichtlich der nach innen gerichteten Massnahmen.

Die Arbeitgebermarke wird in Deutschland und der Schweiz hauptsächlich zur Rekrutierung eingesetzt (vgl. Abb. 1). Unterschiede zwischen den beiden Ländern bestehen insbesondere dort, wo Bewerber persönlichen Kontakt mit Mitarbeitenden im Unternehmen haben, etwa im Interview. Explizite Konzepte, die diese Mitarbeitenden zu Markenbotschaftern ausbilden, gibt es nur in circa jedem zehnten Unternehmen in Deutschland respektive in jedem dritten in der Schweiz. Nach wie vor wird die Arbeitgebermarke für die Bindung von bestehenden Mitarbeitenden wenig eingesetzt. Lediglich knapp 40 Prozent der deutschen und immerhin über die Hälfte der Schweizer Teilnehmenden geben an, diese für die Mitarbeiterbindung zu nutzen. Entsprechend gross fällt auch der Unterschied zwischen den beiden Ländern beim Einsatz der Marke für das Onboarding aus.

Wie sieht es mit der Wirksamkeit der Arbeitgebermarke aus? Rund ein Drittel der Teilnehmenden aus Deutschland und über 40 Prozent der in der Schweiz befragten Teilnehmenden überprüfen regelmässig und systematisch, wie erfolgreich der Einsatz der Arbeitgebermarke ist. Dabei fällt insbesondere in Deutschland auf, dass der Erfolg und damit die genutzten Messgrössen eher mittels kurzfristigen, quantitativen statt nachhaltigen, qualitativen Kriterien interpretiert werden. So nutzen beispielsweise über 60 Prozent der deutschen und Schweizer Befragten die Anzahl der Bewerbungen und über 50 Prozent die Anzahl an Zusagen und/oder Einstellungen als Erfolgskriterien. Den Verbleib nach dem ersten, kritischen Jahr wird in der Schweiz häufig gemessen, in Deutschland relativ selten. Qualitative Kriterien wie den erreichten «Fit» zwischen Bewerber und Unternehmen sowie die fachliche Passung messen beide Länder relativ wenig.

Mit Authentizität und Kontinuität zur starken Positionierung

Die Ergebnisse der Studie zeigen: In beiden Ländern besteht bezüglich ganzheitlicher Einsatz der Arbeitgebermarke und Wirksamkeitskontrolle der eingesetzten Massnahmen noch ungenutztes Potenzial.

Employer Branding endet nicht bei der Definition einer Arbeitgebermarke – die Marke wird erst dann wirksam, wenn sie in Massnahmen überführt wird. Entscheidend ist dabei der einheitliche und professionelle Einsatz der Arbeitgebermarke an jedem Kontaktpunkt zwischen (potenziellen) Mitarbeitenden und dem Unternehmen. Negative Erfahrungen an einem Berührungspunkt können bei dem potenziellen oder aktuellen Mitarbeitenden die positiven Erlebnisse an anderen Kontaktpunkten überstrahlen. Aus diesem Grund ist eine kontinuierlich positive Candidate Experience entscheidend. Damit gewinnen neue Messgrössen und -instrumente zur Wirksamkeitskontrolle an Bedeutung: Nicht die Anzahl der eingegangen Bewerbungen ist entscheidend, sondern wie die Candidate Experience erlebt wird. Eine Kontaktpunktanalyse bietet beispielsweise die Möglichkeit, die Erlebbarkeit des Markenversprechens an den unterschiedlichen Berührungspunkten zu messen und somit stetig zu verbessern.

Der Neueintritt in ein Unternehmen stellt eine besonders kritische Phase dar, denn hier prüfen die eintretenden Mitarbeitenden, ob sich das Markenversprechen bewahrheitet. Dabei ist das Verhalten der neuen Arbeitskollegen und Vorgesetzten wichtiger als Hochglanzbroschüren. Die bestehenden Mitarbeitenden wirken dabei (auch unbewusst) als Markenbotschafter. Deshalb ist es wichtig, Massnahmen nach innen umzusetzen, um so das Verhalten im Sinne der Arbeitgebermarke («Brand Behaviour») zu fördern und die aktive Weiterempfehlung zu stärken.

Wann also entfaltet die Marke ihre Wirkung?

Eine sorgfältige Definition der Arbeitgebermarke ist entscheidend, damit sich ein Unternehmen zielgerichtet im Arbeitsmarkt positionieren kann. Aber wirksam wird die Marke erst, wenn alle Kontaktpunkte zwischen potenziellen und bestehenden Mitarbeitenden im Sinne der EVP bewirtschaftet werden. Denn hier bewahrheitet sich das Markenversprechen – oder eben nicht.

Praxisbeispiele: Einblicke in die Umsetzung der Arbeitgebermarke

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Corinne Scheiwiller studierte an der Universität Bern sowie der Universität Groningen (NL) Psychologie mit Schwerpunkt Arbeits- und Organisationspsychologie. Neben Praktika an der HSG und in Beratungsunternehmen ist sie seit Beginn 2013 als Consultant für Avenir Consulting AG tätig. Ihre Beratungsschwerpunkte umfassen die Themen Employer Branding, Befragungen, 360-Grad-Feedback und Kompetenzmanagement.

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Dr. Marcel Oertig studierte Betriebswirtschaft und absolvierte seine Dissertation im Bereich HRM an der Universität St. Gallen. Nach verschiedenen Leitungsfunktionen im Bereich HRM ist er seit 2005 Gründungspartner der Avenir Consulting AG in Zürich. Seine Beratungsschwerpunkte umfassen HR-Strategie und -Organisation, Employer Branding, Kompetenz- und Talentmanagement.

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