Gegen Alibi-Verwaltungsrätinnen
Die Diskussion um die Frauenquote ist ja nicht neu. Seit Jahren beraten Vertreter aus Politik und Wirtschaft, wie Frauen gefördert und auf die Aufgaben eines Verwaltungsratsmandats vorbereitet werden können. Dass gemischte Teams effizienter arbeiten und Firmen mit einer solchen Unternehmenskultur bessere Resultate schreiben, ist nicht erst seit der Finanzkrise unbestritten. Ich selbst bin von den Vorteilen geschlechtergemischter Teams überzeugt!
Jedoch bin ich klar der Meinung, dass Quoten nicht der richtige Ansatz zur Frauenförderung sind. Mit welchem Gefühl würde ich in einem Verwaltungsrat Einsitz nehmen, wenn ich nicht aufgrund meiner Person und meiner Fähigkeiten, sondern aufgrund meines Geschlechts oder einer gesetzlich vorgeschriebenen Quote «gewählt» würde? Ich sähe mich als «gewissensberuhigende Alibi-Verwaltungsrätin».
Werde ich in einen Verwaltungsrat gewählt, habe ich den Anspruch, aufgrund meiner Kompetenzen aufgenommen zu werden. Nur so fühle ich mich akzeptiert und berechtigt, meine Meinung einzubringen und die Aufmerksamkeit der übrigen Mitglieder einzufordern. Daraus ergibt sich eine wichtige Eigenschaft, welche für Frauen in männerdominierten Funktionen wichtig ist: ein gesundes Selbstvertrauen!
Wichtiger und effektiver als eine Frauenquote erscheint mir das Bewusstsein der Führungskräfte für die Wichtigkeit, fähige Frauen mit Führungsaufgaben zu betrauen und ihnen damit die Möglichkeit zu bieten, auf Managementebene Erfahrungen zu sammeln. Mit einem solchen Selbstverständnis der Männer wird eine Quotenregelung überflüssig, da immer mehr Frauen mit den gleichen Voraussetzungen und Fähigkeiten wie ihre männlichen Kollegen für die Wahl in Verwaltungsräte zur Verfügung stehen werden. Mit dieser «Vorarbeit» bezeugen Wirtschaft und Politik ausserdem, dass Frauen in wichtigen Ämtern erwünscht und geschätzt werden und nicht nur zur Einhaltung einer Vorgabe dienen.
In einer vom Arbeitgeberverband im Oktober veröffentlichten Studie steht: «Die Erfahrungen aus Norwegen sind interessant und zeigen Folgen der gesetzlichen Frauenquote auf. Ausser einer Zunahme der Frauenanteile in den Verwaltungsräten hat sich nicht viel verändert: Innerhalb der Verwaltungsräte besteht weiterhin eine Geschlechterhierarchie. Nur fünf Prozent der Frauen sind Vorsitzende des Verwaltungsrates. Hinzu kommt, dass die (zu) schnelle Einführung der Frauenquote zu einer massiven Ämterkumulation geführt hat. Einige wenige Frauen sitzen nun in zahlreichen Verwaltungsräten. Die Vorschrift des Gesetzgebers wird damit formell erfüllt, ohne dass eine breite Basis an Frauen gefördert wird.»
Diese Erfahrungen bestärken mich in meiner Überzeugung, dass die Quote nicht die Lösung zur Frauenförderung sein kann, sondern dass wir alles daransetzen müssen, den vielen fähigen Frauen durch die Übertragung von Aufgaben auf Ebene Geschäftsleitung zu ermöglichen, Strategie- und Führungserfahrungen zu sammeln. Damit erhöhen wir den Anteil an Frauen, welche dem Anforderungsprofil einer Verwaltungsrätin entsprechen und somit aufgrund ihrer Fähigkeiten und Erfahrungen als weibliche Persönlichkeit ins Amt gewählt werden können und nicht aufgrund einer Quote.
Und noch ein Wort an die Frauen: Macht mit eurem Wissen auf euch aufmerksam, seid risikobereit und nehmt Herausforderungen an!
- Susy Brüschweiler ist Präsidentin der SV Stiftung und Verwaltungsrätin der Schweizerischen Mobiliar Genossenschaft, der Mobiliar Holding sowie Verwaltungs- und Stiftungsrätin der Schweizer Paraplegiker-Stiftung Nottwil.