HR-Debatte

Frauenquote

In einem sind sie sich einig: Monique Ryser, Präsidentin von Business & Professional Women, 
und Susy Brüschweiler, Präsidentin der SV Stiftung, sind überzeugt, dass es in den Schweizer Geschäftsleitungen und Verwaltungsräten mehr Frauen braucht. Wie dieses Ziel aber erreicht werden soll, da gehen ihre Meinungen auseinander. Monique Ryser setzt sich für eine Frauenquote ein und argumentiert unter anderem mit dem politischen System der Schweiz, das als Erfolgsmodell gelte, weil dank Quoten linke und rechte Parteien, städtische und ländliche Gebiete und Vertreter aus allen Sprachregionen gleichermassen eingebunden werden. Susy Brüschweiler hingegen betrachtet Quoten als den falschen Ansatz. Sie fordert ein Umdenken bei der Besetzung von Führungspositionen. Denn statt als «gewissensberuhigende Alibi-Verwaltungsrätinnen» 
sollen Frauen aufgrund ihrer Kompetenzen in verantwortungsvolle Gremien gewählt werden.

Das Erfolgsmodell beruht auf Quoten

«Ui, nein, ich will keine Quotenfrau sein! Ich will wegen meiner Fähigkeiten ausgewählt werden!», ist das beliebteste und häufigste Argument von Frauen gegen die Frauenquote. Nun, ich kann alle Quotengegnerinnen beruhigen: Keine von uns ist verpflichtet, einen Job anzunehmen, wenn sie auch nur im Entferntesten das Gefühl hat, sie bekomme ihn nur, weil sie eine Frau ist. Jede von uns hat die Freiheit zu sagen: «Danke. Ich bin nicht interessiert.»

Heute sind 94 Prozent der Geschäftsleitungsmitglieder der grössten Unternehmen in der Schweiz Männer. In den Verwaltungsräten sind es 88 Prozent (Schillingreport 2013). Gibt es dieses Missverhältnis, weil die angefragten Frauen abgesagt haben? Oder weil Frauen weniger fähig sind?  Ist es das, liebe Quotengegnerinnen, was Sie uns sagen wollen mit obigem Argument? Nein? Es ist trotzdem der logische Umkehrschluss.

Eine homogene Gruppe tut sich schwer, wenn sie etwas Neues einbinden soll. Das ist normal: Man wählt aus, was man kennt, was vertraut ist. Chefetagen und Verwaltungsräte sind homogene Gruppen von Männern. Logisch, dass sie, wenn es darum geht, einen Posten neu zu besetzen, auf Altvertrautes zurückgreifen. Auf Männer. Und deshalb heisst es seit mehr als 30 Jahren, dass sich das schon ändern wird. Mit der Zeit. Nur, es sind inzwischen mindestens zwei Generationen bestausgebildete Frauen auf dem Markt. Und trotzdem sind Verwaltungsräte und Teppichetagen immer noch mehrheitlich von Männern bevölkert. Anders in der Politik: Hier gingen die Frauen zweimal vors Bundeshaus, weil Frauen als Bundesrätinnen verhindert werden sollten. Heute ist es unvorstellbar, dass ein Bundesrat nur aus Männern besteht.

Diese gesellschaftliche Realität hat in der Wirtschaft nicht Einzug gehalten. Das schadet der Wirtschaft. Denn: Etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung sind Frauen, also auch Konsumentinnen. Rund 80 Prozent der Kaufentscheide werden von Frauen getroffen, und schliesslich sind rund 80 Prozent der Frauen berufstätig, also in die Wirtschaft eingebunden.

Studien haben  ergeben, dass eine Firma, in der auch Frauen an der Entscheidungsfindung beteiligt sind, besser geschäften. «Why Women Matter» der Beratungsfirma McKinsey kommt zum Schluss: Durch die höhere Beteiligung von Frauen in den Führungsetagen steigt auch der Unternehmenserfolg. Und das Credit Suisse Research Institute folgert im Bericht «Gender Diversity and the Impact on Corporate Performance»: «In den vergangenen sechs Jahren entwickelte sich der Aktienkurs von Unternehmen mit mindestens einer Frau im Verwaltungsrat besser als der anderer Firmen.»

Auch der Bundesrat hat das erkannt und vor kurzem beschlossen, den bundesnahen Betrieben Geschlechterquoten vorzugeben. Dass der Bund vorangeht, hat eine innere Logik: Die Schweiz wäre kein Erfolgsmodell, gäbe es keine Quoten. Würden wir nicht bewusst Vertreterinnen und Vertreter aus allen Sprachregionen, aus Städten und ländlichen Gebieten, aus linken und rechten Parteien in die Institutionen einbinden und sie mit unausgesprochenen oder vorgeschriebenen Quoten schützen. Wieso die Wirtschaft, die immer wieder die Standortvorteile dieses Landes betont, nicht dasselbe macht, bleibt ihr Geheimnis. Und warum wir Frauen mithaften sollen, wenn einer unserer grossen Multis wieder mal Probleme bekundet, obwohl wir nicht mal Schuld am Problem haben dürfen. Das hingegen können wir ändern. Wenn wir nur wollen.

  • Monique Ryser ist
 Präsidentin des Verbandes Business and Professional Women BPW Switzerland.

 

Gegen Alibi-Verwaltungsrätinnen

Die Diskussion um die Frauenquote ist ja nicht neu. Seit Jahren beraten Vertreter aus Politik und Wirtschaft, wie Frauen gefördert und auf die Aufgaben eines Verwaltungsratsmandats vorbereitet werden können. Dass gemischte Teams effizienter arbeiten und Firmen mit einer solchen Unternehmenskultur bessere Resultate schreiben, ist nicht erst seit der Finanzkrise unbestritten. Ich selbst bin von den Vorteilen geschlechtergemischter Teams überzeugt!

Jedoch bin ich klar der Meinung, dass Quoten nicht der richtige Ansatz zur Frauenförderung sind. Mit welchem Gefühl würde ich in einem Verwaltungsrat Einsitz nehmen, wenn ich nicht aufgrund meiner Person und meiner Fähigkeiten, sondern aufgrund meines Geschlechts oder einer gesetzlich vorgeschriebenen Quote «gewählt» würde? Ich sähe mich als «gewissensberuhigende Alibi-Verwaltungsrätin».

Werde ich in einen Verwaltungsrat gewählt, habe ich den Anspruch, aufgrund meiner Kompetenzen aufgenommen zu werden. Nur so fühle ich mich akzeptiert und berechtigt, meine Meinung einzubringen und die Aufmerksamkeit der übrigen Mitglieder einzufordern. Daraus ergibt sich eine wichtige Eigenschaft, welche für Frauen in männerdominierten Funktionen wichtig ist: ein gesundes Selbstvertrauen!

Wichtiger und effektiver als eine Frauenquote erscheint mir das Bewusstsein der Führungskräfte für die Wichtigkeit, fähige Frauen mit Führungsaufgaben zu betrauen und ihnen damit die Möglichkeit zu bieten, auf Managementebene Erfahrungen zu sammeln. Mit einem solchen Selbstverständnis der Männer wird eine Quotenregelung überflüssig, da immer mehr Frauen mit den gleichen Voraussetzungen und Fähigkeiten wie ihre männlichen Kollegen für die Wahl in Verwaltungsräte zur Verfügung stehen werden. Mit dieser «Vorarbeit» bezeugen Wirtschaft und Politik ausserdem, dass Frauen in wichtigen Ämtern erwünscht und geschätzt werden und nicht nur zur Einhaltung einer Vorgabe dienen.

In einer vom Arbeitgeberverband im Oktober veröffentlichten Studie steht: «Die Erfahrungen aus Norwegen sind interessant und zeigen Folgen der gesetzlichen Frauenquote auf. Ausser einer Zunahme der Frauenanteile in den Verwaltungsräten hat sich nicht viel verändert: Innerhalb der Verwaltungsräte besteht weiterhin eine Geschlechterhierarchie. Nur fünf Prozent der Frauen sind Vorsitzende des Verwaltungsrates. Hinzu kommt, dass die (zu) schnelle Einführung der Frauenquote zu einer massiven Ämterkumulation geführt hat. Einige wenige Frauen sitzen nun in zahlreichen Verwaltungsräten. Die Vorschrift des Gesetzgebers wird damit formell erfüllt, ohne dass eine breite Basis an Frauen gefördert wird.»

Diese Erfahrungen bestärken mich in meiner Überzeugung, dass die Quote nicht die Lösung zur Frauenförderung sein kann, sondern dass wir alles daransetzen müssen, den vielen fähigen Frauen durch die Übertragung von Aufgaben auf Ebene Geschäftsleitung zu ermöglichen, Strategie- und Führungserfahrungen zu sammeln. Damit erhöhen wir den Anteil an Frauen, welche dem Anforderungsprofil einer Verwaltungsrätin entsprechen und somit aufgrund ihrer Fähigkeiten und Erfahrungen als weibliche Persönlichkeit ins Amt gewählt werden können und nicht aufgrund einer Quote.

Und noch ein Wort an die Frauen: Macht mit eurem Wissen auf euch aufmerksam, seid risikobereit und nehmt Herausforderungen an!

  • Susy Brüschweiler 
ist Präsidentin der SV Stiftung und Verwaltungsrätin der Schweizerischen Mobiliar Genossenschaft, der Mobiliar Holding sowie Verwaltungs- und Stiftungsrätin der Schweizer Paraplegiker-Stiftung Nottwil.
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