Fünf Schritte zu mehr psychologischer Sicherheit am Arbeitsplatz
In vielen Arbeitsumgebungen zögern Teammitglieder, Fehler zuzugeben oder Entscheidungen zu treffen – aus Angst vor negativen Reaktionen. Fünf einfache Schritte zeigen, wie Unternehmen ein offenes und unterstützendes Umfeld etablieren können, das psychologische Sicherheit und eine verbesserte Teamdynamik fördert.
Psychologische Sicherheit fördert den offen Austausch im Team und treibt damit die Innovationkultur voran. (Bild: iStock)
Warum gelingt bei einigen Teams die Zusammenarbeit besser als bei anderen? Ein wesentlicher Faktor ist psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz. Der Begriff «psychologische Sicherheit» beschreibt die kollektive Überzeugung der Teammitglieder, dass sie sich in einem sicheren Umfeld befinden, in dem sie Risiken eingehen, Ideen und Bedenken äussern, Fragen stellen und Fehler eingestehen können – ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen. Dieses Konzept geht über die Berücksichtigung individueller Eigenschaften hinaus und prägt das Lernverhalten von Teams auf der Gruppenebene, was sowohl die Leistungsfähigkeit des Teams als auch die des Unternehmens entscheidend beeinflusst. Untersuchungen von Oyster HR belegen, dass psychologische Sicherheit zu den Aspekten gehört, die Mitarbeitende am Arbeitsplatz am meisten schätzen, während die Ergebnisse anderer Studien (zum Beispiel Gallup) darauf hindeuten, dass ein psychologisch sicherer Arbeitsplatz die Fluktuation der Mitarbeitenden reduzieren und zu einer höheren Produktivität führen kann.
In traditionellen Arbeitsumgebungen kann sich eine offene Kommunikation aufgrund von Hierarchien oder einer von Angst geprägten Fehlerkultur als schwierig gestalten. Teammitglieder zögern dann, Fehler zuzugeben oder Entscheidungen zu treffen – aus Angst vor negativen Reaktionen. Um ein solches Umfeld nachhaltig zu verbessern, müssen Führungskräfte eine Vorreiterrolle übernehmen, bei der sie Strategien zur Förderung von psychologischer Sicherheit aktiv in ihren Arbeitsalltag integrieren. Das Ziel sollte sein, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Mitarbeitende darin bestärkt fühlen, offen zu kommunizieren und Verantwortung zu übernehmen. Es erfordert nicht nur Änderungen der Richtlinien, sondern auch einen Kulturwandel innerhalb der Organisation. Ein ehrlicher Austausch, der offene Umgang mit Fehlern und das Teilen von Unsicherheiten sollten dabei aktiv gefördert und zur Norm werden.
Ein unterstützendes Arbeitsumfeld zu schaffen ist eine langfristige Aufgabe. Die folgenden Schritte jedoch können Führungskräfte auf dem Weg dorthin bereits heute in ihren Alltag integrieren.
Schritt 1: Transparenz und offene Kommunikation fördern
Um eine transparente Kommunikationskultur im Unternehmen zu fördern, sollten Mitarbeitende darin bestärkt werden, ihre Meinung zu äussern. Teammitglieder sollten sich sicher fühlen, Bedenken und Ideen frei zu benennen, ohne Angst vor Verurteilung oder negativen Konsequenzen. Es ist wichtig, dass dies zur gängigen Praxis wird und als fester Bestandteil der Teamkultur zählt. Wenn Führungskräfte diesen sicheren Raum schaffen, indem sie Teammitglieder kontinuierlich dazu auffordern, sich mit ihrer persönlichen Einschätzung einzubringen, kann das Team auch auf wichtige Erkenntnisse stossen. Allerdings sollte niemand dazu gezwungen werden, sich zu beteiligen.
Auf das Feedback des Teams sollten Führungskräfte in jedem Fall nicht übereilt reagieren, sondern durch gezielte Fragen versuchen, die jeweilige Meinung oder zugrunde liegende Situation besser zu verstehen. So schaffen Führungskräfte ein Umfeld, in dem offene Kommunikation nicht nur gefördert, sondern als grundlegender Pfeiler der Zusammenarbeit verankert wird. Erst wenn psychologische Sicherheit für jedes Teammitglied zu einer gelebten Realität wird, kann sie einen positiven Beitrag zur Zusammenarbeit, Innovation und zum allgemeinen Wohlbefinden im Team leisten.
Schritt 2: Mit gutem Beispiel vorangehen
Als Führungskraft ist es wichtig, Werte vorzuleben. Dazu gehört auch ein offener Umgang mit den eigenen Fehlern. Denn nur, wenn Führungspersonen offen über ihre Fehler und die daraus gezogenen Lehren sprechen, können sie ein Vorbild für andere sein. Es gilt, im Team ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass niemand alle Antworten kennt und dass es beim Erreichen bestimmter Ziele Hindernisse geben kann. Die Förderung einer solchen Kultur trägt dazu bei, dass sich Teams beim kontinuierlichen Lernen, Wachsen und Experimentieren am Arbeitsplatz unterstützt fühlen.
Schritt 3: People Skills auf allen Ebenen verbessern
Um einen psychologisch sicheren Arbeitsplatz zu schaffen, ist soziale Kompetenz unerlässlich. Das mag für einige Führungskräfte selbstverständlich sein. Dennoch sind gezielte Entwicklungsprogramme für Führungskräfte sinnvoll, um entsprechende Fähigkeiten in einer sich ständig verändernden Arbeitswelt zu stärken. Dazu gehören: aktives Zuhören, Selbstmanagement, Feedback geben und annehmen, Coaching, Empathie, offene Kommunikation, Konfliktlösung, Vertrauensbildung und emotionale Intelligenz.
All das kann sehr wertvoll sein, wenn ein vertrauensvolles Umfeld entstehen soll. Es betrifft jedoch nicht nur die oberste Führungsebene. Führungskräfte sollten sicherstellen, dass jedes Teammitglied den Stellenwert eines sicheren Arbeitsumfeldes versteht und dieses aktiv mitgestaltet. Schulungen sollten daher die Förderung von Kompetenzen wie offene Kommunikation, Einfühlungsvermögen und das Erkennen von Anzeichen für psychische Belastungen am Arbeitsplatz beinhalten.
Schritt 4: Kollaboration neu denken
Es gibt keine Patentlösung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Je nach Persönlichkeit sollten Teammitglieder sich auf unterschiedliche Arten beteiligen können. Nicht alle fühlen sich wohl dabei, in Brainstormings oder Meetings das Wort zu ergreifen. Stattdessen erlauben Beteiligungsmöglichkeiten wie Brainwriting oder anonymes Brainstorming es auch anderen Kollaborationstypen, Ideen beizusteuern. Das kommt dem gesamten Team zugute, da unterschiedliche Perspektiven eingefangen und genutzt werden. Dies fördert nicht nur Innovation, sondern verbessert auch die Problemlösungsfähigkeit. Gleichzeitig fühlen sich alle Teammitglieder darin bestärkt, ihr Potenzial zu entfalten.
Schritt 5: Regelmässige Check-ins einplanen
Psychologische Sicherheit lässt sich nicht einmalig implementieren, sondern muss gepflegt werden. Führungskräfte sollten daher regelmässig Gespräche mit ihren Teams anbieten, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ihre Mitarbeitenden sich bei der Arbeit fühlen. Dadurch können sie sicherstellen, dass sich alle sicher fühlen und im Team gehört werden. Dies kann bei der Stressbewältigung helfen und fördert das Zugehörigkeitsgefühl. Ausserdem können Führungskräfte während solcher Check-ins die Bedürfnisse im Team besser ermitteln und ihre Strategien zur Förderung der psychologischen Sicherheit am Arbeitsplatz anpassen.
Durch die Umsetzung dieser Schritte können Führungskräfte die psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz stärken, was die Teamdynamik, die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und letztendlich die Produktivität verbessern kann.
Vom Individuum zum Team
Um die Kollaboration im Team zu verbessern und die allgemeine Zufriedenheit zu steigern, ist es essenziell, ein sicheres Umfeld zu schaffen. Doch der Wandel hin zu einem sicheren Arbeitsumfeld findet nicht über Nacht statt. Es ist ein fortlaufender Prozess und erfordert Engagement auf allen Ebenen eines Unternehmens. Der Umbruch beginnt dabei in der Regel bei den Führungskräften und breitet sich allmählich auf das Team aus. Erst dann, wenn eine gesunde Fehlerkultur gelebt wird und Mitarbeitende sich trauen, Risiken einzugehen, verankert sich die psychologische Sicherheit langfristig in der Unternehmenskultur.