Buchtipp

Generationen zusammen führen

Immer häufiger arbeiten Menschen aus mehreren Generationen zusammen. Chefs müssen deshalb in der Lage sein, mit Mitarbeitenden unterschiedlichster Altersgruppen produktive Teams zu bilden und dabei jedes Teammitglied individuell führen und fördern. Mit dem Buch «Generationen zusammen führen» hat Daniela Eberhardt, ehemalige Leiterin des Instituts für Angewandte Psychologie an der ZHAW, einen praxisnahen Leitfaden für Führungskräfte ausgearbeitet.

Frau Eberhardt, Sie haben vor kurzem das Buch «Generationen zusammen führen» veröffentlicht. Was war der Grund, dieses Buch zu schreiben?

Daniela Eberhardt: Als Führungsperson mit dem Schwerpunkt «Entwicklung von Führungssystemen und Führungspersonen» bin ich darüber gestolpert, dass wir Führungskräfte auf alle möglichen Einflussfaktoren sensibilisieren, nicht aber auf das Alter und die Generation, aus der jemand stammt. Im Austausch mit Fachkollegen aus anderen Ländern wurde es für mich immer offensichtlicher, dass wir uns vielfach nur auf die Defizite und die Kompensation allfälliger Leistungsausfälle älterer Mitarbeitender fokussieren und weniger auf die Besonderheiten verschiedener Generationen mit ihren Werthaltungen, Skills und Bedürfnissen.

Was bedeutet Generationen zusammen führen?

Generationen zusammen führen bedeutet einerseits den Spezifika einzelner Generationen gerecht zu werden und andererseits den Wissensaustausch sowie die Zusammenarbeit zwischen den Generationen zu fördern.

Genügen Diversity-Management-Ansätze nicht, um der generationenübergreifenden Führung gerecht zu werden?

Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Modellen und den Vorgehensweisen im Diversity Management, weil auch verschiedene Generationen Vielfalt darstellen und es einen proaktiven Umgang damit braucht. Sie haben jedoch ihre Grenzen, wenn es um generationenspezifische Unterschiede  um eine objektive Einbettung in die demografische Entwicklung geht.

Wodurch zeichnet sich für Sie eine «gute» generationengerechte Führung aus?

Wenn die Zusammenarbeit so gelingt, dass Mitarbeitende die unterschiedlichen Fähigkeiten ihrer Kollegen anerkennen, schätzen und nutzen, dann ist es gelungen, «Generationen zusammen zu führen.» Kürzlich hat mich beispielsweise eine Lehrabgängerin bei meinen Vorträgen unterstützt, kleine Videoclips erstellt und diese auf der Website integriert. Diese Kompetenz habe ich geschätzt, gezielt genutzt und ihr auch zugestanden. Die anderen haben erlebt, dass eine andere Vorgehensweise ebenso ihren Stellenwert hat und man viel von jüngeren Kolleginnen lernen kann, auch wenn in einer Expertenorganisation viel auf Erfahrungswissen und jahrelanges Knowhow gesetzt wird. Alle tragen zum Erfolg bei und alle haben unterschiedliche Fähigkeiten. Mein Beispiel sehe ich nicht nur wegen der Videoclips als gelungen an, sondern weil ich selber ganz stolz war, dass diese junge Mitarbeiterin von ihren Kolleginnen gebeten wurde, sie in diese Arbeitstechnik einzuführen und diese von ihr lernen wollten.

Warum profitieren Führungspersonen vom generationsgerechten Führen?

Weil sie ihre Mitarbeitenden mit deren spezifischen Werthaltungen, Kompetenzen und Erwartungen besser abholen, fördern  und den Zugang zu unterschiedlichen Sichtweisen und Kompetenzen verbessern. Ausserdem brauchen sie alle Generationen, um verschiedene Marktsegmente zu bearbeiten, und sie profitieren von einer grösseren Anzahl an potenziellen Mitarbeitenden, die offen sind für alle Altersgruppen.

... und Mitarbeitende?

Weil ihre Anforderungen differenzierter betrachtet und etwa generationspezifische Vorlieben besser verstanden und aufgenommen werden. Zudem bietet die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Generationen unglaublich viele Lernfelder und Vorteile, sobald man bereit ist, sich darauf einzulassen.

Ihre Botschaft an das HR?

In fast allen HR-Praktiken lauern Fallstricke, die das generationsübergreifende Zusammenarbeiten torpedieren und damit die Chance, das Thema im HR-Alltag sensitiv zu integrieren und zu fördern. Das reicht von der Selektion bis zum flexiblen Übergang in den Ruhestand. Wir sind Sparring-Partner der Linie und können helfen, die verschiedenen Perspektiven zu betrachten und in die Führungsentscheidungen zu integrieren. Dabei sollten wir uns nie der Versuchung hingeben, den Führungskräften die Führung abzunehmen, sondern sie bestmöglich darin unterstützen.

Zur Autorin

Daniela Eberhardt, Jahrgang 1966, ist seit dem 1. September 2015 als HR-Direktorin der Stadt Zürich tätig. Zuvor hatte sie acht Jahre lang das Institut für angewandte Psychologie - IAP geleitet. 2005 wurde ihr vom Fachhochschulrat der Zürcher Fachhochschule der Professoren-Titel verliehen.

Daniela Eberhardt: Generationen zusammen führen, Haufe, 2016.

 

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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