«Glückspilze haben die Augen für das positiv Unerwartete offen»
Der Zufall lässt sich nicht steuern. Aber Serendipität lässt sich sehr wohl begünstigen, behauptet Autor Christian Busch. In seinem neuen Buch «Erfolgsfaktor Zufall» erklärt der Zufallsforscher, wie man das Glück auf seine Seite zieht.
Glück ist auch Einstellungssache, findet Zufallsforscher Christian Busch. (Bild: zvg)
Herr Busch, Sie erforschen den Zufall und gelten als Experte für Serendipität, also unerwartetes Glück. Wie ist es dazu gekommen?
Christian Busch: Das war zufällig. Ich habe mich früher mit zielgerichteter Führung beschäftigt und mich gefragt, was Unternehmen und Individuen erfolgreich macht. Es hat sich herausgestellt, dass viele erfolgreiche Leute gut darin sind, «aktives Glück» zu kreieren. Also habe ich begonnen, nach einem nachvollziehbaren Muster zu suchen.
Sie erwähnten «aktives Glück». Können Sie das erläutern?
Wenn wir über Glück nachdenken, ist es oftmals passiv. Es ist etwas, das uns widerfährt. Ein Kontrast bildet das aktive Glück, wo man den Zufall zu seinem Vorteil nutzt.
Haben Sie ein Beispiel?
Mir fällt bezüglich Jobs und Karriere das Beispiel von Sháá Was ein, die als eine der besten PR-Leute der Welt gilt und für ihre Errungenschaften einen einen Orden von der Queen erhielt. Als junge Frau gewann sie einen Wettbewerb im Cosmopolitan Magazine und durfte mit Weltboxmeister Chris Eubank ein Interview führen. Die beiden verstanden sich im Gespräch so gut, dass er sie fragte, ob sie seine PR übernehmen würde – und das, obwohl sie eigentlich internationale Beziehung studierte und weder von Boxen noch von PR etwas verstand. So kam sie ins PR-Business. Hört man zu, wie die Leute zum aktuellen Beruf fanden, beruht das häufig auf zufälligen Gelegenheiten, die sie wahrnahmen.
Manchen Menschen scheinen im Leben mehr Glück zu haben. Hat das mit ihrer Haltung tun?
Forschung mit «Glückspilzen» zeigt, dass sie die Augen für das positiv Unerwartete offen haben. Man muss sich die Frage stellen: «Was hält mich vor mehr Serendipität zurück?». Vielleicht sass man in einem Meeting, hatte eine tolle Idee, erwähnte sie aber aus Angst vor Zurückweisung nicht. Für solche Denkmuster braucht es ein «Reframing»: Statt sich das Schlimmste auszumalen überlegt man sich, ob man die verpasste Gelegenheit bereuen würde.
Es gibt Tage, an denen läuft alles schief. Wie geht man damit um?
Wichtig ist, nicht davonzulaufen, sondern sich der Situation zu stellen. Dann schaue ich, was noch in meiner Kontrolle liegt. Mir hilft auch zu überlegen, ob sich in der Situation doch nicht etwas Sinngebendes findet.
Gibt es Dinge, die man im Alltag tun kann, um sein Potenzial besser wahrzunehmen?
Die Fähigkeit, Relationen herzustellen ist wichtig. Zum Beispiel kann man sich vornehmen, in Gesprächen bewusst eine Gemeinsamkeit zur anderen Person zu suchen. Hier ist auch die «Haken»-Strategie effektiv: Im Gespräch setzt man Punkte, mit denen sich andere Leute verknüpfen können. Zum Beispiel, indem man beim Networking nicht nur den Beruf, sondern auch das Hobby erwähnt. Auf Basis gemeinsamer Interessen kann sich das Potenzial dann entfalten. Eine gesunde Portion Neugier hilft natürlich auch.
Was raten Sie Führungskräften, die mit Unbeständigkeit kämpfen?
Man muss davon wegkommen, sich in jedem Detail an Sicherheit zu klammern. In der Forschung sehen wir, dass erfolgreiche Führungskräfte eine Vision haben, aber trotzdem für das Unerwartete offen sind. Das kann heissen, in der wöchentlichen Team-Besprechung zu fragen: «Was hat euch letzte Woche überrascht?» Das, um auf neue Ideen zu kommen. Das erfordert aber ein sicheres Umfeld, das Spontaneität zulässt.
Buchtipp: Christian Busch, Erfolgsfaktor Zufall, Murmann Verlag, 2023, 420 Seiten.