HR Today Nr. 3/2020: Fokus Forschung

Ich bin dann mal weg

Zwecks Mitarbeiterbindung führte BBC UK eine flexible Urlaubspolitik ein. Der gewünschte Loyalitätseffekt trat ein, Ängste hinsichtlich Ächtung und Benachteiligung von Urlaubsbezügern blieben allerdings nicht aus.

Im Jahr 2017 revidierte BBC UK ihre Politik zum flexiblen Arbeiten. Ziel war es, die Mitarbeiterbindung und Arbeitgeberattraktivität zu steigern und den Mitarbeitenden eine bessere Work-Life-Balance zu ermöglichen. Als Massnahme führte BBC UK eine flexible Urlaubspolitik ein. Diese erlaubte es den Mitarbeitenden fortan, in Absprache mit Vorgesetzten so viel Urlaub zu beziehen, wie sie wollten.

Zunächst testete BBC die neue Unternehmenspolitik während zwölf Monaten in der Niederlassung in Bristol. Begleitet wurde das Projekt von Professor Leroy Whites dreiköpfigem Forschungsteam der Warwick Business School, das die BBC-­Mitarbeitenden vor und nach der zwölfmonatigen Versuchsphase befragte. Um Vergleichsdaten zu generieren, wurden parallel Mitarbeitende der BBC-Niederlassung in London befragt, wo die neue Politik noch nicht wirksam war.

Die Analyse der Daten brachte zwei gegenläufige Effekte zum Vorschein: Insgesamt steigerte die Einführung der flexiblen Urlaubspolitik die positive Wahrnehmung von BBC UK als Arbeitgeberin und damit die Mitarbeiterbindung, verdeutlicht durch erhöhtes Commitment und tiefere Kündigungsabsichten. Der Effekt war auch feststellbar unter Mitarbeitenden, die nicht anders Urlaub bezogen als früher.

Allerdings hegten Mitarbeitende auch Vorbehalte, vom flexiblen Urlaubsbezug Gebrauch zu machen. Sie hatten Angst, als überfordert zu gelten, sozial geächtet oder in der Karriere benachteiligt zu werden. Besonders starke Vorbehalte dieser Art minderten gar die Mitarbeiterbindung. Diese Wirkung fiel allerdings nicht so stark aus, dass sie den insgesamt positiven Effekt bei BBC UK vollends ausgehebelt hätte.

Aus dem Fall BBC UK leitete das dreiköpfige Forschungsteam folgende Erkenntnisse ab:

  • Die Option, flexibel Urlaub beziehen zu können, besitzt eine wünschenswerte Signalwirkung. Sie vermittelt den Mitarbeitenden, dass der Arbeitgeber ihre Work-Life-Balance wertschätzt. Dies kann die Mitarbeiterbindung nachhaltig steigern.
  • Um von dieser Signalwirkung zu profitieren, müssen zunächst Vorbehalte und Ängste hinsichtlich des Bezugs von flexiblem Urlaub abgebaut werden.
  • Als eine wesentliche Voraussetzung erweist sich die Sensibilisierung der Führungskräfte und die Schaffung einer förderlichen Kultur, sodass Bezüger von flexiblem Urlaub weder sozial noch beruflich benachteiligt werden.

Als Kritik sei angefügt, dass Informationen, wann und in welchem Ausmass die Urlaubsbezüge zu Lohnkürzungen führten, schuldig bleiben.

Quelle:

  • White, L., Lockett, A., & Currie, G. (2019). How does the availability and use of flexible leave influence the employer–employee relationship? Human Resource Management. Advance online publication. doi: 10.1002/hrm.22004
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Dr. Manuela Morf, Oberassistentin am Center für Human Resource Management (CEHRM), Universität Luzern.

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