Employer Branding

Lehrlinge gesucht: Ein KMU wird kreativ

Handwerksberufe sind nicht gerade der Renner bei jungen Leuten. Was lässt sich tun, um trotzdem die Lehrstellen 
zu besetzen? Die Sada AG hat sich für ein nachhaltiges 
Lehrlingsmarketing entschieden. Und dabei erkannt, dass bei den Jungen längst nicht alles ankommt, was gemeinhin 
als jugendgerecht eingeschätzt wird.

Eigentlich sollte die Sada AG bei Schülern hoch im Kurs stehen, wenn es an die Lehrstellensuche geht. Hat das Zürcher Unternehmen doch den 4. Platz beim Swiss Arbeitgeber Award 2011 erreicht. Und jener frischgebackene Sanitärinstallateur aus dem Hause Sada, der im gleichen Jahr  den Titel des Schweizermeisters holte, zeigte, dass die Lernenden in dieser Firma gut ausgebildet werden. «Dennoch traten hier in den letzten Jahren durchschnittlich nur zehn Jugendliche pro Jahr in eine Handwerkslehre ein», sagt die Personalchefin der Sada, Brigitte Häfelfinger – Platz hätte es im 200 Personen zählenden Betrieb für 20 gehabt.

Deshalb stiess die Firma Anfang 2012 ein Lehrlingsmarketing-Projekt an. In Zusammenarbeit mit der Marketingagentur studio acris GmbH wurde als Erstes eine Analyse erstellt. Dafür wurden auch Angestellte befragt, konkret Lernende, Berufsbildner und Personen, die kürzlich hier die Lehre abgeschlossen hatten. Die wichtigsten drei Ergebnisse: 
1. Handwerksberufe stehen auf der Wunschliste der Jugendlichen weit hinten. 2. Die Sada ist bei dieser Zielgruppe weitgehend unbekannt. 3. Jugendliche finden die Marketingaktivitäten vieler Unternehmen peinlich.

Firmen gehören nicht auf Facebook

Gegen Punkt 1 konnte die Sada nichts tun. Punkt 2 dagegen wurde angepackt: Gezielte Massnahmen sollten die Firma bei den Jugendlichen bekannter machen. Doch wie Punkt 3 umgehen? Das ist gar nicht so einfach. Die Analyse hatte ergeben, dass zum Beispiel Werbeslogans für Jugendliche oft unauthentisch oder schlicht realitätsfremd wirken («Strassenbau – mein Traumberuf!»). Und ein Auftritt auf einer Social-Media-Plattform ist auch nicht automatisch toll: «Die Lehrlinge der Sada fanden durchs Band, dass eine seriöse Firma nicht auf Facebook gehört», sagt Selina Schatzmann, Kommunikationsverantwortliche der Sada. Denn Facebook ist aus der Sicht der zumeist männlichen Lehrlinge privat, ist für den Kontakt zu Gleichaltrigen da, auch fürs Kennenlernen von Frauen.

Das Verteilen von Getränkegutscheinen an einem jugendorientierten Anlass, zum Beispiel der Freestyle in Zürich, verwarf die Fokusgruppe ebenfalls als uncool. «Im Ausgang, in Kino oder Klubs, wollen Jugendliche nichts mit der Lehrstellensuche zu tun haben. Sie trennen Freizeit und Schule/Arbeit sehr strikt», sagt Annette Nanzer, Mitinhaberin studio acris GmbH.

Die Sada hat sich schliesslich für einen neuen Brand mit eigener Homepage entschieden, um so auf die Bedürfnisse junger Menschen bei der Lehrstellensuche einzugehen. Auf www.sadanext.ch stellt sich der Betrieb interessierten Jugendlichen knapp, klar und informativ – ohne grosse Slogans – vor, lässt Lernende zu Wort kommen und zeigt sie auf Fotos in «Berufs-Action». Die jährlich zu besetzenden Lehrberufe, nämlich Heizungsinstallateur, Polybauer, Sanitärinstallateur und Spengler, sind übersichtlich dargestellt, und natürlich kann man sich gleich online bewerben.

Nachhaltiges Lehrlingsmarketing

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Ein von Grund auf geplantes Lehrlingsmarketing kostet unter Umständen weniger als aufwändige Einzelmassnahmen. So kann etwa die Gestaltung für Messematerial, Broschüren und Homepage gleichzeitig – und aufeinander abgestimmt – geschehen.
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Am Anfang steht idealerweise eine Analyse, welche die Situation der Firma, der Branche sowie die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt auf den Punkt bringt. Für eine Informatiklehre finden sich zum Beispiel viel leichter Interessenten als für eine Handwerkslehre. Daher sollte man Lehrlingsbetreuer und Lernende in die Analyse einbeziehen.
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Das Lehrlingsmarketing auf die Region ausrichten. In ländlichen Gebieten ist zum Beispiel die Begeisterung fürs Handwerk einfacher zu wecken als in Städten. Oder: In Städten leben mehr Secondos. Gehören diese zur Zielgruppe, darf der Deutschtest nicht oberste Priorität haben. Diese Jugendlichen haben oft sehr gute Fähigkeiten, reden zu Hause aber eine andere Sprache.
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Online-Plattformen sind gute Anlaufstellen, um die Firma vorzustellen. Schüler und Schülerinnen werden im Unterricht auf diese Plattformen verwiesen. Zum Beispiel: toplehrstellen.ch, yousty.ch.
  • Infos von Annette Nanzer, studio acris GmbH.

Mitwirkung am Projekt steigerte den Berufsstolz

Weiter wurden eine Informationsbroschüre, ein sadanext-Flyer und Bildwände angefertigt, womit das Unternehmen nun auch an die Öffentlichkeit geht. Es stellt sich an Schulen vor, etwa in Berufswahlklassen, liess seine Flyer den Berufsinformationszentren (BIZ) zukommen, und im letzten Herbst hat es an der Berufsmesse Zürich teilgenommen. Vom Gebäudetechnik-Branchenverband Suissetec hatte die Firma günstig ein Computerspiel übernommen, und so konnten die jungen Besucher eine Art Tetris für Gebäudetechniker spielen: Sie mussten versuchen, möglichst viele Sanitärrohre zu verlegen, bevor es zu regnen anfing.

Mehr als 1000 Schüler haben sich an der Berufsmesse am Sada-Stand informiert. Diese wurden anschliessend zu einem Schnuppertag eingeladen. Diese Schnuppertage – im Gegensatz zur Schnupperlehre – werden diesen Frühling zum ersten Mal durchgeführt. «Wir haben bisher 15 Anmeldungen», sagt Personalchefin Brigitte Häfelfinger. Wer sich nach dem Schnuppertag weiterhin für die Firma interessiert, kommt zur Schnupperlehre. Ob diese Massnahme im Sommer 2014 effektiv zu mehr als zehn neuen Lernenden führen wird, muss sich zeigen.

Doch auch wenn die Massnahmen nicht sofort wirken, wird das Lehrlingsmarketing nicht gleich aufgegeben: «Branding braucht Zeit», sagt die Kommunikationsverantwortliche Selina Schatzmann. «Es dauert ein paar Jahre, bis solche Massnahmen greifen.»

Gekostet hat das Projekt sadanext im ersten Jahr einen mittleren fünfstelligen Betrag. Da ein beträchtlicher Teil einmalige Kosten sind (etwa für die Erstellung der Homepage), wird dieser Betrag in den Folgejahren tiefer liegen.

Sadanext richtet sich zwar an externe Personen, doch das Projekt hat auch den Berufsstolz bei Lernenden und Ausbildungsverantwortlichen verstärkt, und sich damit positiv auf die ganze Firma ausgewirkt. «Wir konnten die Lernenden bei der Gestaltung der Homepage und am Berufsmessestand miteinbeziehen», erklärt Brigitte Häfelfinger. An der Messe etwa konnten sie ihresgleichen von ihrer Lehre erzählen. Dieser Einbezug ins Lehrlingsmarketing soll in Zukunft noch verstärkt werden. Häfelfinger: «Die Lernenden können für die Berufsmesse 2013 Ideen einbringen, was am Stand gemacht werden soll, um Schulabgänger für unsere Firma zu begeistern.»

Denkbar ist für die Zukunft auch ein jährliches zweitägiges Camp für alle Lernenden, um den Zusammenhalt und die Identifikation mit der Firma zu stärken. Nicht zuletzt darum, weil man gute Lernende auch nach ihrem Abschluss im Unternehmen behalten möchte.

Die Firma auf dem Smartphone

Bereits jetzt umgesetzt hat die Kommunikationsabteilung eine Info-App. «Unsere Angestellten sind zum Teil über Wochen hinweg auf Baustellen. Dank der App können wir auch sie am Firmengeschehen teilhaben lassen», sagt Selina Schatzmann. Gerade junge Leute mit Smartphones könne man so sehr gut ansprechen, bei ihnen Stolz auf die Firma wecken und ihnen zeigen, dass man sie ernst nimmt.

Dr. rer. pol. Frank Halter, Geschäftsleitungsmitglied des Schweizerischen Instituts für KMU der 
Universität St. Gallen.

Herr Halter, Employer Branding bringt man eher mit Grossunternehmen in Verbindung. Wie können die KMU punkten?

Frank Halter: Ein wesentlicher Unterschied sind die persönliche Beziehung und das entsprechende Vertrauen. Mir hat einmal ein Patron gesagt, er suche ein Familienmitglied. Gemeint war ein Kadermitarbeiter. In KMU wissen die Angestellten, wer der Chef ist – ein Vorteil, der oft unterschätzt wird. 

Weitere Vorteile? 

In vielen KMU wird nachhaltiger gedacht, für Angestellte bedeutet das oft grössere Sicherheit. Denn auch wenn das Geschäft einmal harzig läuft, werden die Mitarbeiter nicht gleich entlassen. Eher steckt der Unternehmer selbst zurück. Denn er weiss, dass das Geschäft früher oder später wieder anziehen wird und er dann gute Leute braucht. Und ein dritter Punkt: Wird die Nachfolgeplanung zum Thema, so ist das eine attraktive Möglichkeit, an gute Leute zu kommen. Wobei das natürlich Verbindlichkeit seitens des Unternehmens erfordert.

Wie können KMU ihre Vorteile nach aussen vermitteln?

Es fängt an beim Stelleninserat, das nicht nur die Funktion beschreiben, sondern auch die Kultur der Firma widerspiegeln sollte. Weiter sollten sich die Unternehmen überlegen, mit welchen Geschichten sie an die Presse gehen können. KMU sind diesbezüglich oft zu bescheiden. Dabei liesse sich mit einem neuen Produkt, einem Erweiterungsbau oder dem 30-Jahre-Jubiläum eines Mitarbeiters die Firmenkultur an die Öffentlichkeit tragen. Oder man könnte der Presse erzählen, welche amüsanten Erfahrungen man in einem neuen Land macht, dessen Markt man sich gerade erschliesst. Und schliesslich darf man auch kreativ sein: Warum nicht bei einer guten Abschlussprüfung ein grosses Plakat mit Gratulation in Firmennähe aufhängen?

Wie ist es mit Massnahmen gegen innen?

Sicher lohnt es sich, regelmässig zu kommunizieren, zum Beispiel mit einem Infobrief, der dem Lohnausweis beigelegt ist. Und man sollte die Netzwerke der Angestellten nützen.

Was ist allgemein wichtig beim Employer Branding von KMU?

Authentizität. Die Eigentümerfamilie hat ihre Handschrift, und das ist gut so. Alles, was nur aufgesetzt ist, fällt früher oder später in sich zusammen.

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Franziska Meier ist Redaktorin und Produzentin mit langjähriger Erfahrung im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich. Als Chefredaktorin des Magazins «fit im job» sowie als Fachredaktorin der Zeitschrift «HR Today» hat sie sich auf das Thema «Mensch, Arbeit & Gesundheit» spezialisiert. Zu ihren journalistischen Schwerpunkten gehören insbesondere Persönlichkeitsentwicklung, Coaching, Stressprävention und betriebliches Gesundheitsmanagement. Achtsamkeit praktiziert sie manchmal im Schneidersitz, öfter jedoch auf ihren Spaziergängen rund um den Türlersee.

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