Heft Nr. 5/2015: HR-Debatte

Löhne in Euro bezahlen?

Stefan Studer, Geschäftsführer des Verbands der Angestellten Schweiz, befürchtet eine Entzweiung von inländischen Arbeitstätigen und Grenzgängern, wenn deren Gehälter in Euro ausbezahlt werden. Für Barbara Gutzwiller, Direktorin 
des Arbeitgeberverbands, ist der Eurolohn hingegen nur eine von vielen Massnahmen zur Lohnkostenoptimierung.

Barbara Gutzwiller

Erneut bedroht der starke Frankenkurs die Erträge der Firmen, insbesondere der Exportindustrie. In vielen Unternehmen stellt sich daher nach 2011 wieder die Frage, wie die Arbeits- und damit die Personalkosten gesenkt werden können, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Die unterschiedlichen Lebenskosten dies- und jenseits der Schweizer Grenze legen vor allem in Grenzregionen wie Basel die Frage nahe, ob es  zulässig ist,  einen Teil der Gehälter in Euro zu bezahlen. Art. 323b Abs. 1 OR äussert sich zu dieser Frage folgendermassen: «Der Geldlohn ist dem Arbeitnehmer in gesetzlicher Währung innert der Arbeitszeit auszurichten, sofern nichts anderes verabredet oder üblich ist.» Üblicherweise ist der Lohn in der Schweiz also in Franken geschuldet.

Dies gilt aber nur, wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nichts anderes verabredet worden ist. Es wäre demnach problemlos möglich, beim Vertragsschluss zu vereinbaren, dass der Lohn in einer anderen Währung als dem Schweizer Franken ausbezahlt wird. Insbesondere bei Arbeitsverträgen mit Grenzgängern 
oder Arbeitnehmern, die über eine längere Zeit im Ausland tätig sind, kann diese Zahlungsvariante von beiden Vertragsparteien als zweckmässig oder sogar notwendig betrachtet werden.

Will man bei bestehenden Verträgen die Modalitäten der Lohnzahlung abändern, ist jedoch die übereinstimmende Willenserklärung der Vertragsparteien notwendig. Sofern Arbeitgeber und Arbeitnehmer also Einigkeit darüber erzielen, dass die Lohnzahlung ab einem bestimmten Datum in Euro erfolgen wird, kann die Vertragsänderung jederzeit in Kraft gesetzt werden. Verweigern die Arbeitnehmer hingegen ihr Einverständnis, bleibt dem Arbeitgeber nur die Änderungskündigung.

Falls viele Mitarbeitende von einer Änderungskündigung betroffen sind, müssen zudem die Vorschriften zur Massenentlassung und zur neuen Sozialplanpflicht beachtet werden. In jedem Fall gilt allerdings das generelle Verbot, das betriebliche Risiko auf die Arbeitnehmer zu überwälzen. Lohnzahlungen, die je nach Kursverlauf in wechselnden Währungen erfolgen, sind deshalb nie zulässig. Die Abmachung, dass der Lohn in einer anderen als der Landeswährung bezahlt wird, muss immer auf Dauer angelegt sein.

Ebenfalls zu beachten ist, dass die Abrechnung mit den Sozialversicherungen in der Schweiz zwingend in Franken erfolgen muss.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Lohnzahlungen in Euro neben anderen Massnahmen, wie beispielsweise der Arbeitszeitverlängerung oder der generellen Lohnsenkung, ein mögliches Mittel darstellen, die Personalkosten zu senken, um die Wettbewerbsfähigkeit einer Firma zu erhalten. Entscheidend dabei ist, dass den rechtlichen Formalien genügend Aufmerksamkeit geschenkt wird, damit das Vorgehen nicht schon von vornherein an vermeidbaren Mängeln scheitert. Eine arbeitsrechtliche Beratung ist daher empfehlenswert.   

 

Stefan Studer

Schweizer Löhne in Euro zu zahlen, ist nicht nur ungesetzlich, sondern auch aus grundsätzlichen Überlegungen abzulehnen. Ich bestreite nicht, dass die Freigabe des Frankenkurses durch die Nationalbank ein schwerer Schlag für die exportorientierte Schweizer Wirtschaft und den Inlandtourismus darstellt. Und ich bestreite auch nicht, dass in gewissen Firmen und Branchen darüber nachgedacht werden muss, welche Opfer zur Sicherung der Arbeitsplätze zu erbringen sind. Löhne in Euro auszurichten, ist jedoch keine Option.  Zwar gibt es noch keinen Entscheid des Bundesgerichts, der die Ansicht prominenter Arbeitsrechtler und der Arbeitnehmerverbände stützt, wonach die Lohnzahlung in Euro gegen geltendes Recht verstosse. Bereits 2011 hat aber ein Gericht im Kanton Baselland festgestellt, dass es diskriminierend ist, die Löhne von Grenzgängern in Euro zu bezahlen. Dies stehe im Widerspruch zum Freizügigkeitsabkommen mit der EU.

Noch gravierender ist, dass Euro-Löhne auch gegen den Grundsatz im Arbeitsrecht verstossen, wonach das Währungsrisiko beim Arbeitgeber liegt und die Lohnzahlung in der Landeswährung zu erfolgen hat. Die Gesetzwidrigkeit von Euro-Löhnen ist aber nicht der einzige Punkt, weshalb wir diesen Angriffen gegen Treu und Glauben Paroli bieten müssen. Diese Praxis würde zudem dazu führen, dass die Arbeitgeber durch die Bezahlung von unterschiedlichen Löhnen für die gleiche Arbeit einen Keil zwischen inländische Arbeitstätige und Grenzgänger treiben. Dadurch würde das Prinzip «gleicher Lohn für gleiche Arbeit» verletzt, der Lohndruck zunehmen und dem Lohndumping Vorschub geleistet.

Selbst der Arbeitgeberverband Swissmem warnt seine Mitglieder vor den «erheblichen rechtlichen Risiken» und mahnt angesichts des Fachkräftemangels davor, mit Lohnkürzungen die besten Spezialisten zu vergraulen. «Gerade zur Bewältigung der Krise», sagte Swissmem Präsident Hans Hess kürzlich, «brauchen die Unternehmen ihre besten Fachleute, um im Bereich Innovation, Effizienzsteigerung und Beschaffung die notwendigen Massnahmen erfolgreich umzusetzen.» Als Geschäftsführer der Angestellten Schweiz liegt es mir fern, in eine überzogene Klassenkampfrhetorik zu verfallen. Wenn aber selbst die Arbeitgeber unsere Meinung teilen, dann können wir nicht einfach zusehen, wie weitere Firmen ihr Heil in Euro-Löhnen suchen. Mit dem sogenannten Krisenartikel im Gesamtarbeitsvertrag, der für das betroffene Unternehmen etwa eine Verlängerung der Arbeitszeit oder Kurzarbeit möglich macht, besteht bereits ein Instrumentarium, um den negativen Folgen des starken Frankens entgegenzuwirken.

Ich verhehle nicht, dass ich den Entscheid der Nationalbank bedauere und für falsch halte, weil er die Schweizer 
Wirtschaft in eine Rezession stürzen kann. Klar ist: Wir 
werden unsern Beitrag leisten, dieses Szenario abzuwenden. Aber die Löhne in Euro auszuzahlen, ist mit Sicherheit der falsche Weg.

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Barbara Gutzwiller ist Direktorin des Arbeitgeberverbands Basel. Dieser zählt über 2300 Firmen und etwa 
20 lokale und regionale Wirtschafts- und Branchenverbände zu seinen Mitgliedern.

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Stefan Studer ist Geschäftsführer 
des  Verbands der Angestellten Schweiz. Als Dachverband von rund 70 Angestelltenvereinigungen zählt dieser 20 000 Mitglieder aus der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie sowie der Chemie- und Pharmabranche.

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