Mit erst 20 Jahren führt Andrin Knoll seine KI-Firma an die Spitze
Er sei schon bequem, sagt Andrin Knoll über sich und schmunzelt. Doch halt: Das Klischee der faulen Generation Z bedient er deswegen noch lange nicht. Im Gegenteil: Bequemlichkeit ist der Schlüssel zu einer aussergewöhnlichen Gen-Z-Karriere, die von seinem Lehrbetrieb vorbildlich gefördert wurde.
Andrin Knoll zeigte bereits in jungen Jahren einen ausgeprägten Geschäftssinn. Mit nur 20 Jahren gründete er seine eigene Firma und bietet KI-Workshops an. (Bild: zVg)
«Andrin Knoll. Gründer & CEO» – so steht es auf dem Mailabbinder des 20-jährigen Jungunternehmers aus dem Aargau. Der startet zusammen mit seinem Kompagnon Mattia Müller und seiner Firma IntelliLab gerade richtig durch.
Alles begann mit dem Mirabellenbaum im Garten seines Zuhauses in Wülflingen. Der achtjährige Andrin erkannte, dass sich damit gutes Sackgeld machen lässt. Klein Andrin verkaufte sie an der Strasse. Bald war ihm das zu anstrengend und er stellte ein Kässeli zum freiwilligen Bezahlen auf. Bis zu 20 Franken Sackgeld verdiente er so pro Tag. Bereits ganz der Jungunternehmer, delegierte er das anstrengende Pflücken, Abpacken und den Transport zur Strasse bald an seinen kleineren Bruder und versprach ihm eine gute Provision.
Andrin selbst stammt nicht aus einer Unternehmerfamilie. Doch seine Mutter Alexandra erkannte sein Talent schon früh und sagte: «Du wirst einmal Unternehmer.» Vom Mirabellenbaum bis zu IntelliLab vergehen knapp 15 Jahre. Auf den Früchteverkauf folgten Einsätze als Diavolo-Spieler vor dem Coop und weitere Tätigkeiten, um sich zum Beispiel das ersehnte Töffli zu verdienen. Die Eltern unterstützten ihn zwar, schuften musste Andrin aber selbst.
Vom Lehrbetrieb stark unterstützt
Die nächsten unternehmerischen Sporen verdiente sich Andrin während seiner Lehrzeit als Mediamatiker ab. Da wohnte er bereits in einer WG. «Eine kostspielige Angelegenheit, wenn man in den ersten beiden Lehrjahren kaum etwas verdient und der Lohn auch anschliessend weder vorne noch hinten reicht.» Also begann er, für Bekannte und Kleinfirmen einfache Websites zu bauen, und gründete mit Freunden zusammen kurzerhand eine erste Firma. Mit dieser stellte er die Weichen für das, was ihn heute umtreibt: Zusammen mit seinen Kumpels machte er seine Neugierde und Begeisterung für Blockchain, NFT und andere junge Technologien zu Geld. «Aber nicht, indem wir irgendwelche Kryptowährungen zum Kauf empfahlen. Wir boten Kurse an, in denen die Technologie dahinter vermittelt wurde, damit sich die Teilnehmenden ihre eigene Meinung bilden konnten.»
Das lief überraschend erfolgreich. Zu schnell zu gut, sagt Andrin. «Wir verdienten früh gutes Geld, und schnell stellte sich eine kontinuierliche Entwicklung ein – abwärts. Der Erfolg zu Beginn tat uns nicht gut. Aber wir lernten superviel, und einige Freundschaften halten bis heute.»
«Ich war zwar ehrgeizig, aber eigentlich auch faul. So wie damals bei den Mirabellen. Warum sollte ich meine Tasks in acht Stunden erledigen, wenn es mithilfe von ChatGPT auch in der Hälfte der Zeit geht? Das faszinierte mich.»
– Andrin Knoll, Gründer von Intellilab
Ein wichtiger Erfolgsfaktor in Andrins Entwicklung als Jungunternehmer war sein Lehrbetrieb, die Stutz Medien AG in Wädenswil. Chefin Ashley Stutz war für die nebenberuflichen Tätigkeiten ihres Lernenden immer offen. Andrin schwärmt: «Sie hat uns am Wochenende die ganze Infrastruktur zur Verfügung gestellt, wir konnten PCs, Kameras, Räume und alles, was nötig war, kostenlos nutzen. Sie vermittelte uns erste Kundinnen und Kunden und war mit ihrer Erfahrung und ihren Tipps enorm wichtig. Sie hat an uns geglaubt und uns Rückenwind gegeben. Das war sensationell. Das ist es, was wir Jungen brauchen.»
Initialzündung durch ChatGPT
In Andrins drittem Lehrjahr, es war im November 2022, kam mit ChatGPT 3.5 eine (generative) künstliche Intelligenz (KI) auf den Markt, die ein breites Publikum ansprach. «Da hat es mir den Ärmel so richtig reingenommen» sagt er rückblickend und schmunzelt: «Ich war zwar ehrgeizig, aber eigentlich auch faul. So wie damals bei den Mirabellen. Warum sollte ich meine Tasks in acht Stunden erledigen, wenn es mithilfe von ChatGPT auch in der Hälfte der Zeit geht? Das faszinierte mich.»
Andrin befasste sich Tag und Nacht mit dem Thema, las sich ein, sprach mit Gleichgesinnten und baute eine Website mit Wissenswertem zum Thema. Dann bot er KI-Trainings an und nutzte sein Know-how, das er mit seiner ersten Firma gesammelt hatte. Zuerst bot er die Schulungen intern im Lehrbetrieb an. Dann in den Firmen der Stutz Gruppe. Und schliesslich immer öfter auch für Unternehmen, die von seinen Kursen gehört hatten. «Ich erwischte die perfekte Welle», sagt Andrin. Die Nachfrage explodierte.
Aber da standen ja auch noch die Lehrabschlussprüfungen an. «Das war schon sehr intensiv. Nach der Lehre konnte ich als ‹Junior Innovation Manager› im Betrieb bleiben und nebenbei mein eigenes Baby weiterentwickeln. Dafür gingen schnell alle meine Ferientage drauf.» Was also tun? «Ich dachte an unbezahlten Urlaub. Aber meine Chefin Ashley ermutigte mich, den Weg konsequent zu gehen. Denn für sie war schon früh klar, dass ich mich selbständig machen würde.» Das war Ende 2023, nur wenige Monate nach seinem Lehrabschluss.
Von «Learn» to «Lab»
So läuteten die Glocken in der Silvesternacht 2023 für Andrin nicht nur ein neues Jahr, sondern auch einen neuen Lebensabschnitt ein: Er machte sich als 19-Jähriger mit seiner Firma IntelliLearn selbständig. Dies nicht mit Garagengroove oder Kinderzimmerromantik, sondern mit einer richtigen Firma mit Büros in Aarau. Im Mai stiess sein Kompagnon Mattia dazu.
«Ich kenne viele andere in meinem Alter, die richtig Gas geben und etwas erreichen wollen. Und die richtig clever sind. Auch das ist unsere Gen Z»
– Andrin Knoll, Gründer von Intellilab
Obwohl sein Unternehmen noch kein Jahr alt ist, blickt Andrin auf eine bewegte Zeit zurück. «Ich startete fulminant, mein ehemaliger Lehrbetrieb war mein erster Kunde. Dann folgte ein KI-Workshop für die IT von BMW Schweiz. Ein weiteres Highlight war mein Talk bei einem Verband vor 500 Führungspersonen. Und so ging es immer weiter.»
Gemeinsam mit Mattia habe er jedoch bald bemerkt, dass es für Firmen wenig Sinn mache, einfach nur KI-Kurse zu besuchen. So versande das Thema schnell. «Man muss KI als Prozess verstehen, nicht als Projekt mit Enddatum», erklärt er. Vielmehr gehe es um die Integration in die Strategie, um das Finden konkreter Use Cases und um Change Management. Also um «viel mehr als bloss Trainings». So wurde aus «IntelliLearn» nach wenigen Monaten das «IntelliLab», «weil wir eben zusammen mit den Kundinnen und Kunden den gesamten Prozess der KI-Integration begleiten. In einem Labor werden per Definition technische Lösungen in einem kontrollierten Umfeld entwickelt. Darum passt «Lab» hervorragend zu unserem Firmennamen.»
Keine Angst vor hohem Tempo
Die beiden Jungunternehmer wollen wachsen und weiterhin Erfolg haben. Aber nicht für den ersten Porsche. Sondern um genügend finanzielle Mittel zu haben, um coole Projekte zu realisieren. Wie zum Beispiel ShieldGPT, eine KI speziell für Schweizer Firmen und deren besonderen Anforderungen an den Datenschutz. Und auch, um Gutes zu tun. Denn ein Teil ihres Umsatzes geht an die Stiftung Vives, die in Afrika Brunnen baut. Andrin und Mattia ergänzen sich dabei ideal: «Ich bin die Umsatzmaschine, Mattia der strukturierte Denker im Hintergrund.» Mit Roger Harlacher steht ihnen ein erfahrener Mentor zur Seite.
Das geht alles superschnell. Ob er keine Angst vor dem Tempo habe? «Nein. Eher, dass es zu wenig schnell geht», sagt Andrin und lacht. Er fühlt sich sichtlich wohl dabei und kann die Kritik an seiner Generation nicht wirklich nachvollziehen. «Ich kenne viele andere in meinem Alter, die richtig Gas geben und etwas erreichen wollen. Und die richtig clever sind. Auch das ist unsere Gen Z. Aber sicher bewege ich mich auch ein wenig in (m)einer Bubble.»
Seine Tipps für Lehrbetriebe
Andrins Empfehlung an Lehrbetriebe: «Gebt den jungen Menschen Freiheiten und übertragt ihnen Verantwortung. Sie benötigen aber auch Unterstützung in Form der Weitergabe von Erfahrung und Wissen, als Türöffner oder um vorhandene Infrastruktur zu nutzen. Genauso, wie das glücklicherweise bei mir war. Man muss als junge Person merken, dass der Arbeitgeber einen wachsen sehen möchte.»
Mutter Alexandra sollte also Recht behalten: Aus Andrin wurde ein Unternehmer. «Natürlich ist sie stolz auf mich», sagt Andrin. Trotzdem habe sie ihm zu Hause augenzwinkernd ein Redeverbot zu Businessthemen erteilt, denn: «Ich komme dabei immer so ins Schwärmen, dass ich stundenlang darüber sprechen kann.»
Next Talent 2025
An der Fachtagung «Next Talent» am 17. Januar 2025 in Baden dreht sich alles rund ums Finden und Binden von Lernenden. Der Jungunternehmer Andrin Knoll wird als einer von zehn Referentinnen und Referenten auf der Bühne stehen und über Anwendungsmöglichkeiten von künstlicher Intelligenz im HR-Alltag sprechen. «HR Today»-Member geniessen Vorzugskonditionen. www.nexttalent.ch