Mut wird belohnt
Marta Fryba weiss, was es heisst, fern der Heimat von vorne zu beginnen. Die gebürtige Pragerin und studierte Wirtschaftsinformatikerin hat in der Schweiz nicht nur Deutsch gelernt, sondern sich auch in ihren Beruf zurückgekämpft.
Als Marta Fryba 2007 ihrem Mann in die Schweiz folgt, denkt sie, mit ihrer Wirtschaftsinformatiker-Ausbildung leicht einen Job zu finden. Doch weit gefehlt. «Niemand hat auf mich gewartet. Meine Ausbildung an der Prager Wirtschaftshochschule wurde in der Schweiz zwar anerkannt, doch war diese ‹Anerkennung› für keine Institution verbindlich.» Eine harte Erkenntnis für die gebürtige Tschechin. Während sie Deutsch lernt, übt sie in den ersten Jahren verschiedene Hilfsjobs aus: als Putzfrau, Betagtenbetreuerin oder Büroallrounderin.
Deutschkenntnisse als Sprungbrett
Bald beherrscht Marta Fryba die Landessprache und will wieder einer «qualifizierten Arbeit» nachgehen. Bei der Infostelle Frau+Arbeit in Weinfelden wird sie von einer Berufs- und Laufbahnberaterin 2014 auf das «Women Back to Business»-Programm aufmerksam gemacht. «Bei den Kosten des CAS habe ich zuerst leer geschluckt. 24 000 Franken waren bei meinem finanziell eher knappen Hintergrund nicht tragbar. Meine Betreuerin versprach jedoch, mir bei der Akkreditierung und der Finanzierung zu helfen.» Beides klappt. Die Universität St. Gallen gewährt Fryba ein Stipendium, das die Hälfte der Kosten deckt, zudem erhält sie weitere finanzielle Zuschüsse zweier Stiftungen. Den Restbetrag zahlt sie nach Antritt ihrer Stelle am Kantonsspital ab. Den Weiterbildungslehrgang startet die damals 42-Jährige im März 2014.
Raus aus der Komfortzone und zurück an die Uni: «Das hat nach all den Jahren in wenig qualifizierten Jobs Mut gekostet», sagt Fryba. «Gleichzeitig war mir bewusst, dass das CAS-Programm ein Sprungbrett ist, besonders für Frauen mit Migrationshintergrund und einer hierzulande nicht anerkannten universitären Ausbildung.» Der Abschluss an der Universität St. Gallen legitimiere nun frühere Ausbildungen und Fähigkeiten. Inwiefern der Abschluss ihr zur heutigen Stelle am Kantonsspital St. Gallen verholfen hat, könne sie nicht beurteilen. «Allerdings hat er meinen Einstieg in den Schweizer Stellenmarkt sicherlich erleichtert.»
Verantwortung übernehmen
Ihre Stelle am Kantonsspital St. Gallen findet Marta Fryba jedoch nicht über die Weiterbildung an der HSG, sondern über einen Online-Stellenmarkt. Nachdem sie sich durch das «Women Back to Business»-Programm in Praktika bei Unternehmen wie LafargeHolcim, der ZHAW Winterthur oder der InnoPark Schweiz AG gute Referenzen erworben hat, bewirbt sie sich 2017 für ihre heutige Stelle als Fachspezialistin KIS am Kantonsspital St. Gallen. Fryba ist angekommen, in der Schweiz wie im Berufsalltag. Nebst ihrer IT-Aufgaben schätzt sie an ihrer Stelle vor allem die Unterstützung durch ihren Chef. «Er fordert und fördert mich und gibt mir die Möglichkeit, mich zu entwickeln.» Etwa mit zwei neuen IT-Projekten, um die sie sich derzeit kümmert.
Zur Person
Marta Fryba studierte von 1990 bis 1996 an der Wirtschaftshochschule in Prag Wirtschaftsinformatik und Personalmanagement. Während des Studiums und danach arbeitet sie bis 2002 in Prag als Informatikerin. 2003 bis 2006 geht sie gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann auf eine Selbsterfahrungsreise nach Sri Lanka. 2007 folgt der Umzug in die Schweiz. Sie schlägt sich nach ihrer Ankunft mit verschiedenen Hilfsjobs durch. Von 2014 bis 215 absolviert sie das «Women Back to Business»-Programm an der Universität St.Gallen. Seit 2017 arbeitet sie als Fachspezialistin KIS beim Kantonsspital St. Gallen in der Informatik.