Neubeschäftigte machen Schluss: Frühes Beziehungsaus nach Jobantritt
Häufig beenden unerfüllte Erwartungen neue Arbeitsbeziehungen schneller wieder, als sie begonnen wurden. Wie können Unternehmen das verhindern?
Jede Art von Beziehung braucht Pflege, sonst geht sie zu Bruch. (Bild: iStock)
Das Kennenlernen ist prickelnd, die Schmetterlinge im Bauch tanzen, der Blick durch die rosarote Brille ist wunderbar. Das alles sind Anzeichen des Verliebtseins und einer frischen Beziehung. Nach den ersten Wochen und Monaten der Faszination – genau dann, wenn sich der Alltag eingeschlichen hat –, bröckelt Tag für Tag jedoch die schöne Fassade und das wahre Gesicht des neuen Partners kommt zum Vorschein. Die Gegenwart passt nicht zu den Hoffnungen und Erwartungen, das Bild voneinander stimmt nicht mehr überein. Herbe Enttäuschung macht sich breit, die zu einer frühen Beendigung der Beziehung bewegt. Genauso gestalten sich heute oft Arbeitsverhältnisse. Doch warum?
Lieber ein schnelles Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende? Von 37’000 zu ihren Arbeitserfahrungen befragten Mitarbeitenden aus 32 Ländern äusserten erschreckende 39 Prozent, die weniger als sechs Monate in einem Unternehmen beschäftigt waren, dass sie planten, bereits innerhalb der nächsten 12 Monate wieder zu kündigen. Als wäre eine schnelle Trennung nicht genug, sehnen sich einige sogar zurück zum Ex, also ihrem vorherigen Arbeitgeber.
Bindungsangst als Kostentreiber
Für Unternehmen ist diese geringe Verlässlichkeit im Job ein kostspieliges Problem: Auf drei bis vier Monatsgehälter schätzt die Society for Human Resource Management die Kosten für die Ersetzung eines Mitarbeitenden − eine enorme Ausgabe, die Unternehmen natürlich nach Möglichkeit vermeiden wollen. Zudem vergeudet das jähe Ende einer eben erst eingegangenen Beziehung jede Menge an harter Arbeit der Personalabteilung und der Belegschaft, die viel Mühe und guten Willen in die Einarbeitung der Neuen gesteckt hatten.
Schon der erste Schritt der Personalsuche, der Recruiting-Prozess, gestaltet sich in Zeiten des akuten Nachwuchskräftemangels langwierig und teuer. Statt dass sich junge Talente um die angebotenen Arbeitsplätze reissen, müssen Unternehmen heute neben attraktiven Gehältern mit Wunschurlaub, Workation und flexiblen Arbeitszeiten um Arbeitnehmende buhlen. Doch auch nach bitteren Erfahrungen des Scheiterns in Form verschiedener Abfuhren oder schnellen Kündigungen sind die auf Nachwuchskräfte angewiesenen Unternehmen wieder und wieder gezwungen, sich auf die aufwändige Suche zu begeben.
Lange Liebe muss nicht rosten
Eine Studie belegt, dass ein Hauptgrund (56 Prozent der Befragten) für eine Kündigung im ersten Arbeitsjahr oft an falschen Erwartungen an das Unternehmen und den Job liegt. Damit es nicht zum schnellen Beziehungsaus kommt, müssen Führungskräfte eine Employee Experience schaffen, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erwartungen eingeht und diese berücksichtigt. Unternehmen, die dazu in der Lage sind, werden am Arbeitsmarkt grössere Chancen haben, junge Talente für sich zu gewinnen und leistungsstarke Teams zu halten.
Statt verträumt in eine Beziehung zu taumeln, hilft von Anfang an Offenheit und Klarheit über den künftigen Alltag, aber auch darüber, was sich gemeinsam erreichen lässt. Ebenso gilt es den Alltag zu reflektieren, aber auch in kritischen Momenten genau hineinzuhorchen. Wer lange zusammenbleiben will, sollte am anderen Interesse zeigen und Feedback ernst nehmen; sprich: beide sollten sich umeinander bemühen. Nicht nur in der Dating-Phase, sondern auch darüber hinaus. Denn während Liebe oft von allein kommt, ist das Führen einer Beziehung mitunter Arbeit, wenngleich eine lohnende! Für den Unternehmenskontext bedeutet das: Automatisch ausgelöste Umfragen in den Momenten, auf die es ankommt, zum Beispiel nach der ersten Arbeitswoche, nach dem ersten Monat, nach drei Monaten und nach der Probezeit, können die Lösung sein. Ein Echtzeit-Ansatz für Feedback und Stimmungen in Schlüsselmomenten über den gesamten Mitarbeitendenzyklus hinweg vermittelt ein genaues Bild davon, wo und wann die Beschäftigten ein Störgefühl bezüglich der Arbeitsbeziehung verspüren, weil etwas nicht stimmt. Eingeholt und ausgewertet, trägt die Arbeit an den so genannten «Experience Gaps» der Mitarbeitenden wesentlich zur Unternehmensleistung bei.