Risikominimierung bei Entsendungen von Mitarbeitenden
Werden Mitarbeitende ins Ausland geschickt, müssen weiche Faktoren wie die Vorbereitung auf das Gastland, aber auch harte Faktoren wie Lohnzahlungen und Rechtliches beachtet werden.
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Unternehmen entsenden ihre Mitarbeitenden (so genannte Expatriates) immer häufiger ins Ausland, um deren Wissen bei ausländischen Geschäftseinheiten einzubringen oder zur eigenen Weiterentwicklung. Ein Expatriate ist ein Mitarbeitender, der nicht zu lokalen Bedingungen und nur für eine befristete Zeitdauer im Gastland eingesetzt wird. Die Mitarbeitenden werden von einem Heimatland in ein Gastland entsandt.
Solche Entsendungen sind in der Regel immer mit erheblichen Investitionen verbunden. Damit aber ein Auslandeinsatz als erfolgreich bezeichnet werden kann, sind nebst den «Soft-Faktoren» wie einer guten ganzheitlichen Vorbereitung des entsandten Mitarbeitenden und deren Familienangehörigen auf das Gastland und einer professionellen Unterstützung beim Umzug und der Integration im Gastland insbesondere auch die «harten Faktoren» von grösster Bedeutung. Denn es nützt wenig, wenn zwar in die Vorbereitung und Betreuung während des Auslandeinsatzes viel investiert wurde, der entsandte Mitarbeitende aber seinen Lohn nicht ausbezahlt bekommt oder aufgrund ungenügender Kenntnisse mit rechtlichen, steuer- oder sozialversicherungstechnischen Problemen konfrontiert wird, welche enorme Auswirkungen auf seinen Auslandeinsatz und die Zufriedenheit haben können.
Die zunehmende Mobilität auf dem internationalen Arbeitsmarkt stellt hohe Anforderungen an HR-Managerinnen und HR-Manager. Um einen reibungslosen Ablauf einer Entsendung garantieren zu können, müssen sich HR-Verantwortliche kontinuierlich mit der Vielfalt von internationalen, bilateralen, nationalen und kantonalen Regelungen auseinandersetzen. Die komplexen Fragestellungen betreffend Arbeits- und Aufenthaltsbewilligungen, Steuer- und Sozialversicherungsfragen, sowie einer fairen Entlohnung während einer Entsendung sind nicht nur von der rechtlichen Perspektive betrachtet enorm wichtig, sondern können bei Nicht-Einhaltung der länderspezifischen Richtlinien und Vorschriften die bereits schon hohen Kosten einer Entsendung noch weiter in die Höhe treiben.
Die nachfolgend beschriebene Checkliste, die sich ausschliesslich auf die «harten Faktoren» bezieht, hilft den HR-Verantwortlichen an alle relevanten Themen bei Entsendungen zu denken oder sich das nötige Wissen und Beratung bei Experten zu holen.
Entsendungsreglement
Bevor ein Unternehmen Mitarbeitende ins Ausland entsendet, sollte ein professionelles Entsendungsreglement – auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten – erstellt werden. Ein solches Reglement regelt unter anderem die Punkte der Entlohnung und Zulagen während der Entsendungsdauer, Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge, sowie die Politik des Unternehmens für Umzugs-, Wohnungs- und Schulkosten.
Mit einem gut strukturierten und verbindlichen Entsendungsreglement eines Unternehmens haben einerseits die Entsandten eine Sicherheit, welche Punkte geregelt und abgedeckt sind, und andererseits sind diese Richtlinien für die HR- und Geschäftsleitung sehr wichtig, um die komplexen und grenzüberschreitenden Themen zu regeln. Mit einem Entsendungsreglement kann man den grössten Ausgabeposten bei Entsendungen eingrenzen und alle Expatriates gleich behandeln.
Arbeitsrechtliche Aspekte
Um alle relevanten Punkte für den Arbeitgeber und für den entsandten Mitarbeitenden klar zu regeln, bedarf es der Vorbereitung verschiedener Vertragswerke: Arbeitsvertrag mit dem Heimatland, Arbeitsvertrag mit dem Gaststaat, sowie eine Entsendungsvereinbarung, die alle Komponenten während der Entsendung regelt. Dazu muss man das Recht des Heimatlandes sowie des Gastlandes berücksichtigen und den Entsendungsvertrag so ausgestalten, dass er den Entsendungsrichtlinien entspricht.
Informationen über das Gastland
Generelle Informationen über das Gastland bezüglich Sitten und Gebräuche, politische und wirtschaftliche Lage, Sicherheit, Gesundheitswesen, Kostenniveau und Wohnsituation, aber vor allem über die rechtlichen Aspekte und Sozialversicherungs- und Steuergesetze sind für den Arbeitgeber und den entsandten Mitarbeitenden von grösster Bedeutung, um Risiken bei Entsendungen zu minimieren und richtig einzuschätzen.
Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen
Die Thematik der Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen ist je nach Land unterschiedlich komplex und mehr oder weniger zeitaufwendig. Es ist daher sehr ratsam, sich rechtzeitig über Vorschriften, Voraussetzungen und Vorgehen des Gastlandes zu diesen Themen zu informieren und diese Bewilligungen genügend früh einzuholen, damit keine unnötigen Verzögerungen der Entsendung und Unsicherheiten beim Expatriate und den Familienangehörigen entstehen. Insbesondere ist hier auch ein Augenmerk auf die für die Schweiz gültigen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung von ausländischen Mitarbeitenden zu werfen.
Sozialversicherungen
Für einen Schweizer Expatriate haben Sozialversicherungsfragen einen sehr hohen Stellenwert. Vor einer Entsendung ist daher zu klären, ob grundsätzlich Sozialversicherungsabkommen zwischen Heimat- und Gastland bestehen und in welchem Land der Entsandte versicherungspflichtig wird. Kann der Mitarbeitende im Schweizer Sozialversicherungssystem verbleiben, ist eine Weiterführung der freiwilligen Versicherung überhaupt möglich und welchen Kranken- und Unfallversicherungsschutz benötigen der entsandte Mitarbeitende und seine Familienangehörigen im Gastland?
Diese komplexen Fragen müssen vor einer Entsendung abgeklärt sein und eine korrekte Abwicklung der Anmeldung und Beitragszahlungen im entsprechenden Sozialversicherungssystem sichergestellt werden.
Steuern
Vor einer Entsendung in einen anderen Staat ist abzuklären, ab welchem Zeitpunkt die Erwerbseinkünfte in welchem Land besteuert werden und ob Doppelbesteuerungsabkommen zwischen dem Entsendungs- und dem Gastland bestehen. Bei doppelter Ansässigkeit im Wohnsitz und im Erwerbsort kann es zu «Mehr-Steuern» kommen. Zudem sind die anfallenden Steuern in den meisten Staaten im Vergleich zur Schweiz höher. Wie ein Unternehmen diese Steuer-Problematik löst, sollte im Entsendungsreglement beschrieben werden.
Um eine gute Steuerplanung vornehmen zu können, sollte man sich über die Steuerpflicht und das Steuersystem im Heimatland und Gastland auskennen.
Payroll-Systeme
Um die Löhne und Vergütungen der entsandten Mitarbeitenden bearbeiten zu können, die korrekten Sozialversicherungsabzüge mit all den Zulagen abzuführen und die Lohnausweise für die Steuerberechnungen vollständig erstellen zu können, wird ein Payroll-System benötigt, welches diese Anforderungen erfüllt. Zudem muss sichergestellt werden, dass unterjährige Anpassungen der Lohnabrechnungen möglich sind, sei es aufgrund von veränderten Zulagen oder Änderungen des Kaufkraftausgleiches des Gastlandes im Vergleich zum Heimatstaat oder durch Wechselkursschwankungen.
Ebenso sind rechtliche Aspekte bei Lohnzahlungen im Ausland zu beachten, denn nicht in allen Ländern sind Lohnzahlungen im Heimatland gestattet.
Fazit
Eine Entsendung kostet das Unternehmen im Durchschnitt 150 - 200 Prozent mehr als eine vergleichbare lokale Anstellung. Nebst der eingangs erwähnten guten Vorbereitung vor der Entsendung und einer guten Betreuung im Gastland für die Familie sind die in der Checkliste erwähnten «harten Faktoren» nicht zu unterschätzen. Ein Unternehmen muss deshalb das notwendige Expertenwissen haben, die Entsendungen unter Berücksichtigung aller Aspekte genau zu planen und abzuwickeln sowie über die notwendigen Tools verfügen, um Entsendungen erfolgreich zu gestalten.
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