HR Today Nr. 2/2022: Fokus Forschung

Rückzugsorte im Büro als Konzentrationskiller?

Die Antwort vieler Firmen auf die wachsenden Flexibilitätsanforderungen ihrer Mitarbeitenden ist ein «Activity-Based Flexible Office», bei dem Büroflächen verschiedene Arbeitsorte für unterschiedliche Aufgaben bieten. Eine der wenigen Studien zu den psychologischen Auswirkungen solcher «Offices» zeigt, warum die Integration von Homeoffice ins Bürokonzept sinnvoll sein kann.

Cathrin Becker (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) und Roman Soucek (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) untersuchten zusammen mit drei Forscherinnen in Deutschland, inwieweit die aktuellen Arbeitsanforderungen und der aktuelle Arbeitsort (Task-Environment-Fit) zusammenpassen und welche Auswirkungen diese Faktoren auf das psychische Wohlbefinden der Arbeitnehmenden haben. Während einer Woche füllten 62 Beschäftigte aus der Dienstleistungs-, Beratungs- und Luftfahrtbranche ein web­basiertes Tagebuch aus. Jeweils am Ende des Arbeitstags wurden die Teilnehmenden nach der arbeitsbezogenen Konzentrationserfordernis, dem Arbeitsort, dessen wahrgenommener Passung sowie ihrem psychischen Wohlbefinden befragt.

Die Studienresultate zeigen, dass das Wohlbefinden indirekt über den «Task-Environment-Fit» beeinflusst wird. Werden in einem offenen Arbeitsbereich oder an einem Rückzugsort im «Activity-Based Flexible Office» Aufgaben mit hoher Konzentrationserfordernis erledigt, sinkt der Task-Environment-Fit. Im Homeoffice steigt er hingegen und somit auch das Wohlbefinden.

Doch weshalb schneiden Rückzugsräume im «Activity-Based Flexible Office» beim konzentrierten Arbeiten im Vergleich zum Homeoffice so schlecht ab? Die Forschenden vermuten fehlende organisationale Nutzungsempfehlungen und einen Wettbewerb um Rückzugsorte:

  • «Activity-Based Flexible Office» ist nicht nur ein Raumkonzept, sondern eine neue Art zu arbeiten. Es braucht Spielregeln, um die neue Arbeitswelt mit verschiedenen Arbeitsbereichen für unterschiedliche Aufgaben sinnvoll zu nutzen.
  • Im Homeoffice gibt es dagegen keinen Kampf um Rückzugsräume, was für die Konzentration förderlich sein kann. Eine Ergänzung von «Activity-Based Flexible Office» durch Homeoffice ist deshalb prüfenswert und kann das psychische Wohlbefinden der Beschäftigten fördern.

Quelle: Becker, C., Soucek, R., Gunkel, J., Lütke Lanfer, S., Göritz, A. S. (2021). Tagebuchstudie zu Activity-Based Flexible Offices: Wie das Zusammenspiel von Arbeitsaufgabe und Arbeitsort das psychische Wohlbefinden fördert. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 65(3), 153-164.

European Academy of Management Meeting in der Schweiz

Das jährliche Meeting einer der wichtigsten wissenschaftlichen Konferenzen für Managementthemen, darunter auch Human Resources Management, Organizational Behavior oder strategisches Management, findet diesen Juni 2022 zum ersten Mal in der Schweiz statt. Das Fokusthema des Meetings in Winterthur ist «Leading Digital Transformation». euram.academy

Was uns dieses Jahr beschäftigt

Die Forbes-Top-10-Herausforderungen für HR-Manager im Jahr 2022 lassen sich in vier Themengebiete zusammenfassen: (1) Förderung von Diversität, Gleichheit und Inklusion. (2) Neue, ortsunabhängige Arbeitsformen und alle damit verbundenen Anforderungen und Belastungen. (3) Kritische organisationale und individuelle Fähigkeiten identifizieren und sicherstellen. (4) Arbeitgeberattraktivität durch ein gesundes Arbeitsumfeld erreichen. bit.ly/Top_10_Issues

 

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Dr. Lea Rutishauser ist Ober­assistentin am Center für Human Resources Management an der Universität Luzern, und Mitgründerin des Start-ups «HR ConScience».

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