HR Today Nr. 11/2016: HR Consulting

Schweizer HR-Barometer: Das rät die Wissenschaft

Die Universität und die ETH Zürich haben jüngst den 9. Schweizer HR-Barometer veröffentlicht. HR Today publiziert daraus einen Auszug und hat die federführenden Professoren Gudela Grote und Bruno Staffelbach nach ihren Empfehlungen im Umgang mit dem Schwerpunktthema «Loyalität und Zynismus» befragt.

Die Analysen zeigen, dass gute Austauschbeziehungen am Arbeitsplatz die Grundlage für die Loyalität von Beschäftigten sind. Die Austauschbeziehungen zwischen Beschäftigten und ihren Unternehmen, Vorgesetzten und Arbeitskollegen werden von den meisten Befragten als zufriedenstellend wahrgenommen. Allerdings berichtet ein Drittel der Beschäftigten auch von mittelmässigen oder schlechten Beziehungen. Jeder vierte Beschäftigte erachtet den psychologischen Vertrag als nicht vollständig erfüllt und betrachtet zumindest manche Versprechen des Unternehmens als gebrochen.

Erfahren Beschäftigte am Arbeitsplatz mangelnde Loyalität vonseiten des Arbeitgebers in Form von nicht erfüllten psychologischen Verträgen und schlechten Beziehungen mit Vorgesetzten und Arbeitskollegen, so ist dies ein Nährboden für zynische Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen. Infolgedessen werden Beschäftigte ihrerseits auch weniger loyal dem Unternehmen gegenüber: Ihr Commitment sinkt und ihre Kündigungsabsichten steigen. Doch selbst Beschäftigte, die nicht vorhaben, das Unternehmen zu verlassen, können zynische Gedanken haben und zynisches Verhalten zeigen. 40 Prozent der Befragten berichten, mindestens ab und zu zynische Gedanken gegenüber dem Unternehmen zu haben. Diese zynischen Gedanken können die Motivation und das Engagement der Beschäftigten direkt beeinträchtigen. Zwei Drittel der Beschäftigten zeigen mindestens ab und zu zynisches Verhalten gegenüber dem Unternehmen. Sowohl intern als auch nach aussen kann dieser Zynismus für das Unternehmen schädlich sein. Innerhalb des Unternehmens kann zynisches Verhalten andere Beschäftigte auf Missstände aufmerksam machen und zur Nachahmung anstiften. Nach aussen werfen zynische Beschäftigte kein gutes Licht auf das Unternehmen: Wenn selbst die Arbeitnehmenden nur zynischen Spott für das Unternehmen übrig haben, kann dies weder eine gute Vertrauensbasis für die Kundenbindung bilden noch wird das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen. Die Ergebnisse der Regressionsanalyse zeigen einige Wege auf, wie der Zynismus von Beschäftigten gesenkt und die Mitarbeiterbindung an das Unternehmen gestärkt werden können.

Zynismus von Beschäftigten entwickelt sich dann, wenn diese den psychologischen Vertrag als gebrochen betrachten. Im Gegenzug für ihre Loyalität setzen Arbeitnehmende in der Regel
voraus, dass die Versprechen, die ihnen von Unternehmensseite gemacht wurden, gehalten und dass ihre Erwartungen erfüllt werden. Viele dieser Erwartungen entstehen möglicherweise, noch bevor der eigentliche Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde.

Massnahmen, um Zynismus von Beschäftigten zu vermeiden, können daher bereits während des Einstellungsprozesses getroffen werden. Sorgfältige Bewerbungsgespräche, in denen realistische Erwartungen über die tatsächliche Arbeit geschaffen werden, können späteren Problemen vorbeugen. Erwartungen können danach auch in regelmässigen Personalgesprächen überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Je früher unrealistische Erwartungen entdeckt werden, desto eher kann deren negativer Effekt vermieden werden.

Sowohl Arbeitsplatzunsicherheit, wie die Angst, die Arbeitsstelle bald zu verlieren, als auch multidimensionale Arbeitsunsicherheit, wie die Sorge über unerwünschte Veränderungen am Arbeitsplatz, spielen für das Entstehen von Zynismus und von Kündigungs­absichten eine Rolle. Dies zeigt auf, dass eine zentrale Führungsaufgabe im Abbau von Unsicherheiten liegt. Auch hier scheint der Schlüssel in der kontinuierlichen und präzisen Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten zu liegen.

Aufgabe der Vorgesetzten ist es, die Sorge vor zukünftigen Veränderungen zu nehmen, sofern diese unberechtigt ist. Besonders die Sorge über die Zunahme der Arbeitsbelastung führt bei den Beschäftigten zu Zynismus. Stehen tatsächlich Veränderungen im Unternehmen an, so ist es von zentraler Bedeutung, dass die bevorstehenden Veränderungen ausführlich begründet werden und dass den Beschäftigten wenn immer möglich die Gelegenheit zur partizipativen Mitgestaltung gegeben wird.

Doch wie sollen Vorgesetzte damit umgehen, wenn sie dennoch zynisches Verhalten bei ihren Mitarbeitenden beobachten? Der kritische Blick, den zynische Beschäftigte auf das Unternehmen werfen, kann auch Anlass für positive Veränderungen im Unternehmen geben (Brandes & Das, 2006). Zynische Beschäftigte beobachten die Geschehnisse im Unternehmen genau und ihr Verhalten enthält möglicherweise wichtige Hinweise darauf, was im Unternehmen verbessert werden sollte (Dean, Brandes & Dharwadkar, 1998). Deshalb ist es wichtig, dass Vorgesetzte zynische Kritik von Beschäftigten ernst nehmen und versuchen, in offenen Gesprächen Lösungen für die beobachteten Missstände zu finden.

Das rät Gudela Grote, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie der ETH Zürich

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1. Die steigende resignative Arbeitszufriedenheit ist als Warnsignal ernst zu nehmen. Die zugrundeliegenden Diskrepanzen zwischen Erwartungen und Realität sollten in Mitarbeitendenbefragungen und -gesprächen sorgsam eruiert werden.

2. Insbesondere Lohn- und Entwicklungsmöglichkeiten sind Bereiche, bei denen Erwartungen oftmals nicht erfüllt werden. Weiterbildungsangebote, die nicht nur an den Interessen des Unternehmens orientiert sind und Lohntransparenz sind wichtige Massnahmen.

3. Die allgemeine Verunsicherung von Beschäftigten sollte nicht ausgenutzt werden, um Beschäftigte mangels Alternativen in unzureichenden Arbeitssituationen zu belassen. Stattdessen geht es darum, Kompetenzen im Umgang mit Unsicherheit zu stärken und loyale Arbeitsbeziehungen gerade aus einer offenen und selbstsicheren Haltung gegenüber allgegenwärtiger Unsicherheit erwachsen zu lassen.

Das rät Bruno Staffelbach, ehem. Leiter des Lehrstuhls Human Resources Management der Universität Zürich:

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1. Es gibt eine «Loyalität von oben», eine «Loyalität von unten» und eine «Loyalität zwischen Beschäftigten». Loyalität ist ein «Beziehungsgeschäft». Für die Führung bedeutet dies Berechenbarkeit, Sichtbarkeit und Transparenz.

2. Der Anteil derjenigen, die eine traditionell-aufstiegsorientierte Karriere verfolgen, nimmt zu. Gleichzeitig nimmt die Eigenverantwortlichkeit bezüglich der eigenen Karriere ab. Entscheidend ist aber letztlich die Eigenverantwortung. Deshalb ist es Aufgabe des Talentmanagements, eigenverantwortliche Karriereorientierungen zu fördern, zu stärken und zu entwickeln.

3. Die resignativ Unzufriedenen nehmen weiter zu. 30 Prozent der Beschäftigten sind nur deshalb zufrieden, weil sie ihr Anspruchsniveau gesenkt haben. Sie haben «abgehängt». Das ist eine Verschleuderung von Motivation. Hier wird es zur Aufgabe der Führung, dafür zu sorgen, dass es dieses Drittel der Beschäftigten mit Perspektiven, Ausbildung und sinngebender Arbeit wieder «packt».

Quelle

Schweizer HR-Barometer 2016, Herausgegeben von Gudela Grote und Bruno Staffelbach, Universität Zürich und ETH Zürich www.hr-barometer.uzh.ch, www.hr-barometer.ethz.ch

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Gudela Grote ist 1960 in Wiesbaden (D) geboren. An den Universitäten Marburg und Berlin studierte sie Psychologie. Die Professorin forscht an der ETH Zürich im Bereich integrativer Arbeits- und Organisationsgestaltung. Anwendung finden ihre Ergebnisse etwa in der Teamarbeit.
 

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Prof. Dr. Bruno Staffelbach ist Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre und Direktor des Centers für HRM an der Universität Luzern.

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