HR Today 3/23: Weiterbildung

Strategie mit Skills abgleichen

Viele Firmen wissen nicht, welche Skills ihre Mitarbeitenden haben und welche ihnen fehlen. Das macht es schwierig, sie entlang der Unternehmensstrategie zu ent­wickeln. KI Könnte Abhilfe schaffen.

Lernen verändert sich im Betrieb zunehmend: weg von der Wissensvermittlung hin zur Entwicklung von Skills. Das ist der «Fosway 9-Grid»- Marktstudie des gleichnamigen Personalmanagement-Analysten vom März 2023 zu entnehmen, für die 150 global tätige Unternehmen befragt wurden. Der Studie zufolge konzentrieren sich Unternehmen vermehrt auf ­Learning-Programme, welche die Transformation der Unternehmen zur «skillbasierten» Organisation ­unterstützen und Übungen sowie Anwendungsfälle bieten. Dafür nutzen Firmen in der betriebs­internen Weiterbildung immer häufiger künstliche Intelligenz. Doch was versprechen sie sich davon?

Beispielsweise, dass die Skills der Mitarbeitenden mit Entwicklungsmöglichkeiten, Mentoring- oder ­Coaching-Angeboten, Arbeitsaufgaben, Projekten oder den nächsten Karriereschritten ab­ge­glichen werden. Trotz vielversprechender ­Ent­wicklung der Software wurden die Weiterbildungsbudgets der befragten Grossfirmen jedoch gekürzt. Dennoch ­halten diese am Digital Learning fest. Immer häufiger müssen die damit betrauten Learning and Development-Verantwortlichen ihre Investitionen aber vor der Geschäftsleitung rechtfertigen und den Mehrwert aufzeigen.

Das ist kein einfaches Unterfangen: Gemäss der Studienautoren ist die Messung des Lernerfolgs im Learning and Development immer noch eine Schwachstelle. Hinzu kommt, dass die Lernmethoden in vielen Firmen unausgereift sind. Gerade 20 Prozent der Auskunftgebenden gaben an, ihr Lernansatz ­fördere die Unternehmenstransformation, das ­Upskilling, die Lernkultur oder Karriereentwicklung. Zudem ist noch unklar, inwiefern mit künstlicher ­Intelligenz betriebene Software das Lernerlebnis ­optimiert, Lernangebote filtert, Lernende «anschubst», Lerninhalte generiert oder verteilt. Unbestritten für die Studienautoren ist aber, dass künstliche Intelligenz die Betriebliche Weiterbildung verändern wird.

Markus Skergeth CEO, Skilltree

Markus Skergeth
1. Weiterbildungen sollten sich künftig an der Firmenstrategie ausrichten. Inwiefern trägt Ihre Software zu diesem Ziel bei?

Skilltree ist eine Software, die bestehende, wie auch benötigte Mitarbeiterfähigkeiten erfasst. Sie erkennt auch jene, die bei einer strategischen Neuausrichtung die Handlungsoptionen des Unternehmens erweitern, da die Mitarbeitenden flexibler eingesetzt werden können. Sind die Skills einmal erfasst, kann mit ­Analysetools ermittelt werden, wo welche im ­Unternehmen gebraucht werden. So lässt sich auch erkennen, welche Weiterbildungen notwendig sind, um die Firmenstrategie zu realisieren.

2. Inwieweit kann KI fehlende Kompetenzen bereits erkennen und Weiterbildungslösungen vorschlagen?

Die Technik ist bereits sehr nahe daran. Was noch fehlt, sind die passenden Daten. KI-Modelle wie Chat GPT können zwar Zusammenhänge herstellen. Diese Ergebnisse basieren aber auf allgemein verfügbaren Daten und jenen, mit denen sie trainiert wurden. Die erforderlichen Daten befinden sich in der Expertise der Menschen. Ich vermute, dass die innovativsten Unternehmen in zwei bis drei Jahren diesen Punkt erreicht haben.

3. Welche Voraussetzungen braucht es, damit Weiter­bildungsmodelle mit KI ­funktionieren?

Das wichtigste ist eine offene und fördernde ­Unternehmenskultur. Nur wenn Menschen in ihrer ­Karriereentwicklung eingebunden werden, sind sie ­bereit, ein System zu nützen. Menschen legen ihre ­Daten offen, wenn sie darauf vertrauen können, dass diese nur zu ihrem Nutzen eingesetzt werden. Dabei muss von oben bis unten ehrlich kommuniziert werden und für jeden Mitarbeitenden klar sein, weshalb er seine Daten freigeben sollte.

4. Inwiefern eignet sich Ihre ­Software auch für kleinere ­Firmen und mit welchen Kosten ist zu rechnen?

Unsere Software schafft dann einen Wert für eine Firma, wenn sich nicht mehr alle Mitarbeitenden untereinander kennen und somit auch nicht wissen, wer welche Fähigkeiten hat. Die Kosten der Software basieren auf der Zahl der Mitarbeitenden und sind transparent auf unserer Website aufgelistet.

Christoph Kueffer Director of Skills, People Analytix

Christoph Kueffer
1. Weiterbildungen sollten sich künftig an der Firmenstrategie ausrichten. Inwiefern trägt Ihre Software zu diesem Ziel bei?

Strategien zeigen sich in Initiativen, neuen Technologien oder bestimmten Fähigkeiten, die gebraucht werden, um diese umzusetzen. Fähigkeiten widerum spiegeln sich in Jobrollen oder unternehmenskritischen Kompetenzprofilen. Unsere Lösung übersetzt Jobrollen und Kompetenzprofile in Skills, und zeigt Mitarbeitenden, wo ein allfälliger Skill-Gap besteht und wie dieser am effizientesten geschlossen werden kann. Unternehmen erkennen, wo Skill-Gaps bestehen und können entsprechende Lerninhalte zur Verfügung stellen.Zusätzlich zeigen wir auf der Plattform, welche Fähigkeiten vermehrt und welche weniger am Markt gefragt sind. Dadurch haben Unternehmen nicht nur eine Innen-, sondern auch eine Aussensicht.

2. Inwieweit kann KI fehlende Kompetenzen bereits erkennen und Weiterbildungslösungen vorschlagen?

Die Entwicklung geht eindeutig in Richtung personalisierte, skillbasierte Entwicklungsempfehlung, um Menschen entlang der Unternehmensstrategie zu entwickeln. Das Erkennen von Skill-Gaps und Vorschlagen von Lerninhalten funktioniert dank NLP-Modellen und einer Ontologie schon recht gut. 50 Prozent der Lernplattformen bieten bereits heute eine Skill- Lösung. Nur wenige erfüllen jedoch die Anforderungen an ein modernes KI-unterstütztes Skillsmanagement. Der Druck auf HR, solche Lösungen aufzubauen, hat zugenommen. HR Applikationen gelten als ideale Wegebner für die Digitalisierung.

3. Welche Voraussetzungen braucht es, damit Weiter­bildungsmodelle mit KI ­funktionieren?

Unternehmen müssen den Schritt von generischen Rollen hin zu individuellen Skill-Profilen machen. Individuelle skill- basierte Entwicklungsmassnahmen sind nur möglich, wenn Jobrollen und Kompetenzprofile in Skills übersetzt sind. Zudem muss die Bereitschaft da sein, stets in die Entwicklung der Belegschaft zu investieren. Mitarbeitende müssen zudem den Nutzen und die Vorteile eines Skill-Profils erkennen, um dieses zu erstellen, zu teilen und zu pflegen. Ein interner Marktplatz für Projekte, Entwicklungsempfehlungen, Markttrends oder die Möglichkeit, Wissen mit Kollegen und Kolleginnen auszutauschen, sind wichtige Plattformfunktionalitäten, die das Engagement der Belegschaft hoch halten.

4. Inwiefern eignet sich Ihre ­Software auch für kleinere ­Firmen und mit welchen Kosten ist zu rechnen?

Eine personalisierte, skillbasierte Mitarbeiterentwicklung eignet sich für jedes Unternehmen. Dabei stellt sich die Frage, wie gross die strategische Veränderung ist und ob das Unternehmen auch ausreichende Entwicklungsmöglichkeiten in Form von Kursen, Lerninhalten, Projekten, Mentoring oder Vakanzen zu bieten hat, damit Mitarbeitende den Nutzen für sich erkennen. Unsere Zielgruppen sind Firmen mit über tausend Mitarbeitenden. Pro Mitarbeitenden und Jahr fallen wiederkehrende von der Belegschaftsgrösse abhängige Kosten zwischen zwischen 10 und 50 Franken an.

Thomas Schlereth CEO und Leiter der Entwicklung, Can Do GmbH

Thomas Schlereth
1. Weiterbildungen sollten sich künftig an der Firmenstrategie ausrichten. Inwiefern trägt Ihre Software zu diesem Ziel bei?

Can Do ermittelt Engpässe bei Skills und Mitarbeitenden, damit Projekte, Massnahmen und Strategien umgesetzt werden können. Hierzu muss zunächst einmal die eher abstrakte Unternehmensstrategie in Projekte oder Programme übersetzt werden. Aus diesen konkreten Vorhaben entsteht dann ein Bedarf an Personal und Skills. So ist es für Can Do relativ leicht, die vorhandenen Personen, deren Skills und Auslastung diesem Bedarf gegenüber zu stellen. Da Menschen verschiedene Skills gleichzeitig haben, kann die Software nun darstellen, welche Personen mit welchen Skills wann eingestellt werden sollten. Genauso legt sie dar, wenn Personen mit diesen oder ähnlichen Skills bereits im Unternehmen sind und wo ein zusätzlicher Bedarf an Schulung besteht. Die KI kann bei fehlenden Skill- oder Personenmengen zudem Hinweise zur Bedeutung geben – sie zeigt also, wie sich die fehlenden Skills auf den Erfolg der einzelnen Projekte auswirken.

2. Inwieweit kann KI fehlende Kompetenzen bereits erkennen und Weiterbildungslösungen vorschlagen?

KI, Algorithmen und Echtzeitsysteme sind heute dazu bereits in der Lage. Dafür ist neben der Datenmenge für die KI auch die Datenqualität sehr wichtig. Die notwendigen Daten können grösstenteils automatisch durch die Systeme gepflegt werden (Zeiterfassung, Abweichungen). Dazu müssten die verschiedenen Systeme in den Unternehmen jedoch stärker vernetzt werden. Führungskräfte, die die Disziplin nicht aufbringen, wichtige Informationen für das Unternehmen aktuell zu halten, sollten ihre Prioritäten überdenken. Spannend wird die Entwicklung, wenn künstliche Intelligenz selbständig feststellen kann, welche Skills die Mitarbeitenden in welcher Qualität haben.

3. Welche Voraussetzungen braucht es, damit Weiter­bildungsmodelle mit KI ­funktionieren?

Entscheidend ist die Übersetzung einer manchmal nebulösen Strategie in Projektvorhaben. Bestimmt das Topmanagement als Strategie: «Wir wollen in fünf Jahren Marktführer bei XYZ sein», muss es auch konkrete Massnahmen definieren, wie dieses Ziel zu erreichen ist. Ausserdem muss in den Unternehmen erfasst werden, welche Skills die Mitarbeitenden überhaupt haben. Nur so kann die Datenbasis geschaffen werden, mit der die Software arbeiten kann. Die KI passt sich immer aufgrund der Daten an, ändert aber nicht die Methode, die im KI-Modell definiert ist. Ändert sich die Strategie, ändert sich auch der Bedarf an Fähigkeiten. Welche das im Einzelnen sind, ist der KI egal.

4. Inwiefern eignet sich Ihre ­Software auch für kleinere ­Firmen und mit welchen Kosten ist zu rechnen?

Wir bieten unsere Lösung mittlerweile auch in der Cloud an. So profitieren bereits kleinere Unternehmen ab 20 Personen. Der grösste Aufwand besteht darin, Daten über Strategien, Vorhaben, Skills und Mitarbeitende zu erfassen. Dieser Aufwand besteht jedoch unabhängig von der eingesetzten Lösung. Oft liegen diese Informationen bereits vor, sie sind aber in verschiedenen Systemen erfasst. Can Do nutzt deshalb verschiedene Schnittstellen, um diese Daten zusammen zu führen und eine doppelte Datenerfassung zu vermeiden. Die Nutzung der Software danach ist recht einfach und kann in wenigen Wochen vollständig erlernt werden. Der Kunde abonniert die Anzahl der Lizenzen, die benötigt werden.

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Chefredaktorin, HR Today. cp@hrtoday.ch

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