Stellenvermittlung

«Temporärstellenmarkt wächst jährlich um 8 Prozent»

Mit dem Kauf des Deutschschweizer Unternehmens Global Personal Partner zu Beginn des Jahres wurde die Westschweizer Interiman Group schweizweit zur Nummer 4 im Stellenvermittlungsmarkt. Die beiden Patrone gewähren einen Blick hinter die Kulissen dieser Akquisition und sprechen über die Herausforderungen im Temporärstellenmarkt.

Im Januar 2016 übernahm die Westschweizer Interiman Group einen Mehrheitsanteil an der Deutschschweizer Global Personal Partner. Wie kam es dazu?

Robin Gordon: Wir versuchten schon früher, unseren Erfolg in der Romandie in die Deutschschweiz zu übertragen. Seit 2010 eröffneten wir in der Deutschschweiz zehn Filialen, leider nur mit mässigem Erfolg. Die verschiedenen Kulturen prallten zu stark aufeinander. Rückblickend wäre es wohl einfacher gewesen, den Markt in Frankreich anstelle der Deutschschweiz zu bearbeiten (lacht). Die Weise, wie hier die Geschäfte angepackt werden, unterscheiden sich stark. Der Deutschschweizer Kunde ist loyaler als der lateinisch geprägte, der sich viel opportunistischer verhält. Das zu verstehen, brauchte seine Zeit. Das beste Erfolgsrezept für den Deutschschweizer Markt ist es, den Filialen auf allen Stufen einen maximalen Freiraum einzuräumen. Das war übrigens auch die Conditio sine qua non für die Akquisition von Global Personal Partner. Der Gründer und Geschäftsführer, Roman Cornu, führt seine operativen Tätigkeiten als Verwaltungsratspräsident, CEO und Aktionär weiter. Ohne ihn hätte die Unternehmensbewertung anders ausgesehen.

Roman Cornu: Wir haben mit verschiedenen Unternehmen verhandelt. Interiman passte dabei perfekt zu unserem Geschäftsmodell und unseren Expansionsabsichten.

Zur Person

Robin Gordon: Zuerst als Direktor von Verbier Tourismus und danach des World Trade Centers in Lausanne tätig, startete Robin Gordon seine Karriere im HR-Dienstleistungsbereich bei Mercuri Urval und wechselte danach zu Multi Personel. Heute ist er CEO und Aktionär der Interiman Group.

Roman D. Cornu: Nach einer Karriere in der Temporärstellenvermittlung insbesondere in den USA, gründete Roman D. Cornu 1997 die Global Personal Partner AG. Seit 2012 ist er zudem Präsident der regionalen Paritätischen Kommission «Personalverleih» für die Deutsche Schweiz. (RPKD). R. Cornu ist Verwaltungsratspräsident, CEO und Aktionär der Global Personal Partner AG.

Aber es gibt trotzdem Synergien?

Cornu: Selbstverständlich. Wir nutzen diese, indem wir unseren Kandidatenpool vergrössern und Neukunden akquirieren können. Zudem haben wir nun die Möglichkeit, Kandidaten in den jeweils anderen Landesteil zu vermitteln, um die andere Sprache zu erlernen oder zu vertiefen. Dabei zeigt sich: Es gibt einen Röstigraben.

Worin bestehen die kulturellen Unterschiede?

Cornu: Die Deutschschweizer sind direkter in ihrer Kommunikation. Unser Ton ist grundsätzlich verschieden, schärfer, schon fast militärisch (lacht). Die Kulturfrage ist wichtig und wir müssen weiter daran arbeiten. Es reicht nicht, einfach 20 Mitarbeitende zu nehmen und sie in der Nachbarskultur unterzubringen. So funktioniert das nicht.

Gordon: Stimmt. Der Unterschied liegt zuerst in der Sprache. Wenn Sie diese nicht beherrschen, zwingen Sie Ihren Gesprächspartner, seine Komfortzone zu verlassen. Deshalb müssen wir uns auf allen Stufen annähern, sei es intern oder extern im Kontakt mit den Kunden. Das ist wirklich eine Schweizer Spezialität. Viele ausländische Unternehmen haben die sprachlichen und kulturellen Unterschiede unterschätzt und sich daran die Zähne ausgebissen. In der Deutschschweiz ist vieles strenger, formalistischer und es wird beispielsweise mehr schriftlich korrespondiert als mündlich ausgetauscht. Der Romand vertraut eher auf eine mündliche Abmachung.

Sie wurden nun zur Nummer 4 in der Schweiz. Ist ein solches Wachstum die unabdingbare Voraussetzung, um in diesem Bereich überleben zu können? 

Gordon: Im Temporärstellenmarkt sind die ganz kleinen und die sehr grossen Unternehmen am erfolgreichsten. Irgendwo dazwischen zu sein, ist schwierig. Die kleinen Unternehmen haben den Vorteil, dass sie vor allem im lokalen Markt auftrumpfen können. Wer aber eine Wachstumsstrategie verfolgt, muss schnellst möglich auf nationaler Ebene tätig sein. Selbst dann, wenn ein Unternehmen in einer Region bereits sehr stark ist, wie das bei unseren beiden Unternehmen der Fall war. Dies ganz einfach deshalb, weil sonst die nationalen Akteure wie die Bundesbetriebe, nationale Versicherungsgesellschaften und die grossen Handels- und Industrieunternehmen nicht bedient werden können.

Reden wir über die Zahlen. Im 2015 erzielte die Interiman Group mit 167 Mitarbeitenden 156 Millionen Franken Umsatz. Global Personal Partner erwirtschaftete mit 40 Mitarbeitenden 70 Millionen Umsatz. Das entspricht etwa der Hälfte Ihres Umsatzes mit nur einem Viertel der Mitarbeitenden. Woher kommt dieser grosse Unterschied?

Gordon: Viele unserer Filialen in der Deutschschweiz sind noch jung und befinden sich in der Entwicklungsphase. Mittelfristig werden wir mit der neuen Organisation und den integrierten Filialen mit Sicherheit mehr erreichen. Ein anderer Grund ist aber auch, dass wir in Sektoren tätig sind, die sehr personalintensiv sind, zum Beispiel in der Hotellerie-Gastronomie sowie im Medizinal- und Pflegebereich. Darüber hinaus erledigen wir mit rund 20 Mitarbeitenden die ganzen Treuhand- und Back-Office-Aktivitäten unserer zwölf Gruppenunternehmen.

Cornu: Hier ist anzufügen, dass unsere Organisation schlanker ist. Einige Mitarbeitende haben eine gewisse Seniorität. 30 Prozent der Counsultants sind seit der Unternehmensgründung im Jahr 1997 dabei. Wir sind auf jene Sektoren fokussiert, die Umsatz bringen und vermeiden bewusst ressourcenintensive Sektoren wie beispielsweise die IT und andere Technologien. Das ist auch ein Grund, weshalb wir die Marke Global Personal Partner beibehalten. Sie ist stark verankert in der Deutschschweiz im Gegensatz zu unserem Akquisitor. Dies ist einer der Gründe, warum wir die Deutschschweizer Filialen der Interiman Group in die Organisation der Global Personal Partner integriert haben.

Vier Monate nach der Akquisition: Was haben Sie bisher aus diesem Prozess gelernt?

Cornu: Die administrativen Aufwendungen und zeitintensiven Behördengänge habe ich unterschätzt. Dies hat Zeit, Geld und Energie gekostet. Das alles liegt jetzt aber hinter uns und die Resultate des ersten Quartals geben uns recht.

Der Rekrutierungsmarkt wurde in den letzten Jahren mit den sozialen Medien, der Vervielfachung der kleinen Anbieter und dem Druck auf die Margen beträchtlich härter. Wie gehen Sie mit diesen Herausforderungen um? 

Gordon: In der Tat belegen die Statistiken diese Entwicklung. Der Markt der Feststellenvermittlung hat sich seit dem Jahr 2000 halbiert. Der Temporärstellenmarkt wächst dagegen kontinuierlich weiter. Das durchschnittliche Jahreswachstum der letzten 20 Jahre beträgt 8 Prozent. Dieses Wachstum liess viele kleine Anbieter in den Markt einsteigen. Die Zukunft unserer Branche ist also vielversprechend. Kommt hinzu, dass die Temporärarbeit eine immer breitere Akzeptanz findet. Der klassische Karriereplan und die Arbeitsstelle auf Lebzeiten sind Konzepte, welche die Jungen von heute immer weniger ansprechen. Es ist insbesondere die Temporärarbeit, die ihren Erwartungen an unterschiedliche Tätigkeiten und Berufserfahrungen entspricht. 

Was wird sich verändern?

Gordon: Die Technologien sind daran, unser Metier zu verändern. Die neuen mobilen Applikationen erlauben es den Mitarbeitenden, ganz einfach auf unsere verschiedenen Stellenangebote zuzugreifen, das anbietende Unternehmen zu kontaktieren und die Arbeitsstunden zu rapportieren. Dieser einfache Zugang zur Temporärarbeit trägt massgebend zu ihrer höheren Akzeptanz bei. Mittels der neuen Technologien können wir auch die besten Kandidaten für eine Stelle einfacher identifizieren, den Abgleich mit den Stellenangeboten effizienter gestalten und die Produktivität unserer Agenten steigern.

Wie erklären Sie den Rückgang der Feststellenvermittlung?

Gordon: Die grösseren Unternehmen haben immer häufiger interne HR-Strukturen, welche die Mittel und Erfahrung haben, solche Stellen selbst zu besetzen. Anders sieht es im Segment der kleineren Unternehmen mit 50 und weniger Mitarbeitenden aus. Diese beanspruchen weiterhin die Unterstützung eines Dienstleisters. Daher bleibt dieses Marktsegment stabil.

Kommen wir auf den Temporärarbeitsmarkt zurück. Wird sich dieser auch verändern?

Cornu: Unsere Kunden verlangen immer umfassendere Dienstleistungspakete. Sie möchten die Rekrutierungsrisiken auslagern und erwarten von uns, dass wir die Mitarbeitenden während ihrer gesamten Karriere begleiten. Wir bilden daher ebenfalls immer mehr Mitarbeitende aus, insbesondere mit der Unterstützung durch den Temptraining-Fond. Wir verbessern auch die Rahmenbedingungen der Temporärarbeit, indem wir einen 13. Monatslohn bieten, finanzielle Anreize schaffen, um Absenzen zu reduzieren und in gewissen Fällen eine Gewinnbeteiligung auszahlen. Letztlich verlangen unsere Kunden eine transparente Kostenübersicht. In der Zukunft ist es diese Art des Kundendienstes, die im Markt den Unterschied ausmachen wird.

Reden wir von Ihren Margen …

Gordon: Unsere durchschnittliche Gruppenmarge bewegt sich zwischen 15 und 16 Prozent. Im Informatiksektor erhöht sie sich bis auf 25 Prozent, in der Industrie sinkt sie bis auf 7 oder 6 Prozent. Je stärker sich das Mandat auf einen punktuellen Einsatz konzentriert, je interessanter sind die Margen. Umgekehrt sinken unsere Margen bei einem Unternehmen, das 20 Prozent der Belegschaft als temporäre Mitarbeitende führen will, weil das Volumen wichtiger ist. Solche Margensenkungen wurden auch durch unsere gesteigerte Produktivität möglich, welche mit dem Einsatz neuer Technologien realisiert werden konnte.

316'000 temporär Arbeitende in der Schweiz

Gemäss Swissstaffing, dem Branchenverband der Schweizer Personalverleiher und Personalvermittler, arbeiteten 316'000 Personen temporär im Jahr 2014. Der Markt zählt über 3000 Anbieter. Die Marktführer sind Adecco Human Resources, Manpower, Randstad, Interiman Group und Kelly Services. Die Interiman Group belegt seit der Akquisition von Global Personal Partner im Januar 2016 den vierten Platz.

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Marc Benninger ist Chefredaktor der französischen Ausgabe von HR Today.

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