Transformationale Führung

Wie erkenne ich Change-Maker?

Der nachhaltige Erfolg eines Transformationsprozesses steht und fällt mit der Führung. Denn um Mitarbeitende zu motivieren, Vertrauen aufzubauen und Risiken zu nehmen braucht es ganz besondere Menschen. Die fünf Kennzeichen einer «transformationaler» Führungskraft.

Unternehmen geraten immer wieder in Situationen, in denen sie ihr Geschäftsmodell überdenken und sich im Markt neu positionieren müssen, um auch langfristig erfolgreich zu sein.

Ein umfassender Change-Prozess stellt aber neue und spezielle Anforderungen an die Führungskräfte. Anders als bei vielen Change-Projekten geschieht hier die Veränderung nicht punktuell, sondern grundlegend. In anderen Worten:

  • das gesamte bisherige Denken und Tun wird hinterfragt
  • ein neues Selbstverständnis muss entwickelt werden, was auch neue Kompetenzen bei den Prozessbeteiligten erfordert

Reife Führungspersönlichkeiten sind gefragt

Ein Transformationsprozess betrifft ausser der Strategie und Struktur folglich auch die Kultur eines Unternehmens. Die Mitarbeitende müssen bezüglich ihrer Funktion in der Organisation eine neue Identität entwickeln.

Transformationsprozesse sind jedoch schwierig zu planen, da bei ihnen stets

  • viele Einflussfaktoren zu berücksichtigen sind und
  • das Endziel unter Vorbehalt steht, weil das Gesamtprojekt sich in einem dynamischen Umfeld vollzieht.

Deshalb müssen die Transformationsverantwortlichen bei der Projektplanung agil führen. Ausserdem sollten sie reife Führungspersönlichkeiten sein, denen die Betroffenen, wenn nicht gerne, so doch bereitwillig folgen – weil sie ihnen aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz vertrauen.

Die fünf Kennzeichen «transformationaler Leader»

So zeichnen sich Führungspersönlichkeiten transformationale Leader aus, denen es gelingt, Mitarbeitende wie auch die Kundschaft und Partner für das Veränderungsvorhaben zu motivieren:

1. Kreativität bzw. «Out of the box»-Denken

Kreative Führungskräfte lassen sich bei der Suche nach neuen Lösungen nicht durch Konventionen einschränken. Sie fragen sich regelmässig zum Beispiel:

  • Wo denken und handeln wir zu traditionell?
  • Wie muss künftig unser Businessmodell ausschauen, um wettbewerbsfähig zu sein?
  • Inwiefern sollten wir unsere Organisation neu denken, um noch leistungsfähiger zu werden?

Transformationale Führungskräfte sind experimentierfreudig und sehen mehr Chancen als Risiken.

2. Interaktivität bzw. mit den Netzwerkpartnern in einem regen Austausch stehen

Transformationale Führungskräfte suchen den Kontakt und Austausch mit Menschen. Sie pflegen mit Leichtigkeit die Beziehung zu Mitarbeitende, Kunden, Lieferantinnen oder externe Dienstleistende. Sie begeistern diese immer wieder mit neuen Ideen – auch weil sie die Bedürfnisse ihres Gegenübers erspüren.

Sie ziehen sich selten in ihre Büros zurück. Stattdessen suchen sie bereichs- und funktionsübergreifend den Austausch auch mit ihnen nicht gleichgesinnten Personen, denn sie wissen: Um Menschen mitzunehmen, muss ich mit ihnen kommunizieren und zu ihnen eine Vertrauensbeziehung aufbauen.

3. Eine Vision bzw. ein attraktives Zielbild vor Augen haben

Um Menschen in Bewegung zu versetzen, braucht es eine gemeinsame, sinnstiftende Vision.

Jede Vision birgt aber die Gefahr des Scheiterns. Deshalb backen viele Führungskräften lieber kleine Brötchen. Genau hier liegt die Stärke einer transformationalen Führungskraft: Sie hat den Mut, auch risikobehaftete Dinge anzugehen und beflügelt hiermit ihr Umfeld.

4. Empowerment bzw. die Selbstwirksamkeit erhöhen

Damit ihre Vision Realität wird, brauchen Führungskräfte ein Team, das ihre Vision teilt und diese ebenso verwirklichen möchte wie sie selbst.

Transformationale Führungskräfte scharen solche Menschen um sich und bieten ihnen den zu ihrer Entfaltung nötigen Freiraum. Sie vermitteln zudem das Gefühl einer gemeinsamen Verantwortung. Das heisst, die hierarchischen Verhältnisse spielen in der alltäglichen Zusammenarbeit fast keine Rolle.

5. Leidenschaft bzw. mit dem eigenen Feuer die Netzwerkpartner entflammen

Sind Vorgesetzte nur halb bei der Sache, dann verhalten sich die Mitarbeitenden entsprechend: Folglich betrachten sie das Projekt nur als eine Aufgabe und erledigen ihren «Job».

Im Kontakt mit transformationalen Führungskräften spürt man die Leidenschaft, mit der sie sich «ihrer Sache» verschrieben haben. Deshalb lässt sich ihr Umfeld von ihnen auch inspirieren.

Auch transformationale Leader haben Schwächen

Allerdings fällt es Führungskräften, die andere Menschen leicht inspirieren und mit ihnen Dinge bewegen können, oft schwer, einen Zustand zu stabilisieren und in Effizienz zu bringen. Denn dies erfordert speziell im Management-Bereich in der Regel Fähigkeiten, die nicht zu den expliziten Stärken transformationaler Führungskräfte zählen.

Transformationale Führungskräfte sind zwar mutiger als ihre Kolleginnen und Kollegen, deren Stärken primär im Managementbereich liegen. Sie unterschätzen aber die mit Change-Vorhaben verbundenen Risiken. Deshalb benötigt jede Organisation sowohl Führungskräfte, die Veränderungen vorantreiben, als auch solche, die für die nötige Stabilität sorgen. Transformationale Führungskräfte sind oft nur befristet in ihrer Funktion. Sie treiben eine Veränderung voran und übergeben dann den Staffelstab.

Deshalb sollten sich Führungskräfte, wenn tiefgreifende Veränderungen anstehen, auch selbst fragen: Bin ich eher eine treibende Kraft der Veränderung oder eine stabilisierende Kraft?

Unternehmen brauchen Transformatoren und Stabilisatoren

Jedes Unternehmen braucht Transformatoren und Stabilisatoren auf der Führungsebene, die die Fähigkeiten und Eigenschaften, die diese beiden Rollen erfordern, mehr oder minder in sich vereinen und deshalb im Führungsalltag die erforderliche Verhaltensflexibilität zeigen.

Deshalb lauten die Kernfragen, wenn es um das Thema «transformationale Führung» geht, in der Praxis auch meist:

  • Haben die Führungskräfte aufgrund ihres Persönlichkeits- und Stärkenprofils die richtigen Führungspositionen inne?
  • Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten sollten aufgrund der strategischen Ziele beim Führungsnachwuchs verstärkt werden?
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Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner. Er ist unter anderem Lehrbeauftragter an der Universität Karlsruhe, der IAE in Aix-en-provence, der St. Gallener Business-School und der technischen Universität Clausthal.

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