Wie «Senior Experts» motiviert und integriert werden können
Die Generation der Babyboomer ist eine wertvolle Ressource für Unternehmen. Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels wird es immer wichtiger, ihre Erfahrung, ihr Wissen und ihre Loyalität zu nutzen. Dieser Artikel beleuchtet die entscheidenden Strategien und Massnahmen.
Unternehmen profitieren vom Wissenstransfer von älteren zu jüngeren Mitarbeitenden. (Bild: iStock)
Die Generation der Babyboomer ist eine wertvolle Ressource für Unternehmen. Ihre langjährige Erfahrung, ihr Fachwissen und ihre Loyalität tragen seit Jahrzehnten zum Unternehmenserfolg bei – und das tun sie auch in Zukunft, denn aufgrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels sind die sogenannten «Senior Experts» (auch «Senior Professionals» oder «Senior Talents») wertvolle Ressourcen für die Firmen. HR Professionals sehen sich daher mit der Frage konfrontiert, wie sie die Integration und Motivation von älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestmöglich planen und umsetzen beziehungsweise fördern können. Die Berücksichtigung der folgenden Punkte hilft ihnen dabei:
1. Priorität auf die Bindung älterer Mitarbeitender legen
Die Unternehmen sollten den (teils verkannten) Wert von älteren Mitarbeitenden anerkennen und in deren Ansprache, Motivation und Bindung investieren. Indem für sie interessante, kontinuierlich herausfordernde sowie auch sogenannte sinnstiftende Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden, werden ihre Motivation, Produktivität und letztlich ihre Loyalität gesteigert. Auch sollten die Unternehmen ältere Mitarbeitende nicht zugunsten jüngerer Arbeitskräfte vernachlässigen, denn es gilt, den oft typischen «Jugendfokus» zu vermeiden. Schliesslich ist der Wert von Erfahrung und Kontinuität, über die Babyboomer verfügen, nicht zu unterschätzen. Kontinuierliche Investitionen in ihr Wissen und Wohl zahlen sich wiederum in Form von Loyalität und Engagement aus.
2. Den Blick auf ältere Mitarbeitende verändern
Die HR-Abteilung sollte ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem alle Altersgruppen gleichberechtigt behandelt werden. Innovation ist keine Frage des Alters – ältere Mitarbeitende bringen wertvolle Erfahrungen und Wissen mit, die zur Umsetzung von Innovationen beitragen. Babyboomer sind nicht bloss eine Altersgruppe, sondern Individuen in verschiedenen Lebensphasen mit unterschiedlichen Kompetenzen und Wünschen. Dynamische Phasen wie Arbeiten, Pausen, in neuen Rollen arbeiten oder Weiterbildungen sollten bei der Planung ihrer Aufgaben unbedingt berücksichtigt werden.
3. Respektvolle Sprache gegenüber älteren
Mitarbeitenden verwenden Erfahrene Mitarbeitende sollten in der Kommunikation nicht als «alt», als «Senioren» oder ähnlich bezeichnet oder angesprochen werden. Geeignet sind respektvolle und inklusive Begrifflichkeiten, die nicht das Alter betonen und dadurch ausgrenzen. Kommunikativ wird am besten auf «Erfahrung» und somit wortwörtlich auf «erfahrene Mitarbeitende» gesetzt.
4. Inklusive Formulierungen in Stellenanzeigen wählen
In internen und externen Stellenanzeigen sollte nicht explizit nach Mitarbeitenden für «junge Teams» gesucht werden – die typische Begrifflichkeit «junge, dynamische Teams» wirkt wenig inklusiv. Besser werden Begriffe genutzt, die generationenunabhängig alle Altersgruppen ansprechen und möglichst keine potenziellen Talente ausschliessen, egal welches Alter sie haben.
5. Sich frühzeitig für ältere Mitarbeitende engagieren
Die HR-Abteilung sollte regelmässig die Altersstruktur der Belegschaft überprüfen, um rechtzeitig ältere Mitarbeitende zu identifizieren, die bald das Renteneintrittsalter erreichen. So kann sie rechtzeitig das Gespräch mit ihnen suchen, um ihre (beruflichen) Zukunftspläne zu verstehen, zu diskutieren und mitzugestalten. Es gilt, bei Bedarf erfahrene Mitarbeitende zu motivieren, im Unternehmen zu bleiben.
6. Spass, Sinn und Geld ins Spiel bringen
Monetäre Anreize und sinngebende Massnahmen helfen dabei, ältere Mitarbeitende zu motivieren. Viele Pensionierte bleiben aus reiner Freude an der Arbeit, den sozialen Kontakten und wegen der Sinngebung im Beruf. Ebenfalls können finanzielle Überlegungen eine Rolle spielen – sei es aufgrund einer (zu) niedrigen Rente, der Unterstützung von Kindern und Enkeln oder der Finanzierung von Hobbys und Freizeitaktivitäten. Die Entscheidung, im Rentenalter weiterzuarbeiten, basiert oft auf persönlichen Motiven. Viele Seniorinnen und Senioren möchten weiterhin ihr Fachwissen und ihre Expertise weitergeben oder sie erleben nach dem Eintritt in den Ruhestand ein Gefühl der Nutzlosigkeit, Leere und Einsamkeit. Eine berufliche Tätigkeit kann durchaus ein Mittel gegen Einsamkeit im Alter sein.
7. Den Vorstellungen erfahrener Mitarbeitender entgegenkommen
Babyboomer wünschen sich oft Flexibilität bei der Arbeitszeit. Die Unternehmen sollten deshalb Möglichkeiten für Teilzeitarbeit, flexible Arbeitszeiten oder Home-Office-Optionen anbieten. Auch Weiterbildungsmöglichkeiten für körperlich weniger belastende Tätigkeiten können attraktiv sein, ebenso die Integration in neue Projekte ausserhalb des bisherigen Wirkungsbereichs inklusive der entsprechenden Weiterbildung. Hilfreich dabei ist, Anreize für die freiwillige Beteiligung an neuen Projekten zu schaffen und die Wertschätzung der Beiträge zu betonen.
8. Konkrete Karrierepfade aufzeigen und gestalten
Die HR-Abteilung sollte älteren Mitarbeitenden ihre Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen und sie aktiv in ihrer Weiterentwicklung unterstützen. Dies gelingt, indem ihnen klare Karrierepfade aufgezeigt werden, die auch im höheren Alter realisierbar sind. Hilfreich ist, wenn ihnen spezielle Programme zur beruflichen Weiterentwicklung angeboten werden. Zudem sollten das Experimentieren und der Austausch zwischen Jung und Alt gefördert werden, um sowohl eine dynamische Arbeitsumgebung zu schaffen als auch die Arbeitszufriedenheit zu steigern.
9. Nicht anhand veralteter Annahmen über Ältere diskutieren
Arbeiten sollten nicht auf der Basis von (grösstenteils unbegründeten) Vorurteilen über Babyboomer beruhen. Neben deren Erfahrung und Wissen sind auch deren teils digitale oder technische Kompetenz und Anpassungsfähigkeit anzuerkennen. Es gilt zu vermeiden, ältere Mitarbeitende aufgrund ihres Alters in ihrer Weiterentwicklung zu unterschätzen und daher nicht kontinuierlich beziehungsweise adäquat zu fördern. Viele Babyboomer sind nach wie vor lernbereit, neugierig und offen für neue Technologien, wenn ihnen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt und Trainings ermöglicht werden. Zudem ist es wichtig, unternehmensintern abteilungsübergreifendes Wissen über die Stärken, Schwächen und Kompetenzen der älteren Mitarbeitenden zu schaffen, um eine Unternehmenskultur zu fördern, die erfahrene Mitarbeitende unabhängig von ihrem Alter zu schätzen weiss.
10. Das Wissen der älteren Mitarbeitenden nutzen und weitergeben
Es gilt für die HR-Abteilung, Strategien und Massnahmen zu entwickeln, mit denen das Wissen älterer Mitarbeitender optimal genutzt und an jüngere Teammitglieder weitergegeben werden kann, um den Verlust dieses Wissens zu verhindern. Babyboomer sind dabei zu fördern, jüngere Teammitglieder zu begleiten und ihr Wissen sowie ihre Erfahrung weiterzugeben. Ältere Mitarbeitende können als Multiplikatoren beziehungsweise Mentorinnen oder Mentoren eingesetzt werden, um ihr Wissen an jüngere Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben.
11. Die jüngeren Mitarbeitenden nicht benachteiligen
Bei der Ansprache und Einbindung von älteren Mitarbeitenden ist zu berücksichtigen, dass jüngere Teammitglieder durch diese Massnahmen möglicherweise irritiert oder eingeschüchtert werden könnten. Jüngeren Mitarbeitenden sollte ausreichend Möglichkeit und Raum gegeben werden, ihre Karriereziele zu verfolgen, ohne sich durch ältere Kolleginnen und Kollegen ausgebremst oder bevormundet zu fühlen oder sogar benachteiligt zu werden.
12. Brücken zwischen Generationen bauen
Die HR-Abteilung sollte mit gezielten Strategien und Massnahmen das Verständnis und den Austausch zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitenden proaktiv fördern, um Vorurteile abzubauen sowie eine harmonische und produktive Zusammenarbeit zu ermöglichen – von der Generation Z bis zur Generation der Babyboomer. Es sollte vermieden werden, dass ältere Mitarbeitende isoliert von jüngeren Kolleginnen und Kollegen arbeiten, um eine vielfältige, kooperative, dynamische und innovative Arbeitskultur zu schaffen. Es gilt Plattformen und regelmässige Austauschformate zu schaffen, über die Wissen und Erfahrungen generationenübergreifend geteilt werden können.
13. Geduldig sein und immer «am Ball bleiben»
Ein «Nein» von Mitarbeitenden zum Job über die Pensionierung hinaus bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Kontakt verloren gehen muss. Die HR-Abteilung sollte den Kontakt zu ehemaligen Mitarbeitenden aufrechterhalten und ihnen nach einiger Zeit im Ruhestand neue Möglichkeiten anbieten. Viele Ältere realisieren nach einiger Zeit, dass ihnen etwas fehlt, und kehren gerne in ihre Jobs und zu ihren «alten» Arbeitgebenden zurück.
Fazit: Investition in Generationenmanagement von Vorteil
Die erfolgreiche Integration und Motivation von älteren Mitarbeitenden erfordert von den Unternehmen ein Umdenken und den Abbau von Vorurteilen. Ältere Mitarbeitende bringen wertvolle Erfahrungen und Kenntnisse mit, die den jüngeren Generationen zugutekommen können. Durch gezielte Massnahmen zur Weiterbildung, sinnstiftende Arbeitsmöglichkeiten und die Förderung des generationenübergreifenden Austauschs wird nicht nur ein harmonisches Arbeitsumfeld geschaffen, sondern es kann auch von einer erhöhten Loyalität und Produktivität der Belegschaft profitiert werden.
Durch die genannten Stellhebel können Unternehmen ältere Mitarbeitende motivieren und einbinden, um deren wertvollen Erfahrungen längerfristig zu nutzen. Denn das Wissen der «Senior Experts» sowie die produktive Zusammenarbeit von verschiedenen Generationen sind ein wertvoller Wettbewerbsvorteil. Indem das Unternehmen die Babyboomer aktiv unterstützt und wertschätzt, legt es einen wichtigen Grundstein für eine nachhaltige und erfolgreiche Firmenentwicklung.