Diversität und Inklusion

Wie Unternehmen durch Soft Skills eine inklusive Arbeitsumgebung für die LGBTQIA+-Community schaffen

So wirken Arbeitgebende Diskriminierung am Arbeitsplatz entgegen und stärken den respektvollen Umgang mit LGBTQIA+-Personen im beruflichen Kontext.

Abfällige Kommentare, Witze, Ignoranz und Unverständnis: So sieht noch immer der Arbeitsalltag für viele in der LGBTQIA+-Community aus – auch wenn sich immer mehr Arbeitgebende Inklusion und Offenheit auf die Fahne schreiben. Laut einer Umfrage, die in Deutschland im Auftrag von indeed und der UHLALA Group durchgeführt wurde, gibt aber über die Hälfte der Befragten (57 Prozent) an, aufgrund ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung bereits am Arbeitsplatz diskriminiert worden zu sein. Transfrauen und -männer erleben dabei sogar überdurchschnittlich oft Diskriminierungen (87 beziehungsweise 58 Prozent). Ähnlich verhält es sich in der Schweiz: Gemäss dem Hate Crime Bericht 2024 von Pink Cross, berichtete fast jede zehnte befragte LGBTQIA+-Person Diskriminierung am Arbeitsplatz, im Gesundheitswesen, bei einem Amt oder in ähnlichen Situationen (9 Prozent). 41 Prozent dieser Fälle betrafen trans Personen.

Diese Zahlen zeigen, dass es bei der Schaffung einer inklusiven Unternehmenskultur noch immer Nachholbedarf gibt. Doch wie meistern Arbeitgebende den Weg hin zu Inklusion und Offenheit am Arbeitsplatz?

Vorurteile lassen sich abbauen

Wer auf neue Menschen trifft, bildet sich in der Regel innerhalb der ersten Sekunden ein Bild vom Gegenüber. Aussehen, Verhalten oder Sprechweise lassen uns automatisch über eine Person urteilen, auch wenn wir sie gar nicht kennen. Menschen in Schubladen zu stecken, hilft dabei, die Welt zu verstehen und die unzähligen Eindrücke täglich neu zu kategorisieren.

Eben dieses Schubladendenken führt aber auch zu ganz individuellen Vorurteilen, die sich schon von klein auf durch die Gesellschaft oder das soziale Umfeld festigen. Vorurteile können aber durchbrochen und abgebaut werden. Insbesondere Arbeitgebende können darauf einen entscheidenden Einfluss nehmen, da ihre Angestellten einen Grossteil ihrer Zeit am Arbeitsplatz verbringen – zum Beispiel durch gezielte Weiterbildung von Soft Skills, die bei inklusiven Massnahmen eine entscheidende Rolle spielen.

Deshalb sind inklusive Arbeitsplätze wichtig

Alles, was eine Organisation tut, bei der sich jemand aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften oder Sexualität ausgeschlossen fühlt, stört eine inklusive Arbeitsumgebung für die LGBTQIA+-Community. Wenn sich bestimmte Gruppen ausgeschlossen fühlen, wirkt sich das unmittelbar auf die Leistung dieser Personen aus. Eine inklusive Arbeitsumgebung bedeutet in dem Kontext also konkret, dass sich niemand aufgrund seiner sexuellen Orientierung oder Geschlechterzugehörigkeit diskriminiert oder nicht als vollwertiges Mitglied des Unternehmens fühlt.

Eine Studie des britischen Ökonoms Andrew Oswald konnte nachweisen, dass glückliche und zufriedene Personen durchschnittliche 12 Prozent produktiver sind als unzufriedene. Durch Diskriminierung schöpfen Unternehmen nicht das volle Potenzial aller ihrer Mitarbeitenden aus und verlieren defacto Arbeitskraft und somit Geld.

Inklusive Arbeitsumgebungen bieten nicht nur ein sichereres und ein respektvolleres Umfeld für alle Mitarbeitenden, sondern tragen auch wesentlich zur Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung bei. Studien zeigen, dass Unternehmen mit einer hohen Diversität und Inklusion eine bessere Leistung erbringen, da sie vielfältige Perspektiven und Erfahrungen nutzen können. Diese Vielfalt führt zu kreativeren Lösungen sowie einer höheren Problemlösungskompetenz – auch die Anzahl von Konflikten sinkt und die mentale Gesundheit steigt. Das hebt letztlich nicht nur den Unternehmenserfolg, sondern auch das Wohlbefinden von queeren Personen.

Drei wichtige Soft Skills für ein inklusives Arbeitsumfeld

Vorurteile und negative Einstellungen zu benachteiligten Gruppen lassen sich in der Regel nur durch eins abbauen: Bildung und Verständnis. Damit das Arbeitsumfeld langfristig frei von Diskriminierung bleibt, ist es essenziell, dass Unternehmen in Lern- und Trainingsprogramme investieren, die auf die Sensibilisierung und Förderung der Diversitätskompetenz abzielen. Also vor allem auf Soft Skills. Solche Programme oder «Awareness»-Schulungen sollten darauf ausgelegt sein, unbewusste Vorurteile zu erkennen sowie abzubauen und Vielfalt als Stärke zu begreifen. Angestellte lernen hierbei Fähigkeiten, die es ihnen ermöglichen, effektiv und respektvoll in einem vielfältigen Umfeld zu arbeiten.

Weiterbildende Massnahmen sind nicht nur für neue Mitarbeitende wichtig, sondern sollten auch regelmässig und kontinuierlich für alle Ebenen der Organisation angeboten werden, um das Bewusstsein und die Kompetenzen kontinuierlich zu schärfen. Folgende drei Soft Skills helfen Unternehmen dabei, ihre Belegschaft stärker zu fördern und ein inklusiveres Arbeitsumfeld für Mitglieder der LGBTQIA+-Community unter ihren Mitarbeitenden zu fördern:

1. Kommunikationsstärke

Sprache macht einen grossen Unterschied. Sie trägt nicht nur dazu bei, dass sich Menschen einbezogen und bestärkt fühlen, sondern führt leider auch häufig dazu, dass sich Mitglieder der LGBTQIA+-Community herabgewürdigt und missverstanden fühlen – das minimiert das Gefühl von Akzeptanz und kann langfristig dazu führen, dass die Leistung einzelner Personen darunter leidet.

Unternehmen können dem entgegenwirken, indem sie beispielsweise in Zusammenarbeit mit Angestellten, die sich der Community angehörig fühlen, gewisse sprachliche Richtlinien entwickeln: Misgendern, Mutmassungen über männliche oder weibliche Partner oder negative Betonungen werden so im besten Fall umgangen. Damit sich diese Lösung auch langfristig bewährt, ist es wichtig, Mitarbeitende auf Fehler hinzuweisen und ihnen zu erklären, wie sie sich inklusiver und wertschätzender ausdrücken können.

2. Soziale Intelligenz

Neben dem rein sprachlichen Aspekt nimmt auch die generelle Auseinandersetzung mit täglichen Interaktionen und dem allgemeinen Verhalten eine wichtige Rolle ein. Einbinden statt Ausgrenzen heisst die Devise. Und der wichtigste Soft Skill, den es dafür braucht, sind soziale Intelligenz sowie die Bausteine, aus denen sie sich zusammensetzt: Emotionalität, Sensibilität oder Einsicht bilden die Grundlage für ein achtsames und offenes Zusammenarbeiten mit marginalisierten Gruppen.

Ein gutes Beispiel dafür ist das Herunterspielen von Emotionen: Witze oder unsensible Kommentare über eine queere Person werden teilweise noch immer abgetan mit Sprüchen wie «Stell dich nicht so an» oder «Das war doch nur ein Spass». Hier müssen alle insgesamt verstehen, welch ein Leidensdruck sich oftmals hinter den individuellen Geschichten von Mitgliedern der LGBTQIA+-Community verbirgt und kein Platz für Spässe bleibt. Und da soziale Intelligenz weniger mit dem eigentlichen IQ zu tun hat, sondern eine Fähigkeit ist, können Menschen sie erlernen. Workshops oder Gruppentrainings helfen dabei, ein generelles Bewusstsein für zwischenmenschliches Verhalten aufzubauen.

Im nächsten Schritt sollten Unternehmen klare Richtlinien und Verhaltenskodizes etablieren, die diskriminierendes Verhalten klar definieren sowie sanktionieren – und somit die soziale Intelligenz schärfen. Die Einbeziehung von LGBTQIA+-Mitarbeitenden hilft bei der Erstellung solcher Konzepte. Für die Etablierung sollte allerdings eine bestimmte Person ernannt werden, die in regelmässigen externen Workshops ihre Kompetenzen zu dem Thema erweitert und vertieft.

3. Leadership

Auch Führungskräfte und ihre Fähigkeiten, Teams zu leiten und zu motivieren, spielen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer inklusiven Unternehmenskultur. Sie müssen als Vorbilder agieren und eine Kultur der Offenheit und des Respekts vorleben. Durch ihre täglichen Handlungen und Entscheidungen tragen sie massgeblich dazu bei, ein inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen. Dazu gehört auch, dass sie in der Lage sind, konstruktives Feedback zu geben und ihre Teams dazu zu ermutigen, Vielfalt als Bereicherung zu sehen und aktiv zu fördern.

Wenn Führungskräfte etwa selbst keine inklusive Art ausstrahlen, sieht sich der Rest des Unternehmens in der Regel auch nicht dazu gezwungen. Ausserdem sollten Arbeitgebende es klar ansprechen, wenn Mitarbeitende sich nicht im Rahmen der gewünschten inklusiven Unternehmenskultur verhalten.

Damit Massnahmen, die von oben kommen, auch wirklich authentisch wirken, müssen auch Führungskräfte konstant an ihren Soft Skills und ihrem Motivationsvermögen arbeiten. So entwickelt sich aus Leitsprüchen und Floskeln, die sich Unternehmen nach aussen auf die Fahne schreiben, mit der Zeit die gewünschte inklusive Kultur.

Wann diverse Unternehmenskulturen scheitern

Trotz der positiven gesellschaftlichen Entwicklung hin zu mehr Offenheit und Inklusion gibt es bei vielen Unternehmen ordentlich Nachholbedarf, wenn es darum geht, eine offene Unternehmenskultur aktiv zu forcieren. Gründe für das Scheitern sind häufig mangelnde Beteiligung der obersten Führungsebene, unzureichende Ressourcen für Diversitätsprogramme oder Widerstände innerhalb der Belegschaft.

Damit sich Programme irgendwann in eine langfristig gelebte Unternehmenskultur verwandeln, müssen Arbeitgebende aktiv in Bildung, Vielfalt und Inklusion investieren: Einbeziehung von Diversitätsexperten, regelmässige Überprüfung der Unternehmenspolitik und die Einbeziehung aller Mitarbeitenden.

Die Integration der LGBTQIA+-Gemeinschaft am Arbeitsplatz ist ein fortlaufender Prozess, der Engagement und Offenheit von allen Seiten erfordert. Das führt langfristig dazu, dass sich nicht nur offene Mitarbeitende der LGBTQAI+-Community wohl und wertgeschätzt fühlen, sondern auch diejenigen, die sich noch nicht geoutet haben.

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Oliver Hahn

Oliver Hahn ist seit März 2022 Country Manager bei GoodHabitz, zuvor war er drei Jahre bei dem EdTech Unternehmen Learnlight als Sales Director DACH für den Vertrieb zuständig und rund sechs Jahre Head of Business Development Europe bei Rosetta Stone. Der 40-Jährige verfügt außerdem über jahrelange Erfahrung im Bereich der Personalberatung.

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