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Willkommen in der Ära von Liquid Talent!
Die neue Realität am Arbeitsmarkt: Warum Mitarbeitende in immer kürzere Zyklen den Job wechseln und was dies für die HR-Welt bedeutet.
«Die Ära von Liquid Talent»: Es geht immer mehr um Fähigkeiten, Soft Skills und Projekte. (Bild: 123RF)
Früher war doch alles so viel einfacher ... Ihre Firma hatte ein Organigramm mit kleinen Kästchen und Namen darin. Wann immer ein neues Kästchen dazu kam, oder ein Name mit «TBD» ersetzt wurde, hat Ihre Firma ein Jobprofil geschrieben, eine fette Anzeige in der Samstagsausgabe geschaltet, Lebensläufe gesammelt und alles Weitere ergab sich ... Solange ein Mitarbeiter einen guten Job gemacht hat war alles gut. Manchmal hat man sie sogar befördert oder trainiert, und lebte glücklich bis an das Lebensende ...
Aber dann passierte es: Ihre Firma entdeckte, was ich gerne als «die crazy Ings» bezeichne: Outsourcing, Downsizing, Restructuring, Offshoring ... All diese super klingenden Wörter, die mit «ing» enden und letztendlich verantwortlich sind für das Ende eines Paradigmas: Der Arbeitsplatz fürs Leben. In den meisten Fällen war das nichts anderes als G&V-Kosmetik, bei der eine Firma feste Stellen kürzte, um danach die Mitarbeiter wieder als Freelancer, Berater, Projektleiter, usw. anzustellen.
Was passierte: Alle Mitarbeitenden – und insbesondere die, welche wir neuerdings als «Talente» bezeichnen – haben angefangen, haben mit der gleichen Währung zurückzuzahlen. Wenn du mir nicht treu bist, liebe Firma, warum sollte ICH dir treu sein? Firmen stellen seitdem das beste Talent ein, das sie kriegen können, aber behalten das Talent, welches sie verdienen. Und Mitarbeitende bleiben immer kürzer und kürzer bei der gleichen Firma.
Ob wir es mögen oder nicht: Wir bewegen uns unaufhaltsam auf eine neue Realität zu. Auf eine Realität, in der wir alle zu dem werden, was ich gerne als «intellektuelle Söldner» bezeichne. Wir haben keine Stellen oder feste Rollen mehr, sondern Projekte und Aufgaben. Wir bewegen uns in immer kürzeren Zyklen zum nächsten Projekt. Bei der gleichen oder einer anderen Firma? Egal! Exklusiv oder bei mehreren Firmen gleichzeitig? Auch egal! Es gibt keine Sicherheit mehr – nur noch Leistung und Ergebnisse. Es gibt keine Rollen mehr – nur noch Aufgaben.
Was heisst das für HR Professionals?
In immer kürzeren Zyklen muss HR immer mehr Stellen neu besetzen. Der ideale Zeitpunkt zum Start ist immer «gestern» und die klassischen Jobbeschreibungen funktionieren nicht mehr. Warum? Es geht immer weniger um Rollen und immer mehr um Fähigkeiten. Immer weniger um Hard Skills und immer mehr um Soft Skills. Immer weniger um Kästchen und immer mehr um Projekte. Ich nenne es «Die Ära von Liquid Talent».
Das bedeutet: HR Transformation. Die Personalabteilung muss sich verändern. Hier sind vier Punkte, die zum Erfolg in der neuen Realität unabdingbar sind.
1. Employer Branding
«Your Employer Brand is not what you say, is what you do». Plattformen wie Glassdoor oder Kununu werden immer mehr aufgesucht. Sie sind die «Trip Advisor» der Arbeitswelt. Die Karriereseiten der Unternehmen sind austauschbar und oftmals mit Standard-Floskeln gefüllt. Kandidaten informieren sich und legen zunehmend Wert auf Kultur und weiche Faktoren zur Auswahl eines neuen Arbeitgebers. Transparenz und Authentizität sind angesagt. Entscheidend ist, dass Sie keine Angst davor haben, ein nicht perfektes Bild abzugeben. Es gibt den perfekten Arbeitgeber nicht. Nur den passenden ... oder den nicht passenden ...
2. Push statt Pull
Klassische Rekrutierung über Anzeigen oder Job-Posts zieht logischerweise nur aktive Kandidaten an. Wenn wir davon ausgehen, dass die Mitarbeitenden-Treue schwindet, können wir annehmen, dass ALLE Kandidaten sind. Nur: Mit traditionellen Push-Prozesse können wir keine passive Kandidaten ansprechen. Hier kommen Plattformen wie Linkedin ins Spiel. 450 Millionen Profile (zugegebenermassen in unterschiedlich guter Qualität) sind online und verfügbar. Willkommen im Supermarkt der Menschen ... Happy Shopping!
3. Candidate Experience
Immer mehr Positionen zu besetzen in immer kürzeren Zyklen mit immer weniger Ressourcen ... Und das Ganze in einem globalen und transparenten Arbeitsmarkt, in dem es immer mehr potentielle Kandidaten für jeden Job gibt ... Die Antwort: Automatisierte Prozesse und Bewerbungstools. Das Problem: Kandidaten werden dabei einen Prozess unterworfen, der die «Human»-Seite von Human Resources komplett ignoriert. Ist das der erste Eindruck, den Ihre Firma bei zukünftigen Mitarbeitern hinterlassen will? Ändern Sie das!
4. Cultural Fit
Jedes Unternehmen hat eine eigene Kultur. Mitarbeitende, die erfolgreich und zufrieden sind, sind diejenigen, die zur Kultur des Unternehmens passen. Ein kleiner Hinweis: Die Kultur des Unternehmens ist nicht die Sammlung super-klingender Sätze in einer Power Point-Präsentation oder das Ergebnis einer Break-Out Session des Vorstandes in ein schönes Hotel am See. Die Kultur des Unternehmens ist die Summe der Werte und des Verhaltens ALLER Mitarbeitenden im Alltag des Geschäfts. Zwei grosse Schwierigkeiten: Erstens ist die Kultur des Unternehmens schwer zu messen. Zweitens werden Kandidaten auf harte Faktoren geprüft, bevor sie auf weiche Faktoren interviewt werden können. Diese Realität zu ändern ist eine grosse Herausforderung – aber nicht unmöglich. Und es lohnt sich!
Fazit
Seit langer Zeit sagen Unternehmen, dass Mitarbeitende ihr wertvollstes Gut seien. Dieses Statement wird jedoch selten im Alltag gelebt. Dabei war es nie so wahr wie heute (und morgen). Der HR-Bereich von Unternehmen ist demnach strategischer denn je. Damit ist die Personalabteilung höchstwahrscheinlich die am meisten unterschätzte Abteilung Ihrer Firma. Dies wird zunehmend erkannt – und das ist ja immerhin eine gute Nachricht.