HR Today Nr. 4/2017: HR-Visionen

«Wir sind ein Prototyp»

Marina Klein ist HR-Direktorin von Accenture Europa. Im Interview erläutert sie, warum sie derzeit ihre HR-Organisation vom Business Partner Modell nach Dave Ulrich auf das Resourceful-Humans-Netzwerk-Modell von Heiko Fischer umstellt.

Frau Klein, Wie würden Sie kurz und knapp den Unterschied zwischen HR und RH beschreiben?

Marina Klein: Diesel versus Tesla oder Pyramide versus Netzwerk.

Sie sind vor rund einem Jahr eine Partnerschaft mit der Resourceful Humans GmbH von Heiko Fischer eingegangen. Accenture gilt als Vorreiterin im Design Thinking und bei der Verwendung neuer Technologien. Zudem haben Sie ziemlich viele Mittel zur Verfügung. Welches Problem wollten Sie mit dem RH-Ansatz lösen?

Ich habe den RH-Ansatz, der die Organisation als unternehmerisches Netzwerk begreift, schon seit längerem verfolgt. Insbesondere, als das Modell bei Haufe und T-Mobile implementiert wurde. Wir sind mit unserer Organisation jetzt an einem spannenden Punkt. Wir wollen unseren Kunden die Zukunft der Arbeit nahebringen. Dafür müssen wir das auch intern zu 100 Prozent vorleben. Leider leben auch die besten Ärzte nicht immer gesund. Also wollten wir uns Unterstützung holen, um mit unserer eigenen Kultur ein Prototyp für New Work zu sein.

Inwiefern haben Sie für diese Entscheidung Frank Riemensperger, der als CEO den DACH-Raum verantwortet, miteinbezogen?

Ich habe ihn gefragt, wo er ansetzen würde. Wir wollten den RH-Way natürlich zunächst an einem Thema testen. Keiner kauft die Katze im Sack. Accenture ist global ein Pionier für Diversity, insbesondere aufgrund des hohen Frauenanteils in Führungspositionen. Wir wollten eine Kampagne aufsetzen, die eine extrem heterogene Workforce für Accenture begeistert und Frauen in Führungspositionen bringt, indem wir eine Kultur schaffen, wo Frauen erfolgreich werden können und auch für Geld und gute Worte nicht von Accenture wegwollen. Wir wollen durch Kultur statt Kohle überzeugen. Da hat die Beratungsbranche leider nicht den besten Ruf.

Sie konnten für das Projekt mit Ihrer Technology-Sparte einen internen Partner gewinnen. Warum war Ihnen das so wichtig?

Veränderung funktioniert nicht mehr allein top-down. Wir müssen mit sinnhaften Change-Kampagnen begeistern und die Leute mitreissen. Das ist ein Führungsthema. Oft kennen die Leute auf dem Level aber gar keine alternative Ansätze wie RH. Da muss HR auch mal mutig fordern: «Versuch’s einfach! Ich versuch’s auch!» Die Technology-Sparte ist eines unserer wichtigsten Wachstumsfelder. Es setzt ein starkes Signal, wenn die mitmacht.

Stimmt es eigentlich, dass Sie betreffend Zukunft von HR eine Wette eingegangen sind?

Ja, in der Tat habe ich mit meinen globalen HR-Kollegen eine Wette laufen, dass HR in zehn Jahren in ihrer jetzigen Form nicht mehr exis­tiert, sondern im Netzwerk aufgeht.

Sehen Sie diese Entwicklung nur positiv oder  erkennen Sie auch negative Aspekte?

Das erachte ich als sehr positiv. Es verbindet Menschlichkeit und Unternehmertum. Wir haben einen Ansatz, den wir «Moments of Truth» nennen. Wir denken die gesamte Organisation in solchen Erfahrungswerten: vom Erstkontakt über den Recruiting-Prozess, zum ersten Arbeitstag, zum ersten Team-Meeting, zum ersten Kundeneinsatz, zum ersten Business Update bis hin zum ersten Entwicklungsgespräch ... – Im Endeffekt ist unser Arbeitsleben eine Aneinanderreihung von solchen Moments of Truth. Ich sehe unser HR als Gestalter einer Organisation, in der durch jeden jederzeit optimale Moments of Truth gestaltet werden können. Wir wollen dafür eine Plattform schaffen.

Könnten Sie das etwas greifbarer machen?

Anhand des RH-Ansatzes haben wir einen sogenannten «Configurator» gebaut. Man kann sich den wie einen Auto-Konfigurator vorstellen – nur für Arbeit. Der Deal ist simpel: Sage mir, wie du arbeiten willst, wo, wann und für wie viel, damit du dein Talent und deine Energie optimal einsetzen kannst. Wir werden um die Bedürfnisse von Bewerbern, Mitarbeitern und Kunden eine ideale Organisation herumbauen. Und zwar eine, die sich laufend an wechselnde Bedingungen anpassen kann. Somit beginnen wir in HR mit dem Netzwerkgedanken. Wir sind ein Prototyp.n

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Ehemaliger Chefredaktor HR Today.

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