Fokus Forschung

Zwischen Hochstapelei und Kompetenz

Die akkurate Beurteilung von Kompetenzen und Motiven ­potenzieller Mitarbeitenden steht im Mittelpunkt der Personalauswahl. «Impression Management», also Verhaltensweisen, mit denen sich Kandidatinnen und Kandidaten in ein gutes Licht rücken, gilt es mittels strukturierter Interviews, Assessmentcentern und anderer Verfahren aufzudecken.

Ist ein gutes Impression Management nur geschickte Hochstapelei oder gar eine wertvolle Kompetenz? Diese Frage untersuchte das Forschungsteam um Ute-Christine Klehe und Martin Kleinmann. Die Wissenschaftler luden im Rahmen ihrer Studie 115 Studierende der Sozialwissenschaften zu einem Assessmenttraining ein. Bei drei der insgesamt fünf Gruppenübungen beurteilten anwesende Assessoren die Studienteilnehmenden in den Dimen­sionen Kooperations-, Führungs- und Planungsfähigkeiten. Zwei weitere Übungen fanden in scheinbarer Abwesenheit der Assessoren statt. Diese Übungen wurden heimlich aufgezeichnet und ebenfalls durch die Assessoren ausgewertet. Parallel zu den Assessoren bewerteten zusätzliche Beobachter das Impression Management der Studienteilnehmenden. Dabei wurden zwei Kategorien unterschieden: 1. Einschmeicheln (Komplimente machen, Gemeinsamkeiten herstellen etc.), 2. Eigenwerbung (Hervorheben vergangener Leistung und Expertise etc.).

Es zeigte sich, dass die Teilnehmenden in den beobachteten Übungen eindeutig mehr auf Impression Management zurückgriffen als in den vermeintlich nicht beobachteten Übungen. Zudem betrieben jene Teilnehmenden, die in den beobachteten Situationen mehr Impression Management ­anwandten, auch in den unbeobachteten Situationen mehr Impression Management. Weiter zahlte sich Impression ­Management sowohl im beobachteten als auch im vermeintlich unbeobachteten Rahmen aus: Teilnehmende, die Eigenwerbung machten, wurden höher in ihrer Führungs- und Planungs­fähigkeiten eingestuft. Teilnehmenden, die sich einschmeichelten, attestierten die Assessoren eine höhere Kooperations­fähigkeit. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich gekonntes Impression Management positiv auf das Umfeld auswirkt.

Geschickte Impression Manager hinterlassen vermutlich nicht nur bei ­Assessoren einen guten Eindruck, sondern auch bei Kunden, Arbeitskollegen und anderen Gruppen. Gute Impression Manager verfügen also über die Fähigkeit, das Umfeld auf beabsichtigte Weise zu beeinflussen, was je nach Einsatzgebiet ­einen wichtigen Erfolgsfaktor darstellt. Bei der Personalauswahl gilt es also nicht Impression Management zu vermeiden, sondern vielmehr als Kompetenz gezielt zu erfassen.

  • Quelle: Klehe, U. C., Kleinmann, M., Niess, C. & Grazi, J. (2014). Impression Management Behavior in Assessment Centers: Artificial Behavior or Much Ado About Nothing? Human Performance, 27(1), 1–24.
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Dr. Manuela Morf, Oberassistentin am Center für Human Resource Management (CEHRM), Universität Luzern.

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